Restaurant 100/200 Hamburg

Besucht im August 2025
Mittagessen
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Normalerweise publiziere ich chronologisch. Den Bericht über dieses letzte Menü des Monats August ziehe ich allerdings vor. Geneigte Leser haben so noch die Chance, das bis Mitte Oktober erhältliche Menü zu probieren.
Der kulinarische Abschluss des Monats August sollte das 100/200 sein. Ich habe ja vor, alle vier Saisons im aktuellen Zyklus mitzunehmen. “Die Saison – Das Beste des Spätsommers”, wie das vegetarische Menü in den Monaten August/September/ Oktober heisst, ist nun die zweite davon. Ich hatte diesmal einen sehr schönen Tisch zwischen Fenster und Küche und konnte so manche Tätigkeit in der Küche beobachten. Ich beschränkte mich an diesem Mittag auf drei Gläser Wein, konnte aber dankenswerterweise jeden der begleitenden Weine probieren.

An der Showbar wird ein schön intensiver Tomaten-Tee mit geräuchertem Wacholder-Öl serviert. Man ist sehr stolz darauf, nun den eigenen Mascarpone hergestellt zu haben.
Es gibt neue fünf Einstimmungen.

Die Einstimmungen bilden die 5 Geschmacksrichtungen teils subtil aber treffend ab. Die rote Beete wird als Gelwürfel dargeboten. Die Tomate ist mariniert, angetrocknet und hat Kombu-Gel obenauf. Auf dem Kristallbrot befindet sich Kohlcrème und Shiitakepulver. Beim Salat hat man Radicchio verwendet, um das Bittere zu betonen. Gouda, Alge und braune Butter wurden für eine Brühe eingesetzt.

Brot und Butter

Schnittlauch-, Rosmarin- und Chili-Öl, aufgeschlagene Butter und Brot. Wie immer gut.

Als der Hauptteller dieses Gangs an den Tisch kam, scherzte ich, dass es etwas früh für ein Dessert sei. Dieser Teller könnte vom Aussehen her gut und gerne ein im Le Bernadin, New York, serviertes Karamelltörtchen mit Tahiti-Vanille-Eiscrème sein.
Das sehr edel aussehende Gericht bestand aus einer Artischocken-Tarte, einem Tomaten- Lorbeer-Eis und einer aufgeschnittenen vorwiegend grün aussehenden Tomate auf Fenchelcrème, Chili-Emulsion und mit ein wenig Estragon. Ich fand es schlicht sensationell. Wüsste man es nicht besser, könnte man meinen, einem sei hier eine Entenleber-Crème untergejubelt worden. Dazu tragen natürlich Farbe und Textur der Tarte-Crème bei. Ich hatte den Eindruck, hier kam es auch gar nicht darauf an, den Geschmack der Artischocke perfekt herauszuarbeiten. Bei all den Versuchen von Foie Gras Ersatz, die ich in der Vergangenheit probiert hatte, wie z.B. Noix Gras, war dies hier die überzeugendste, auch wenn es vielleicht gar nicht die Absicht war. Die kandierte Haselnuss obenauf, das sehr intensive Tomateneis mit changierender Süsse und Umami-Aromen und die à Part servierte Spitzentomate mit ihren Begleitern machten für mich dieses Gericht zu einem klaren *** Gericht.
Der interessante Wein bekam, zusammen mit dem Gericht getrunken, noch einmal einen ganz anderen Twist.

Vichyssoise, Pomme Pavé
2023 Sauvignon Blanc Fumé Mosbacher, Pfalz, Deutschland

In der kalten Kartoffel-Lauch-Crème befanden sich ein Austernpilz, Tatar vom gebrannten Lauch und Lauchöl. Die sehr knuprige frittierte lange Kartoffelstange hatte Mayonnaise und Schnittlauch obenauf. Dieses klassische französische Gericht, das ich liebe und mich an die Zeit von Escoffier denken lässt, wird leider viel zu selten serviert und war hier optimal umgesetzt.

