Restaurant Haerlin Chef’s Table Hamburg

Besucht: Im Februar 2023
Abendessen
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Mit einigen Monaten Vorlauf buchte ich den Chef’s Table des Restaurants Haerlin im Hotel Vierjahreszeiten am Neuen Jungfernstieg in Hamburg. Die Küche befindet sich im Untergeschoss und ist über eine Treppe vom Speisesaal aus zu erreichen. Der Chef’s Table für bis zu acht Personen befindet sich in einem separaten Raum hinter der Küche und man hat einen Blick auf zwei Gänge in der Küche, in denen Fisch- und Fleischgänge zubereitet werden und einen Raum, in dem die Patisserie zuhause ist. Die Scheiben können aufgeschoben werden. Die Gänge des Menüs werden teils von verschiedenen für diese zuständigen Köche serviert, die sich namentlich vorstellen und etwas zu den Zutaten und der Zubereitung erklären. Der Küchenchef Herr Rüffer schaut den ganzen Abend immer Mal herein und steht für Fragen zur Verfügung.

Nach einem offerierten Glas Rosé-Champagner zum Start tranken wir zu den ersten Gängen einen 2021 Sancerre, Domaine Vacheron, Sauvignon Blanc, von der Loire, Frankreich.

Rindertatar mit Liebstöckel & geröstetem Paprikasud

Auf einer Basis von Couscous befand sich ein sehr gut abgeschmeckter Zylinder Rindertatar dekoriert mit Liebstöckel-Mayonnaise. Umgeben war das Ganze von einem gerösteten Paprikasud, bei dem einige am Tisch den Eindruck hatten, dass ihm eine gewisse Schärfe innewohnte. Ich schmeckte dies nicht, allerdings trug für mich der Sud etwas Säure zum Gericht bei. Sehr gut.

Büsumer Krabben mit Parmesan & Speck (ohne Detailfoto)

Ein mit Parmesan gebackenes zylindrisches Tartelett war mit Parmesanschaum gefüllt. In diesem befanden sich Krabben, obenauf noch Forellenkaviar. Dies mundete allen sehr gut. Mir gefiel das Wechselspiel von Umami durch viel Parmesan mit der Süsse der Krabben.

Alternative: Avocado mit Parmesan & Speck

Rote Bete-Tartelette mit Aal & Labskaus

Knusprige Rose aus rote Beete, an der Basis innen gefüllt mit Labskaus und Aal, dekoriert mit Eigelbcrème. Die Idee dahinter ist wohl, ein dekonstruiertes Labkausgericht zu servieren mit total anderer Portionierung der Zutaten. Die Erdigkeit der roten Beete mit dem unerwarteten Crunch harmonierte für mich wunderbar mit dem Fett und Geschmack des Aals.

Hausgebackenes warmes Sauerteigbrot

In der Patisserie konnte man beobachten, wie der nächste Ansatz für dieses Brot vorbereitet wurde. Was aussah wie der Start zur Herstellung “armer Ritter”, war die Wiederverwendung nicht verbrauchten Brotes für den neuen Teig. Alex aus der Patisserie erklärte uns das sehr anschaulich.

Kastanienbrot

Ein Klassiker, den wir hier schon mehrfach hatten. Gluten-frei durch die Zutaten Kastanienmehl, Mandelmehl, Leinsamen und Kürbis.

Kräuterbutter mit Kräutern
Sauerkrautcrème

Ebenfalls ein Klassiker des Hauses.

Imperial Kaviar
mit Roscoff-Zwiebel, Gillardeau Auster & warmen Kartoffelschaum

Warmes Amuse Bouche mit einem Chutney von der Roscoff-Zwiebel und Stücken von der pochierten Gillardeau-Auster unten drunter. Kartoffel-Espuma mit Croutons, Schnittlauch und essbaren Blüten und einer Nocke Imperial-Kaviar. Kaviar, Kartoffel und Croutons sind für mich eine Winner-Kombination. Ob es das Chutney wirklich gebraucht hat, sei dahingestellt. Ich fand, damit ging die Auster etwas unter. Nichtsdestotrotz ein grossartiges kleines Gericht.

