Auberge de l’Ill Illhäusern

Vive la tradition!

Mittagessen

Besucht am 09.07.2020

Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Normalerweise gebe ich meinen Berichten ausser dem Namen des Restaurants keine Überschriften – heute musste es sein.

Wir haben ein über weite Strecken grandioses Mittagessen in der Auberge de l’Ill erlebt.

Dies war mein vierter Besuch hier, wie man an der Liste der Restaurantbesuche ablesen kann. Der letzte Besuch war 2008, ist also schon eine Weile her. Inzwischen hat sich hier viel verändert. Das Restaurant wurde renoviert, hat seinen dritten Michelin Macaron nach über 50 Jahren verloren und “Dank” Covid 19 gibt es keinen Käsewagen mehr. Alles nicht so wichtig, wenn der Geschmack auf dem Teller stimmt. Und er stimmte über sehr weite Strecken dieses Nachmittags.

Über die Atmosphäre an diesem Ort und die Gastfreundschaft der ganzen Equipe muss man keine Worte verlieren. Diese zählen zur Spitze dessen, was möglich ist.

Wir entschieden uns zu zweit für das Menü Tradition mit zwei Änderungen: Ein Lachs-Soufflé wurde durch die Froschschenkel-Mousseline ersetzt und ein Dessert durch den berühmten Pêche Haeberlin, den ich hier noch nie gegessen habe.

Ferner orderten wir eine ganze und eine halbe Weinbegleitung (für den Fahrer).

Den Aperitif mit den Amuse-Bouches nahmen wir bei wunderschönstem Wetter draussen auf der Terasse am Ufer der Ill.

Presskopf mit Aal und Kräutergelee, Zwiebel-Tartelette

Dem Presskopf fehlte Salz und/oder Säure, die Zwiebel-Tartelette schmeckte intensiv nach Zwiebel – nicht mehr und nicht weniger.

Wir nahmen zum Aperitif einen trockenen Muskat von Josmeyer aus dem Elsass 2018. Gut.
Wenig später nahmen wir im mittleren Raum des Restaurants nahe der Glaszylinderwand Platz.
Ein weiterer Gruss aus der Küche wurde gereicht.

Frittierter Karpfen, Karpfenmousse, Mayonnaise, Sauerampfer-Velouté

Dies war gut, besser als die Amuse-Bouches. Die Velouté war mild, Säure kam durch Limettenzugabe in der Mayonnaise dazu. Das frittierte Stück Karpfen war warm und knusprig.

Sehr gutes warmes Olivenbrot

Dazu wurden gute gesalzene und ungesalzene Butter gereicht.

Gänsestopfleber mit Holunderblütengelee, lauwarmer kleiner Hefegugelhupf, Kirschenkompott und eingelegte Kirschen
Weinbegleitung: Pinot Gris Trimbach 2013 aus Ribeauvillé

Diese Gänsestopfleber war so gut wie eine in dieser klassischen Zubereitung sein kann. Gutes Produkt, gute Zubereitung, klassische Komposition mit Kompott für die Säure und Brioche als Gegenpart zur Gänseleber. Nicht sehr spannend. Das Beste an diesem Gang war die Weinbegleitung. Dieser gealterte Pinot Gris hat uns wirklich begeistert.

Aber nun ging es los!


Lachs-Soufflé „Auberge de l’Ill“, Blätterteig-Fleuron, Tomaten Concassée, Riesling-Sauce
Weinbegleitung: Saint Auban En Remilly Lamy 2015

Sehr guter Lachs auf den Punkt in der Hechtfarce gegart, dazu der Blätterteig als Texturspiel und Tomaten für die Säure und das Ganze in einer hervorragenden Riesling-Sauce.

Wer jetzt dachte, es ginge nicht besser, wurde eines Besseren belehrt.

Froschschenkel-Mousseline auf Spinat mit Riesling-Sauce

Die Froschschenkel-Mousseline setzte noch einen drauf.

Im Prinzip ist dieses Gericht ähnlich wie der soufflierte Lachs, aber doch etwas anders und noch besser. Die Farce wird aus Froschschenkelfleisch bereitet und ist innen mit Stücken Froschschenkelfleisch gefüllt. Hier kommt wiederum eine Riesling-Sauce zum Einsatz, die sehr gut dazu passt. Grossartig macht das Gericht der Spinat, der einen Geschmack hinzufügt, der sehr gut im Wechselspiel mit dem “Schäumchen” harmoniert. Eine kleine Portion Tomaten-Concassée oben drauf setzt einen Farbkontrast.