Bohne und Brot
Sangiovese Bakkanali Rosso, Grosseto, Toskana, Italien

Nach den feinen zwei ersten Gängen wechselte das Menü nun wieder in eine rustikalere typische Imbusch-Richtung. Das à Part servierte kleine geröstete Brot mit Rettich, Sellerie, Salat und einer Crème war noch filigran und offenbarte Frische, Säure, Cremigkeit und vom Brot herrührenden Knusper. Die Schüssel mit allem von der Bohne hatte dann ordentlich “Wumms”. Dazu trugen viel Umami, Raucharomen und ordentlich Salz bei. Unter anderem befanden sich unter dem Schaum Bohnencrème, gegrillte Bohnen und eine Soja-Gelscheibe. Der kräftige Wein weniger auf der fruchtigen Seite konnte damit gut mithalten.

Pilz, Pistazie, Paprika
2021 Abouriou Elian Da Ros Côtes du Marmandais, Aquitanien, Frankreich

Auch dieses Mal drehte sich der “Saison” Hauptgang um Pilz. Der Kräutersaitling war stark gegrillt worden, was ihm eine fast fleischige Struktur verlieh. Als Begleiter hatte er Paprika, Buchenpilze und sauer eingelegte Totentrompeten. Verschiedene Saucen komplettierten den Teller: Pistazie, Paprika und Bärlauch (dunkel). Die Bärlauchcrème war aus eingelegten Bärlauchknospen zubereitet worden. Dazu wurde ein vom Service so bezeichnetes “Wischbrot” gereicht, um die Reste der flüssigen Zubereitungen hinterher aufzunehmen.

Keine Änderung im Vergleich zum letzten Mal. Immer noch sehr gut.

Kakao, Crème, Kirsche
2011 Riesling Auslese “Goldloch” Diel, Pfalz, Deutschland

Simpel und gut. Die Worte des Service zitierend: Nicht Schwarzwälder Kirsch und auch nicht Tiramisu, aber irgendetwas dazwischen. Und darin: der eingangs erwähnte selbstgemachte Mascarpone, eingelegte Kirschen, darüber ein Schokoladenbiskuit und darauf ein Schokoladeneis mit etwas Fleur de Sel.

Butter ist dein Freund, Margarine will dich töten

Wie immer etwas zum Geniessen am Schluss: süss, salziges Brioche, Crème Chantilly auf Pralinencrème

Macarons

Lakritz, Himbeer, Zitrone

Haben uns zuhause gut geschmeckt. Textur war auch in Ordnung.

Fazit

Dieses vegetarische Menü gefiel mir noch einmal besser als das von meinem ersten Besuch im 100/200 vor einem Jahr. Der Mix aus typischen Imbusch-Gerichten wie Bohne und Brot, feiner französisch geprägter Küche wie das superbe Artischockengericht und die Vichyssoise und augenzwinkernden Klassikern macht hier den Reiz aus. Als wiederkehrender Gast etablierte sich inzwischen auch eine sehr gute Kommunikation mit dem Service inklusive den servierenden Köchen, sodass ich mit meinem Besuch rundum zufrieden war.

Website des Restaurants: Restaurant 100/200 – ausgezeichnet mit zwei Michelin Sternen. In Hamburg

Le Bernadin New York

Besucht im Februar 2025
Mittagessen
Bewertung: Drei Michelin Macarons

Ich habe diesmal wieder getan, was ich bei meinem letzten Besuch hier herausgefunden hatte: Vom Flugzeug direkt zum Mittagessen ins Le Bernadin fahren. Das klappt, wenn man genau weiss wie. Aus dem Flugzeug aussteigen nach der Landung auf dem JFK-Flughafen, zur Immigration gehen, Gepäck vom Band nehmen, Airtrain nach Jamaica nehmen, dort in den E- Express-Train Richtung World Trade Center steigen, 7th Avenue aussteigen und zu Fuss zum Restaurant gehen. Diesmal war das Flugzeug um 12:45 Uhr gelandet und um 14:15 stand ich am Empfang im Le Bernadin.
In der Lounge, in der man nicht reservieren kann, bekam ich dann einen recht hellen Platz und konnte auf Nachfrage aus dem Prix fixe Lunchmenü des Dining Rooms bestellen.

