skin’s Lenzburg

Besucht: Im März 2023
Abendessen
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Bis Ende letzten Jahres war der Kanton Aargau kulinarisches Niemandsland, nimmt man die Verteilung von Michelin-Macarons als Massstab. Das änderte sich aber mit der Bekanntmachung der Michelin-Bewertungen für 2023. Es gibt jetzt ein Restaurant mit einem Macaron und ein weiteres mit zwei Macarons. Dieses ist das Skin’s. Das Restaurant ist Teil einer Hautklinik, daher auch der Name. Mittags wird für Mitarbeiter und Gäste gekocht, abends ist Fine Dining angesagt.
Das Restaurant ist meinem Schweizer Wohnort mit ca. 20 Kilometern Entfernung am nächsten. Ich hatte kurzfristig mit zwei Tagen Vorlauf gebucht. Das Restaurant war mit wenigen besetzten Tischen auch relativ leer, was aber die Ausnahme zu sein scheint, wie das Buchungstool zeigt.
Innen drin ist das Design eher reduziert. Wie auf dem Moodbild zu sehen ist, dominieren dunkle Farben. Tischtücher gibt es nicht. Immerhin werden mundgeblasene Zalto-Gläser für die Getränke benutzt. Ein Blick in die offene Küche ist möglich. Man ist entspannt und fühlt sich wohl.
Zur Auswahl stehen ein 5- und ein 7-gängiges Menü. Ich entschied mich für fünf Gänge und liess den Fleischgang Taube und den Käse weg. Auch bei den Getränken hat man die Auswahl zwischen alkoholischer und nicht-alkoholischer Begleitung. Nach einem Glas Weisswein vom Bruder von Markus Molitor nahm ich für die nächsten Gänge nicht-alkoholische Begleiter.

Amuses

Von links nach rechts: Bachsaibling, Pulled Porc und Karotte

Bei den vom Küchenchef persönlich erklärten Kleinigkeiten vorweg wird ein bisschen mit der Zugehörigkeit des Restaurants gespielt. Einerseits Hautklinik, deshalb sind der Bachsaibling und das Pulled Pork auf/mit knuspriger Haut der Hauptzutaten angerichtet. Andererseits mit dem Ort im “Rüebli-Kanton” Aargau, in dem sich das Restaurant befindet.
Im Einzelnen war es:
knusprige Haut vom Bachsaibling, gebeiztes Bachsaibling-Filet, Tom kha gai und Wasabi- Crème
Tartelette mit Pulled Pork, Sushi-Crème, gepuffter Schweineschwarte und Kräutern
Karotte mit Kardamom-Kräuter-Crème
Alle drei Kleinigkeiten waren sehr gut, das Pulled Pork gefiel mir besonders.

PLUNDER – NUSSBUTTER

Sehr wohlschmeckendes Brot mit Wechselspiel zwischen süss und salzig

ROTE BEETE

Als finales Amuse Bouche wurde diese rote Beete (Randen) Variation serviert. So unspektakulär es aussieht, das war ein exzellentes kleines vegetarisches Gericht. Das erste Bild zeigt die rote Beete nach der 4-stündigen Vorbehandlung in der Hitze. Ob dies im Ofen oder im Green Egg in der Küche passiert, mag ich mich nicht mehr erinnern. Jedenfalls ist die Beete hinterher aussenrum schwarz, wird geschält und dann das Innere weiterverarbeitet. Der Geschmack der Beete verliert etwas ihre Erdigkeit und gewinnt an Süsse.
Auf dem zum Tisch gebrachten Teller befindet sich zuerst ein rote Beete Tatar bedeckt mit rote Beete Gelee, Petersilien- und roter Pfeffer-Crèmes, gepickelter Beete und Zwiebeln. Angegossen wird dann ein Sud aus rote Beete-Saft, Buttermilch und Lorbeer-Öl. Diesen Sud fand ich nicht weniger als sensationell, hatte er doch einen Wohlgeschmack, der mich fast an Fleischbrühe erinnerte.

RING OF ZEN
BONITO – SHISO – BBQ AAL
Weinbegleitung: WEINGUT MOLITOR, PINOT BLANC „THRONJE“ 2020

Der als “Vorspeise” titulierte erste Gang bestand aus einer als Ring geformten Bonito-Crème, in deren Mitte sich Gurken- und Daikon-Rettich-Kugeln befanden. Auf dem Ring gab es Stücke vom geräucherten BBQ-Aal, dekoriert mit Shiso-Gel, Daikon-Scheiben und Kresse. Der Ring wurde am Tisch mit einem Shiso-Apfelsud gefüllt. Dieses Gericht vereinte tolle Aromen – Meer, Rauch, Garten, Säure, Frische.