Perigord Wintertrüffel
mit Thunfischrücken, Sesam-Ginsengeis & warmer Trüffelvinaigrette

Sehr gutes Tatar vom Thunfischrücken war mit einer Rose aus Trüffelscheiben bedeckt, auf denen ein mit einem Tuile dekoriertes Sesam-Ginseng-Eis thronte. Eine warme Trüffelvinaigratte wurde am Tisch angegossen. Hier wird etwas mit Temperaturen gespielt. Warm, Raumtemperatur und eiskalt. Die Trüffelscheiben hatten nicht sehr intensives Trüffelaroma, was ich hier gut fand, ist doch die Gefahr, dass eine zu grosse Intensität die anderen Zutaten auf dem Teller übertüncht. Die Vinaigrette war deutlich intensiver. Im Eis fiel hauptsächlich der Sesamgeschmack auf.

Norwegischer Kaisergranat
mit Gelbe Beete, Sanddorn & Krustentierschaum

Für die meisten am Tisch war dies das Menü-Highlight. Wir konnten vorher ja schon gut beobachten, wie die “Norway lobsters” zubereitet wurden – mit Holzspiess in Form gehalten während des Bratens und mit dem Thermometer kontrolliert auf die Innentemperatur, 42 °C wie uns Herr Rüffer hinterher sagte. Der gebratene Schwanz des am selben Tag angelieferten und folglich sehr frischen Krustentiers war von etwas Limettenabrieb und zwei geflämmten Kumquat-Scheiben bedeckt. Eine Rose von der gelben Beete war gefüllt mit einer Crème aus gelber Beete und Sanddorn. Ein Ingwer-Krustentier-Schaum rundete das Ganze ab. Dies war in der Tat ein exzellentes Gericht.

Alternative: Loup de mer
mit Gelbe Beete, Sanddorn & Beurre Blanc

Für die Nicht-Krustentier-Liebhaber war der Kaisergranat durch Wolfsbarsch ersetzt und statt Bisque gab es eine klassische Beurre Blanc.

Maronen-Tortelli
mit Schwarzwurzeln, Perigord-Trüffel & Sherry-Topinambursud

Der nächste Gang war vegetarisch. Drei mit Kastanienpüree gefüllte Tortelli wurden begleitet von einem Dreierlei vom Topinambur: Chip, Püree und Sherry-Topinambursud. In Nussbutter gebratene Stücke von der Schwarzwurzel waren auch noch zu entdecken. Fürs Auge befanden sich obenauf Scheiben vom Perigord-Trüffel. Mich beeindruckte auch die weisse tiefe Schale, welche auf der Innenseite den Eindruck erweckte, dass es teilweise auskristallisiert war.

Roséchampagnersorbet mit Rhabarbersauce

Überraschend wurde dann zur Neutralisation von Zunge und Gaumen dieses hervorragende Sorbet mit einer Sauce vom ersten Rhabarber der Saison serviert. Lustigerweise drehte sich unser Gespräch zu diesem Zeitpunkt gerade um das Aqua in Wolfsburg. Eine der Signaturkomponenten in diesem Restaurant ist das Ruinart-Champagner-Sorbet. Das Sorbet am heutigen Abend konnten locker mit diesem mithalten.

Geröstetes Kalbsbries
auf Kalbskopfjus mit Kapern, Tomaten & Poveraden
Weinbegleitung: 2018 ‘Les Vieux Clos’, Nicolas Joly, Chenin Blanc, Savennières, Loire, Frankreich

oder

Rückenstück vom Wagyu-Rind
mit karamellisierter Aubergine, Kampot-Pfeffer & Estragon-Essigjus
Weinbegleitung: 2017 Côte Rôtie ‘Blonde du Seigneur’, Domaine Vernay, Loire, Frankreich

Ich entschied mich heute als einziger für das Kalbsbries und habe es nicht bereut. Das Bries war so wie es sein sollte: aussen knusprig, innen weich. Dazu gab es Blattspinat, junge Artischocken (Poveraden) und Pommes Soufflés. Eine herrliche dunkle Sauce mit Tomaten und Trüffel? wurde dazu gereicht.