Amuses Bouches

Los ging es mit Kleinigkeiten vorweg:
eine Tartelette mit Lachsrilette und –kaviar,
eine lauwarme, gebackene Baccalao Praline mit Pimiento-Aioli,
eine heisse Hummer-Bisque mit Estragon-Schaum.
Alle drei waren gut, die Qualität des Rilettes war wie gehabt, die Praline schön knusprig, deren Füllung nicht trocken und die Bisque enthielt Hummerstücke, der Schaum war schön mild austariert, sodass er gut mit der Bisque zusammenspielte.

Brotkorb: Rosmarin-Oliven-Focaccia, Nussbrot, Baguette, Brioche

Hervorragendes Brot ich hatte zwei Stück Foccacia, eine Brioche und zum Hauptgang ein Baguette. Dazu wurde ein Schälchen mit guter Butter serviert.

TUNA-URCHIN
Tuna Tartare-Sea Urchin Toast, Natural Beef Jus

Als Vorspeise hatte ich mir dieses Mal Thunfisch mit Seeigel ausgesucht. Nachdem es letzten Herbst für mich in New York ein regelrechtes Seeigel-Festival gegeben hatte, wollte ich diese Zutat auch dieses Mal nicht missen. Der Seeigel hier, der in drei kleinen Portionen auf an Finncrisp erinnernden Toasts ruhte kam aus Maine und war sehr feinkörnig und nicht so süss wie der aus Hokkaido. Nahm man einen Löffel des in optimaler Grösse geschnittenen Tatars zusammen mit dem Rinderjus und Seeigel, stellte sich ein Gefühl von purem, luxuriösen Genuss ein. Die gerösteten Zwiebelringe und etwas Petersilie trugen das Ihre dazu bei. Im Tatar sollte noch etwas Wasabi verarbeitet worden sein, was aber nicht prägnant auffiel. Für meinen Geschmack wurde das Gericht etwas zu kühl serviert.

HIRAMASA
Grilled Hiramasa; Roasted Maitake, Bone Marrow-Red Wine Bordelaise

Der Hauptgang hatte Hiramasa als Star auf dem Teller. Dieser war gegrillt worden und zwar so, dass die Filetstücke im Kern noch fast roh waren – ganz nach der Definition “Lightly Cooked” dieser Spalte der Lunch-Menükarte. Elf Stücke sorgten dafür, dass man davon auch satt wurde. Kombiniert war das Ganze mit gerösteten Maitake-Pilzen, etwas Knochenmark und einer Rotwein-Bordelaise, die deutlich fruchtige Aromen und Säure zeigte.

Eine Beobachtung zum Thema “satt”: Am Nebentisch sass ein offensichtlich asiatisches Paar, das auch ein Menü ass, von dem die meisten Teller nur halb aufgegessen abgetragen wurden. Der Kunde ist in einem Restaurant immer König aber so etwas tut mir in der Seele weh. Noch dazu verzichteten sie auf die Desserts, die eigentlich Teil des Menüs sind – what a miss…

HAZELNUT
Chocolate Waffle Cone, Peruvian Chocolate Ice Cream

Beim Dessert, das im Le Bernadin immer hervorragend ist, entschied ich mich für eins mit dem Namen Haselnuss. Eine sehr knusprige dunkle Schokoladenwaffel war mit Haselnuss- und einer helleren Schokoladencrème gefüllt. Dazu gab es karamellisierte Haselnüsse und ein Schokoladeneis. Das schmeckte alles fantastisch. Dass das ganze Dessert dazu noch vegan war, merkte man zu keinem Zeitpunkt.

Petits Fours

Himbeer Macaron – Dieser war nicht mehr frisch, was sich durch Fehlen der Knusprigkeit im Baiser zeigte.
Himbeer Pistazien Financier – gut
Orange Bourbon dunkle Schokoladenpraline – sehr schön die Bourbon- und Orangen-Aromen der Füllung.

Fazit

Wenn immer möglich, kein New York Besuch ohne Le Bernadin. Dieses Restaurant ist eine Referenz für mich, wenn es um Meeresfrüchte und Fisch geht.