Bild der Füllung
Tauben-Tournedo mit Kohl, Gänseleber und Trüffeln, Sellerie-Kartoffel Gnocchi, Sauce Périgord
Weinbegleitung: Chateau Fourcas Dupré Listrac-Medoc 2000

Und noch ein Gericht aus dem Gourmet-Schlaraffenland: Ich bin sonst nicht so ein Freund der Taube, aber das hier lasse ich mir gefallen. Ein in eine Farce und Wirsingkohl-Blatt eingerolltes perfekt gegartes Stück Taubenbrust mit durch eine Trüffelscheibe separiertem Stück Foie Gras auf toller Sauce. Auch sehr gut und etwas überraschend im Geschmack war der gebräunte Sellerie-Kartoffel- Gnocchi. Wir stimmen mit dem Maître de Hôtel überein, dass eine entscheidende Komponente hier das Kohlblatt ist. Ohne dieses würde es nicht so gut schmecken. Dazu wurde ein sehr guter reifer Wein serviert!

Nun folgten die Desserts.

Lauwarmer Schokoladenstrudel “Grand Cru Mokaya”, karamellisierte Mangos, Vanille Eiscrème
Weinbegleitung: Maury Vin Doux Naturel Domaine Poderoux 2012

Ein sehr gutes Dessert: der mit Zucker bedeckte Strudelteig barg halbflüssige Schokolade Mexikanischer Provenienz in sich. Die karamellisierten Mango-Würfel mit Passionsfruchtnoten sorgten für den fruchtigen Aspekt. Dazu ein hervorragendes Vanille-Eis, bei dem man die Qualität der Tahiti-Vanille wirklich schmeckte.

Pêche Haeberlin – Pochierter Pfirsich, Champagner Sabayon, Pistazien Eiscrème
Weinbegleitung: Muscat de Rivesaltes Delmas 2015

Der Auberge Dessert-Klassiker schlechthin. Laut Kochbuch “Meisterküche im Elsass” von 1981 bereits damals 400’000-Mal verkauft. Ich kann verstehen warum. Der pochierte Pfirsich, der Champagner- Sabayon und das Pistazieneis sind einfach eine himmlische Kombination. So muss Dessert für meinen Geschmack sein. Keine bitter-, sauer- oder herzhaft-Aromen – einfach nur süsse Glückseligkeit.

Mignardises von rechts nach links: Sesam-Cracker, Pistazienmacaron, Blaubeer-Tartelett, Weichkaramell in weisser Schokolade mit Pistazie und Cranberry, Schokoladen-Trüffel

Alle ganz gut mit dem Macaron und Trüffel als Highlight.

Hinterher gab es noch ein Glas Chateaux Peyrat-Fourthon Haut-Médoc 2009 und einen Mirabellen- Schnaps.

Aprés-Dessert wiederum draussen: Eis-Schokolade mit Vanille

Danielle Baumann-Haeberlin kam noch vorbei und erkundigte sich nach unserem Befinden – sehr nett. Wir hatten dann ein interessantes Gespräch mit Marc Haeberlin, der herauskam, da ich um eine Widmung in dem weiter oben schon erwähnten Kochbuch gebeten hatte, welches ich dabeihatte.

Wir waren insgesamt knapp 4 Stunden im Restaurant und fühlten uns nach dem Mittagessen nicht übervoll.

Fazit

Das Menü Tradition fasst Klassiker des Hauses zusammen, die hier schon seit Jahrzehnten serviert werden. Dafür sind wir hergekommen. Und es hat sich gelohnt. Viele der Teller sind vielleicht weniger spektakulär auf Instagram anzusehen, aber es schmeckt vorzüglich. Ich muss schon zugeben, dass ich ein Fan der klassischen, französischen Küche bin und mit Pipette und Pinzette angerichteten Tellern weniger anfangen kann.

Lobend zu erwähnen ist auch, dass die Weinbegleitung sehr gut und bestens auf die Gerichte abgestimmt war.

Wir haben viel Gründe wiederzukommen.

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