Das schön marmorierte Australische Wagyu sahen wir schon vor der Zubereitung in der Fleischküche. Dies wurde Sous-Vide gegart, anschliessend gebraten nachdem es mit einem Rub aus Sesam, Chili und Kampot-Pfeffer versehen worden war. Ein Nocke Paprika-Pürée, mit Miso glasierte geschmorte Auberginenscheiben und Buchenpilze vervollständigten das Gericht. Angegossen wurde ein Estragon-Essig-Jus.

Gereifter Winterkäse von Bernard Antony auvergne-rhône-alpes (ohne Bild)
oder

Hamburger Lagenhonig
mit geeistem Sauerampfer & Fenchel-Gewürzsud

Fünf verschiedene auf dem Teller vorangerichtete Stücke Käse, ein Chutney, Nuss- und Früchtebrot bildeten den Käse-Gang.

Dessertvariante: Auf einem Honigbiskuit wurde ein Pastis-Passionsfrucht-Honig-Gel platziert. Darauf befand sich ein mildes Sauerampfersorbet, welches mit einer grünen Honighippe dekoriert war. Am Boden der Schale war ein Fenchelsud, dessen Konzentrierung unter anderem einen Gefrier- und Auftauschritt und einen Rotationsverdampfer benötigte. Dieses Dessert gefiel uns sehr gut, war es doch von Komposition der Aromen stimmig und der Intensität der einzelnen Komponenten optimal ausbalanciert.

Rubinette aus Jork
mit Karamell, Yuzusorbet & Rooibos-Vanilletee

Warum in der Ferne schweifen, das Gute liegt so nah. Dies gilt hier zumindest für die Zutat, die diesem Dessert ihren Namen gab: Apfel. Dieser wurde nach Art einer Tarte Tartin allerdings ohne die Gebäckkomponente karamellisiert. Man beachte die Filigranstruktur mit den unzähligen Schichten. Daneben befand sich auf einer Biskuitbasis ein Yuzu-Sorbet, welches wiederum von einem Schokoladen-Karamell-Chip bedeckt war. Ausdekoriert war das Ganze noch mit Nougat-Crunch, Granatapfelkernen und kandierten Haselnuss-Stücken. Verbindendes flüssiges Element war ein Apfel-Vanille-Rooibos-Sud. Auch diese Dessert-Kreation mochte zu begeistern. Besonders das Apfel-Millefeuille war ganz hervorragend.

Petits fours

Safran-Macaron mit Mango
Yuzu-Schokokuss
Fruchtgummi Himbeere/gelbe Beete
Canele Rhum Vanille
Praline Tonkabohne/Passionsfrucht
Praline Cassis/Nougat

Die meisten Petits Fours fanden ihren Weg nach Hause, da bei vielen Gästen die Aufnahme-Kapazität erreicht oder überschritten war. Bemerkenswert gut fand ich den Yuzu-Schokokuss, während der Macaron aufgrund der fehlenden klar zuzuordnenden Geschmäcker nicht so begeistern konnte.

Fazit

Wir erlebten einen phantastischen Abend mit vielen spannenden, sehr gut schmeckenden Gerichten und haben auch einiges gelernt. Das Ambiente des Chef’s Table ist speziell und die Idee, die Gerichte auch durch die Köche servieren zu lassen, fanden wir sehr gut. Ich für meinen Teil kann jedenfalls sagen, dass die Patisserieleistung im Speziellen dieses Mal auf demselben hohen Level wie die davor servierten Gängen lag. Dies war hier nicht immer so.