Webseite des Restaurants: Le Bernardin by Eric Ripert | Home

Speisemeisterei Stuttgart

Besucht im Dezember 2024
Abendessen
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Der Abend begann eher suboptimal. In Gehweite zum Restaurant auf dem Campus der
Universität Hohenheim sind reichlich Parkplätze vorhanden, allerdings keiner mit E-Auto Ladestation. Die nächste befindet sich etwa 700 Meter entfernt.
Nicht gerade ideal war auch, dass man tatsächlich Punkt 18 Uhr 30 die Tür zum Nebengebäude des Schloss Hohenheim öffnet, in dem sich das Restaurant befindet. Gäste, die etwas früher eintreffen, müssen folglich draußen in der Kälte warten.
Einmal eingelassen, geht man einen langen Gang entlang und erreicht den sehr schönen
Speisesaal, der historisch korrekt in weiß mit allerlei Ausschmückungen gestaltet ist. Die Beleuchtung an diesem Abend war eher gedämpft, aber die Lampe am Tisch ermöglichte, einige vernünftige Fotos zu machen.
Ich hatte im Vorfeld das kleine Menü angemeldet. Zur Menükarte auf dem Tisch lagen noch zusätzlich zwei kleine Karten, eine mit flüssigen Aperitif-Optionen und eine mit verschiedenen Kaviar Supplements.
Wasser und Unverträglichkeiten waren schnell geklärt. Ich wollte mich auf zwei Gläser Wein beschränken und regte an, ein Glas Rotwein zum Hauptgang und etwas passendes Weisses zu den ersten Gängen zu offerieren, z.B. einen Sauvignon Blanc, hatten die Pouilly Fumés bei den letzten Restaurantbesuchen doch gut gepasst. Präsentiert wurden mir dann zwei Weine zur Auswahl: ein Sauvignon Blanc aus der Gegend und ein gereifter Riesling von 2013 von der Mosel. Dieser hatte keine Petrolnoten und eine schön eingebundene Säure, war überraschenderweise aber immer noch auf der fruchtigen Seite. Auch der Sauvignon bot nicht die Mineralität, die ich suchte. Die kompetente Sommelière schenkte dann noch einen jüngeren Riesling ein, der dann in etwa dem gewünschten Geschmacksprofil entsprach.
Auf der Menükarte auf dem Internet nicht einsehbar gab es auch im kleinen Menü noch zwei Extras: das Lamm im Hauptgericht konnte durch Wagyu A5 ersetzt werden. Die Kalbs-Agnelotti konnten durch einen Jakobsmuschelgang ersetzt oder dieser Gang dazubestellt werden. Ich entschied mich für den Ersatz des Pastagangs.
Aperos

Forelle · Ingwer · Reis

Was so ein bisschen wie ein Müsli aussieht, ist ein mit Ingwer angemachtes Tatar der Forelle mit Crunch vom wilden Reis, Bonitoflocken, Kombu, einer asiatischen Gewürzmischung, Korianderöl und Hoisin-Sauce. Dies war zugleich knusprig und voller Umami. Bezüglich des Korianderöls hatte man mich vorher gefragt. Sollte es mir nicht zusagen, hätte ich nach dem ersten Bissen den Snack in die Küche zurückgehen lassen können. Das passierte nicht, da es nicht dominant zum Geschmack beitrug.

Waffel · Sardine · Sanbaizu

Eine super-knusprige Waffel, die beim Anbeissen richtig laut knackte war mit milder Knoblauchcrème und Spitzpaprikastreifen sowie Sanbaizu-Dashi-Gel und eingelegter Sardine belegt. Überraschend für mich war, wie gut die Sardine mit dem Paprika harmonierte. Wirklich ein toller Snack.

Toro von Balfego
Ponzu · AKI Kaviar · Rettich
Weinbegleitung: 2019 Hessigheim Riesling Lassak

Vom Balfego Thunfisch, Leinen-gefangen und dann bis zu optimaler Qualität gehalten, wurde das beste Stück, nämlich der fette Bauch, zusammen mit Rettichwürfelchen zu einem Tatar verarbeitet. Unter einem dünnen Mantel von Akami Toro (vom Rücken) sah man noch Mayonnaise, die sich zusammen mit Avocadoperlen und einigen essbaren Blüten auch obenauf befand. Umgeben war das Ganze von einem Ponzu-Sud und einem milden Koriander-Öl. Sehr schön.

Lachsforelle aus Calmbach
Blumenkohl · Buttermilch · Forellengarum

Phantastisch aussehender und schmeckender Gang mit zu einem Ring drapierter gebeizter und geflämmter Lachsforelle und dreierlei vom Blumenkohl: gepickelt rosa, fast rohe dünne Scheiben und Chips. Dazu ein Molkesud, Kräuteröl und Forellenkaviar.

Brot Aufstriche

Sehr gute Sauerteig-Foccacia kam mit Bordier-Butter und aufgeschlagener Quarkcrème mit geriebenem Parmesan und Kresse. Der Clou war hier ein Ring von süssem Senf.

handgetauchte Jakobsmuschel aus Norwegen
10g Osietra Kaviar · Salicornia · Rettich

Eine grosse fleischige scharf angebratene Jakobsmuschel von vorbildlichem Gargrad gewann durch die schöne Nocke Kaviar noch einmal. Platziert war sie auf einem Algensalat aus Wakame und Salicornia (auch Queller oder Seespargel genannt) neben Rettich. Gebunden wurde das Ganze durch eine Muschelemulsion. Ein ganz hervorragender Muschelgang (oder Kaviargang?).

Lammrücken von der Schwäbischen Alb
Grüne Soße · Sardelle · Aubergine
Weinbegleitung: 2016 Cabernet Sauvignon Magnum Louis M. Martini Napa Valley Kaifornien USA

Die grüne Sosse war in Form ihrer Kräuterzutaten auf dem sehr zarten Lammrücken verarbeitet. Dazu gab es ein vom Service als “hausgemachte Pommes” angekündigtes Pomme Soufflé mit Sardellencrème und frittierten Kapern, eine Praline vom Auberginenragout und einen Lammjus mit dem Fleisch aus der Lammkeule. Dies war eine der besten Lammzubereitungen, die ich in letzter Zeit gegessen habe.

Honig
Ziegenfrischkäse · Thymian · Mandel

Ein so reduziertes Dessert finde ich mutig aber angebracht. Zwei Kugeln mit Thymian aromatisierte Ziegenfrischkäse-Mousse jeweils auf einem Florentiner gesellten sich zu einem Honig-Eis mit applizierter “Honigschlange”. Ein wie ich fand sehr gutes Dessert.

Süßes Finish

Bei den drei Kleinigkeiten war das Salzbretzel-Eis in der linken Schale der absolute Knaller.
Zusammen mit dem warmen Nussbutterschaum unten drunter und den karamellisierten Cashewnüssen war das eines der ungewöhnlichsten und wohlschmeckendsten Mignardises der letzten Zeit.
Besonders war auch die rote Zubereitung vorn rechts, enthielt sie als ungewöhnliche Zutat doch Kümmel. Es war ein Windbeutel mit Himbeer und Shiso. Diese Geschmackskombination fand ich durchaus interessant. Mal was ganz anderes.
Den Reigen schliesst die unspektakulärste Zubereitung, eine Kombination aus Himbeeren, gefriergetrocknet obenauf und als Cracker unten darunter und Passionsfruchtmousse dazwischen.

Fazit
Das war überraschend gut, meine Erwartungen wurden übertroffen. Auf die abschließende Frage, was denn mein Highlight im Menü gewesen sei, konnte ich eigentlich gar nichts so richtig hervorheben. Alles gefiel mir sehr gut. Schöne Produkte, gute Ideen, gut zubereitet. Was will man mehr.
Service durch die drei Damen und den Herrn war professionell und angenehm. Mit der Weinberatung war ich letztendlich sehr zufrieden.
Wenn man sich in der Gegend um Stuttgart befindet, kulinarisch interessiert ist und es zeitlich passt, sollte man ein Abendessen hier in Erwägung ziehen.