Website des Restaurants: Restaurant Haerlin I Gourmetrestaurant mit 2 Michelin Sternen

Vorherige Berichte aus dem Restaurant Haerlin
Oktober 2021

Juni 2021

Juni 2020

Advertisement

JY’S Colmar

Mittagessen
Besucht am 25.08.2020
Bewertung: Zwei Michelin Macarons
Nach unserem Besuch in der Auberge de l’Ill im Juli ging es diesmal etwas weniger weit nach Colmar.

Das Restaurant JY’S liegt in der Altstadt von Colmar am kleinen Flüsschen Lauch. Wir hatten vorher angefragt und bekamen einen sehr schönen Tisch auf einem Teil der Terrasse, der entlang der Lauch verläuft.

Wir entschieden uns für das Menü in acht Gängen und den Vorschlag des Sommeliers zur Weinbegleitung: drei Weissweine und ein Rotwein zum Hauptgang.

Ich bekam auf Nachfrage wiederum eine halbe Weinbegleitung.
Gleich, nachdem wir uns gesetzt hatten, wurden einige Kleinigkeiten serviert.

Von links nach rechts im Uhrzeigersinn: Parmesancracker, Erdnuss-Sphären (Erdnuss, Parmesan, Mascarpone), Oliven-Frischkäse-Sphäre

Die Oliven sahen nur aus wie echt, eine Kräuterfrischkäse-Füllung war mit einem dünnen Mantel bedeckt, der Olivengeschmack hatte.

Nach der Speisen- und Weinwahl wurde ein weiterer dreiteiliger Gruss aus der Küche gereicht.

Von links nach rechts: Zucchinicrème mit Curry-Gel, Karotten-Ingwer-Tartar mit Grapefruit-Marmelade und frittiertem Grünkohl, Wassermelonenwürfel mit Sangria-Gel

Speziell das Karottentartar fand ich sehr lecker. Nun gab es den ersten Gang des Menüs.

Frische Entenstopfleber mit schwarzem gebranntem Pfeffer und Kirsche
Weinbegleitung: Pinot Gris Domaine Albert Boxler 2016 aus Heinbourg

Wie schon in der Auberge de l’Ill war das Thema hier Leber mit Kirschen. Diese Version hier gefiel uns etwas besser. Der auch hier gereichte Pinot Gris passte gut, konnte allerdings nicht mit dem gealterten von Trimbach mithalten.

Nun kam ein Gang, auf den wir schon sehr gespannt waren.

Grünkohlwaffel mit Dashi, Daikon-Rettich und rosa Ingwer

Vom Grünkohl war nichts zu sehen. Die Waffel sah aus, wie man sich eine Waffel vorstellt. Sie war mit dünnen Scheiben Rettich und eingelegtem Ingwer belegt. Eine feine Mayonnaise und eine Dashi-Soja- Sauce trugen zur Herzhaftigkeit bei. In der Kombination aus knuspriger Waffel, Säure von Rettich und Ingwer und Herzhaftigkeit der übrigen Komponenten ein sehr wohlschmeckendes Gericht.

Gemüse-Ceviche mit Macadamia-Sauce mit grünem Curry
Weinbegleitung: Anjou Domaine Patrick Baudain Effusion 2016

Dieser Gang zeigte einmal mehr Jean-Yves Schillingers Stärke, wenn es ums Gemüse geht. Eine optimal abgeschmeckte Ceviche – nicht zu sauer – bestehend aus Karotten, Fenchel, Bohnen, Erbsen, Granatapfelkernen, Enoki-Pilzen, dekoriert mit Teilen einer frittierten Zucchini-Blüte und am Tisch angegossener Sauce aus Macadamia und grünem Curry. Exzellent kombiniert und gut abgeschmeckt.

Bursin Tortellis mit Parmesan Espuma

Ich hatte es gegenüber dem Service auf den Punkt gebracht: interessantes Texturspiel!