Webseite des Restaurants: Speisemeisterei – Stuttgart

Restaurant Fahr Künten

Besucht: Im März 2023
Mittagessen
Bewertung: Ein Michelin Macaron


Nachdem ich in derselben Woche das Restaurant skin’s in Lenzburg besucht hatte, nun das zweite seit kurzem vom Michelin ausgezeichnete Restaurant im Kanton Aargau, diesmal mit einem Macaron. Das Restaurant Fahr gibt es seit 5 Jahren. In der Küche arbeitet niemand, der zuvor schon in Häusern mit Michelin “Sternen” gearbeitet hat. Der Ansatz hier ist nicht die grosse, weite Welt, sondern regional, saisonal und nachhaltig. Auch versucht man hier den Spagat zwischen “Ausflugsbeiz” – das Restaurant liegt in einem Naherholungsgebiet, der Fluss Reuss ist nah – und Fine Dining.
Was mir als Gast persönlich gefällt, und wohl auch gut für die Angestellten ist, sind die Öffnungszeiten Donnerstag bis Sonntag mit sowohl Mittagessen als auch Abendessen. Wo sonst in der Schweiz kann man einmal Sonntagmittag auf gehobenem Niveau essen gehen?
Die Karte hält ein 5- oder 6 gängiges Menü und einige à la Carte Gerichte bereit. Ich entschied mich für 5 Gänge und dies deshalb den Käsegang weg. Zwei Gläser Wein zu ausgewählten Gängen liess ich auch noch zu. Schon ging es los.

SNACKS

Sellerie-Rapsöl-Consommé
Brandteig-Perigord-Trüffel-Käse
Gepickelte Rote Beete, Misogel
Macaron Alpenlachs, Karotte, Senfsaat

Die heisse Consommé war sehr intensiv und voller Umami ohne einen allzu prägnanten Sellerie-Geschmack zu haben. Das rote Beete-Röllchen hatte noch viel Biss. Der Käse-Trüffel-Snack mit der warmen Käsecrème als Füllung gefiel mir sehr gut. Der augenzwinkernde Verweis auf den “Rüebli-Kanton” Aargau fehlte auch hier nicht. Der Macaron mit weichen Karottenscheiben, dazwischen Tatar vom Alpenlachs und wohl auch verarbeitete Karotte in den Baiserhälften war ebenfalls sehr gut.

SAUERTEIGBROT – RÖSTZWIEBELBUTTER
WINTERSALAT
SPECK – PILZ – EI

Ein netter kleiner Salat, der mit überraschend viel Aufwand zubereitet war. Die Zutaten Speck, Pilz, Ei und auch die Salatsosse waren als Gels und Crèmes verarbeitet. Pilze, Wildkräuter, eine Bittersalat-Gurken-Eiscrème und Schnittlauchöl komplettierten den Salat. Unten im Teller befand sich noch eine Stangensellerie-Brunoise. Dazu wurde selbstgebackenes Knäckebrot gereicht. Ei- und Pilzcrème konnte ich sehr gut herausschmecken, auch das Salatsossengel war mit seinen Senfnoten deutlich wahrnehmbar. Den Speck konnte ich allerdings nirgendwo erschmecken. Für mich war dies ein sehr gutes Gericht.

KALBSMILKEN
WURZELGEMÜSE
Weinbegleitung: Grauburgunder aus dem Markgräfler Land

Sehr reduzierter Teller mit 4 Püreés, paniertem Kalbsbries und Jus. Hätte auf einem rein weissen Teller noch besser gewirkt. Dies ist eine populäre Zubereitungsweise von Kalbsbries, aber nicht so mein Ding. Es maskiert auch die Innerei für diejenigen, die nicht so viel damit anfangen können. Im Einzelnen waren das hier zwei mit Gemüsepanade frittierte kleine Kalbsbrieskugeln, rote Beete-Süssholz-, Karotten-Vanille-, Sellerie- und Kerbelwurzel- und -blatt-Püreé, Kalbsjus. Qualität und Zubereitung waren im Übrigen einwandfrei.

BREMGARTNER BACHFORELLE
BEURRE BLANC – RETTICH – DILL

Für mich war dies das Highlight des Menüs. Sous-vide gegartes und dann etwas abgeflämmtes Forellenfilet war mit Granny Smith Apfel, gehobeltem Meerrettich, Dillmayonnaise, Dill und knusprigen Croutons bedeckt. Angegossen wurde eine Mischung aus Dill-Beurre Blanc und Dillöl. Die Aromen harmonierten herrlich miteinander, waren richtig portioniert und der Fisch hatte eine angenehm zu essende Konsistenz.

ERFRISCHUNG
Karotten-Ingwer-Sorbet, Rapsöl, Karottenöl

Zur Neutralisation der Geschmackspapillen wurde dieses Karotten-Ingwer-Sorbet mit deutlich wahrnehmbarem Ingwer und auch leichter Ingwerschärfe im Abgang serviert. Dies gelang gut.

DRY AGED POULETBRUST
TOPINAMBUR – SAUERKRAUT – LIEBSTÖCKEL
Weinbegleitung: Les Ratenets 2020, Domaine Ruedin Cressier Pinot Noir

Zwei Wochen trockengereifte Brust vom Huhn eines lokalen Erzeugers mit ihrer Haut bedeckt mit Liebstöckel und Buchweizen war saftig und zart.
Dazu gab es als Beilagen sehr schön anzusehende Topinambur-Mousse in einer Geleesphäre, anfermentierter gekochter Spitzkohl wie Sauerkraut aussehend unter einem gekochten und geflämmten Weisskohlblatt. Die Beschreibung Sauerkraut verleitet zu falschen Annahmen, die Säure war sehr viel weniger deutlich als beim allgemein bekannten Sauerkraut und deshalb passte es gut. Angegossen wurde noch ein sehr reduzierter, intensiver, dickflüssiger Topinamburjus.
Auf separater Schale befand sich noch ein Tartelette mit Liebstöckel- und Topinamburcrèmes und Topinambur-Chips.

BOSKOP APFEL
PETERSILIENWURZEL – OPUS BLANC

Sehr gut präsentiertes und schmeckendes Dessert mit Apfel und Petersilienwurzel als Thema.
Auf Boskop Ragout war eine halbmondförmige mit weisser Schokolade ummantelte Petersilienwurzelcrème platziert. Darauf befanden sich Meringue, Apfelsorbet, ein Biskuitmond und schliesslich Apfel-Gel. Eine Brandteiggebäckkugel gefüllt mit Apfelbrunoise und Petersilienwurzelcrème wurde à Part gereicht. Wer hätte das gedacht, dass Apfel und Petersilienwurzel so gut zusammenpassen.

PRALINEN

Cassis-Fruchtgummi in Schlangenform
Sanddorn-Salzkaramellpraline
Himbeer-Macaron
Pistaziensalzkaramell

Die Mignardises wurden vom Chefkoch Manuel Steigmeier serviert. Er kündigte sie damit an, dass man seit kurzem in der Lage sei, alle Süssigkeiten im Hause selbst herstellen zu können. Es waren auch gute Mignardises. Fruchtgummi sehr gut, Himbeer-Macaron geschmacklich überzeugend, hatte allerdings eine Schicht, die von der Konsistenz zu hart war, Sanddorn-Karamell gut, Sanddorn so gut wie nicht schmeckbar und der Klassiker des Hauses Pistazienkaramell sehr gut. Interessant war bei diesem besonders der Salzgeschmack am Schluss, wenn nur noch die Pistazienstücke im Mund übrig sind.

Fazit
Die Küchenleistung ist hier gut bis sehr gut. Mir gefielen die Forelle und das Dessert am besten. Noch dazu wurde ein sehr guter lockerer, herzlicher Service geboten, der auch eine Weinkellerführung beinhaltete. Dies ist auch ein Tip für Familien, sieht man es doch nicht so streng z.B. mit “Das Menü kann nur Tischweise angeboten werden”. Hier komme ich gern Mal wieder hin, wenn das Menü komplett gewechselt hat.

Website des Restaurants: Restaurant Fahr in Sulz