Das Gericht wurde in einer sehr warmen tiefen Schale serviert und bestand aus bissfester Pasta mit dezentem Boursin-Geschmack, dem Kräuterfrischkäse, den man auch in Deutschland kennt. Dann ein Parmesanschaum und obendrauf Popkorn mit Parmesangeschmack.

Nun kam etwas, auf das wir im Vorfeld ebenso sehr gespannt waren.

Tintenfisch gerade angebraten auf schwarzem Knoblauchpüree und Gemüse-Maki, dazu Tandoori-Sauce Weinbegleitung: Chatéau Revelette Grand Blanc 2016

Der Teller hinterliess einen zwiespältigen Eindruck. Der Tintenfisch entäuschte geschmacklich und texturell, alle anderen Komponenten begeisterten. Der Gemüse-Maki bestand aus Gemüsestiften, u.a. Lauch, Fenchel, Karotte, umhüllt von Mu-Err Pilz und Teigkruste. Speziell die Tandoori-Sauce war grossartig. Die kleinen Saucièren, die am Tisch gelassen wurden, verliessen diesen am Ende leer…

Confit aus Seehechtfilet mit Chorizo-Marmelade, Bagna Cauda-Sauce mit grünen Oliven

Sehr schöne Kombination, Olivenkomponente nicht dominant, Fisch geschmacklich top mit idealem Gargrad.

Kalbsfilet in grünem Fell, Törtchen mit frischen Buscherbsen und kandierter Zitrone, kandierte Kartoffelroulade mit Saft, Satay-Sauce
Weinbegleitung: Jas Jullien Autour de Joncemiére 2016

Leider enttäuschte der Hauptgang. Das Fleisch war von Qualität und Zubereitung in Ordnung, aber es fehlte Salz. Dieses hätte man in die Kruste einarbeiten können oder liegend serviert etwas Fleur de Sel darauf geben können. Die Kartoffelroulade ist beeindruckend mit ihren vielen Schichten und war geschmacklich okay, die Erbsen lagen in dem Tartelette auf etwas Ziegenkäse. Die Satay-Sauce war zu süss und dominant mit ihrem Erdnussgeschmack.

Pré-Dessert 1: Grapefruitmarmelade und Rosmarincrème

Nicht süss, Rosmarincrème mit rohes Ei-Konsistenz – nicht mein Fall.

Pré-Dessert 2: Rosensorbet, Mandeln, Amaretto-Milch

Sehr gut!

Dessert: Erdbeeren auf feinem Sablé, Erdbeer-Minz-Granité, Erdbeer-Sorbet, gefriergetrocknete Erdbeere, Chantilly-Sahne
Weinbegleitung: Riesling Trockenbeerenauslese Domaine Loew Altemberg 2015

Ein schönes Dessert, was insgesamt gefiel. Die Erdbeerstücke hatten vielleicht nicht Referenzqualität.

Mignardises: Himbeer-Macaron, Aprikosensphäre auf Teigzylinder, Johannisbeer(?)-Tartelette

Speziell die Aprikosensphäre schmeckte sehr gut.

Fazit

Insgesamt ein Menu mit gehobenem Niveau von Anfang an, wie man es von Restaurant dieses Levels erwartet.

Kleine Ausreisser nach unten (Tintenfisch, Hauptgang), aber auch Highlights (Waffel, Ceviche, Fisch). Es wurde mit wenig Luxuskomponenten gekocht und einige Zutaten wiederholten sich. Dafür ist die Preisgestaltung für das 8-Gang-Menu sehr fair.

Am Service war nichts auszusetzen.

Aufgrund der vegetarischen Gänge, die mir gut gefallen haben, könnte ich mir vorstellen, das nächste Mal das auch angebotene vegetarische Menu zu nehmen.

La Pergola Rom

Abendessen
Besucht am 30.07.2019
Bewertung: Drei Michelin Macarons

Das Luxusrestaurant La Pergola befindet sich in der neunten Etage des Hotels Waldorf-Astoria in Rom. Das Hotel selbst liegt auf einem Hügel erhöht über Rom. Von der Terrasse des Restaurants, auf der wir einen sehr guten Tisch an der Brüstung hatten, hat man einen fantastischen Blick über das Zentrum von Rom auf der einen Seite und auf den Petersdom auf der anderen Seite. Das Hotel ist durch die Gegebenheiten des Klimas und der wünschenswert festlichen Kleidung anlässlich des Besuchs bequem eigentlich nur mit einem Taxi oder Limousinen-Service zu erreichen.

Bei der Ankunft wurden wir sogleich an unseren sehr schönen Tisch geleitet und nach einem Aperitiv und unserer Mineralwasserpräferenz gefragt. Heinz Beck, der Chef de Cuisine, war an diesem Abend nicht anwesend. Das La Pergola hat eine eigene fantastische Mineralwasserkarte, aus der man Wasser nach still, medium, sprudelnd, Mineralstoffgehalt und Herkunft auswählen kann. Wir haben uns dann mit der Unterstützung des Sommeliers für ein lokales Medium-Wasser aus der Gegend Latium entschieden.

Die Karte bietet ein 10-gängiges Degustationsmenu, welches auf 7 Gänge reduziert werden kann, und eine à la Carte-Auswahl an. Wir entschieden uns für das 10-Gang Menu. Meine Partnerin konnte 3 Gänge davon durch nicht-Krustentier/Innereien-Gänge ersetzen.

Die Weinkarten, eine lokal, eine international, sind sehr umfangreich und enthalten viele Raritäten auch gereifter Jahrgänge, z.B. einen Château Petrus von 1945 für 23’000 Euro. Dies entsprach nicht ganz unserem Budget und wir entschieden uns für einen trockenen Malvasia aus dem Friaul 2015 von Princic, welcher sehr gut zum Menu passte.

Nun kamen Amuse Bouches.

Cracker mit Ricotta
Mit kühler Creme (Rosenaroma) gefüllte gefriergetrocknete Kartoffelhälften
Topinambur-Püree mit Consommé und Gewürzen

Das war das Beste der Amuse Bouches – sehr gutes Püree, intensive Consommé, filigrane Würzung.

Dann wurden eine sehr gute Auswahl Brot (unter anderem Foccacia, Brot mit Fenchelsamen, Weissbrot, Brot mit Sesam) Butter und ein fantastisches Olivenöl aus Ligurien an den Tisch gebracht.

Start ins Menu: Entenstopfleber in unterschiedlichen Texturen, Aprikosen und Mandeln

Dazu wurde ein Brioche gereicht. Unter dem ganzen Pulver und Mandelstücken verbarg sich unter anderem eine wohlschmeckende Foie Gras Creme.

Alternative zur Entenstopfleber: Adlerfischtartar auf Erdbeer-Granita mit Mandelmousse

Das Tartar war fantastisch – richtige Temperatur, in optimaler Grösse geschnitten, subtile Würzung. Die Kombination mit den übrigen Komponenten ist eher ungewöhnlich, passte aber ganz hervorragend. Angesicht des warmen Wetters war die Erdbeer-Granita eine willkommene Erfrischung.

Marinierte Krustentiere mit Paprika und Konfitüre von Zwiebeln aus Tropea.

Als Alternative wurde das Salatherz serviert, was weiter unten noch zu sehen sein wird. Danach im Alternativmenu:

Gebackene Zucchiniblüte in Safran-Consommé, Zucchini-Brunoise.

Das Gericht war sowohl ein Augen- als auch ein Gaumenschmaus.

Unter hohem Druck zubereitetes Salatherz mit einer Creme vom Freilandhuhn

Sehr gut. Der warme Salat und die intensive Hühnercreme waren ein Hochgenuss.

Mit Auberginen gefüllte Tortelli an Tomatenwasser und Meeresfrüchte
Alternative zu den Tortelli mit Meeresfrüchten; da sind sie nun: Die Hausspezialität Fagottelli “La Pergola”

Dies war einer der Hauptgründe, warum wir gerade dieses Restaurant ausgewählt haben. Die Fagottelli sind eine Art Carbonara “inside-out”, d.h. die Teigtaschen schwimmen nicht in der Sauce, sondern die Sauce befindet sich in den Teigtaschen. Dazu gibt es die römische Version von Pancetta, eine Zucchini- Brunoise und etwas Olivenöl in Spitzenqualität. Das ist alles ganz hervorragend!

Auf der Haut kross gebratene Rotbarbe mit Spinatcreme, Zitronengel und marinierten Rosinen

Sehr gute Fischqualität noch dazu perfekt gegart – die Haut schön kross, aber das Fischfilet saftig.

Hummer mit pikanter Kruste auf Mandelcreme mit in Eisenkraut und türkischer Rose marinierten Kirschen
Alternative zum Hummer: Kalbsfilet mit Mangold, Stangensellerie und auf Rindsfond basierender Sauce

Am Tisch wurde noch das Kalbsfett vom Braten mit zwei Tropfen Mandarinen-Öl vermischt und mit flüssigem Stickstoff aufgegossen. Die resultierenden weissen Flocken wurden dann über das Gericht verteilt. Das Kalbsfilet war auf den Punkt gegart und somit sehr schmackhaft, die Sauce phantastisch intensiv. Kein Tropfen davon ging mehr zurück in die Küche.

Lammkeule mit Ziegenkäse, Zucchini und Romanesco

Auch das Lammfleisch war von bester Qualität und perfekt zubereitet.

Zum Hauptgang bat ich den Sommelier um ein Glas Rotwein, welches er für mich auswählen konnte. Der Ornellaia Le Serre Nuove 2016, den er dann für mich auswählte, passte sehr gut zum Lamm.

Italienische Käse vom Waagen
Variation von Kokosnuss, Bananen und Limetten

Dieses Dessert war in Bezug auf Kokos und Bananen gut ausbalanciert. Unten am Boden befand sich eine Art Limetten-Cake, den man erst spät entdeckt und welcher überraschend zitronisch sauer war und somit einen Kontrast zum Abschluss im Vergleich zu den übrigen Komponenten bot.

Gleichzeitig wurde eine als Schokoladenturm bezeichnete Auswahl an Mignardises serviert.

Eine breite Auswahl an neun Schokoladen-Petitessen in allen Facetten: schokoladig, nussig, cremig, fluffig, knackig, fruchtig, würzig
Ricotta-Creme mit Marzipan, Weichem von der Pistazie und Sorbet von kandierten Orangen

Auch hier wieder eine Spielerei mit flüssigem Stickstoff. Die Späne auf dem dunklen runden Blatt wurden am Tisch aus Orangenfilets hergestellt und gaben geschmolzen im Mund ein intensives Orangenaroma frei.

Das Dessert ist wohl sizilianisch inspiriert, worauf Ricotta, Orangen und Marzipan hindeuten.

Dieses Dessert gefiel uns besser als das erste.

Nach dem Bezahlen der Rechnung offerierte uns der Sommelier, mit dem ich während des Essens einige interessante Gespräche hatte, noch einen Grappa oder anderen Digestiv. Ich sagte, dass ich die harten Spirituosen eher nicht so mag und eher ein Rotweintyp sei. Kurze Zeit später kam er mit einem Glas zurück und füllte es mit einem Amarone – eine sehr nette Geste, zumal wir uns vorher über das Valpolicella unterhalten hatten.

Fazit

Ein gelungener Abend mit wohlschmeckendem Essen. Im La Pergola serviert man eine leichte, in den meisten Fällen wohl ausbalancierte Küche. Sie ist im Vergleich zu einigen anderen italienischen Spitzenrestaurants bodenständig und kommt ohne viel ChiChi aus. Genau wie wir es eigentlich bevorzugen.