KÖNIGIN DER TIEFSEE
CARABINERO – JALAPENO – BLUMENKOHL
Getränkebegleitung: ROOIBOS & HAGENBUTTE

In 800 Meter Tiefe vor Portugal gefangener Carabinero war schonend in Krustentierbutter konfiert worden, was eine sehr angenehme, weiche, aber nicht schleimige Textur ergab und den eigentypischen Geschmack erhalten half. Frittierte Blumenkohlstücke waren um einen milden Jalapeño-Schaum angeordnet und durch kandierte Macadamiastücke, Kohlrabischeiben und Lack vom Kopf getrennt. Ein reduzierter Krustentiersud wurde angegossen. Perfekte Zubereitung aller Komponenten, Süsse des Krustentiers, Jalapeño als Kontrapunkt und etwas Knusprigkeit durch den Blumenkohl ergänzten sich hier ideal. Ein sehr gutes Gericht. Die Getränkebegleitung bestand aus kaltem Rooibostee mit Hagebutten-Mark.

MEERESGLEITER
ROCHEN – MEERRETTICH – BEURRE BLANC
Getränkebegleitung: SALZZITRONEN SODA

Bedenkt man einmal, dass wir uns hier in einer Kleinstadt im Aargau befinden, ist Rochen doch für lokale Gäste eine recht spezielle Zutat, was Kevin Romes auch bestätigte. Rochen war eine meine ersten kulinarischen Erfahrungen in der Schwarzwaldstube bei Harald Wohlfahrt und ich hatte es zum letzten Mal im Le Bernadin 2019.

Hier kam er auf dem Foto nicht erkennbar auf zwei Schichten, Foccaccia mit Meerrettichrahm, Broccoli mit Austernsauce. Obenauf befanden sich noch CousCous Crunch und Riesling-Gel. Eine schaumige Kerbel-Beurre Blanc fungierte als verbindendes Element. Das Flügelstück war perfekt gegart, die Aromen passten zueinander. Nicht weniger als sehr gut. Bei der Getränkebegleitung aus einem Sirup von der Salzzitrone, Verjus und Soda warnte man vor dem Salzgehalt, trinkt man es allein und nicht dazu. Empfand ich gar nicht so.

TRUMPET ROYALE
KRÄUTERSAITLING – UMAMI – LAUCHGEWÄCHSE
Getränkebegleitung: SCHNITTLAUCH & MOLKE

Als abschliessender Gang vor dem Dessert-Teil kam dieser vegetarische Gang. Prägnant auf dem Teller sind natürlich der japanische Eierstichring und die dicke Scheibe Pilz. Der Kräuterseitling wurde in einem Pilzfond gegart und anschliessend im Green Egg geräuchert. Er befand sich auf einem Lauchbeet im Inneren des Rings. Auf dem Ring befanden sich noch Kohlrabischeiben mit Crème aus fermentiertem und deshalb schwarzem Knoblauch. Ein Pilztee und japanischen Kujo-Öl vervollständigten diesen Menügang. Durch seine Herzhaftigkeit (Umami) war diese Zubereitung ein schöner Ersatz für einen Fleischgang. Es hat mir sehr gut geschmeckt. Das Lauchthema wurde mit Lauchöl in der Getränkebegleitung wieder aufgegriffen und passte gut dazu.

Pré-Dessert

KOPFSALAT – WALNUSS – BIRNE

Nun folgte der erste Auftritt des Patissiers. Nach einem Abgang auf diesem Küchenposten kurz nach der Eröffnung, konnte man Herrn Beesten inklusive Beratung durch einen der bekanntesten Patissiers im Deutsch-sprachigen Raum, Herrn Christian Hümbs, gewinnen.
Das Pré-Dessert hatte Kopfsalat zum Thema. Dieser wurde in drei Zubereitungen verarbeitet: Kopfsalatsorbet, knackiges Kopfsalatblatt mit säuerlicher Vinaigrette und in separatem Glas als Getränkebegleitung ein Sud aus zwei Wochen lang eingelegtem Kopfsalat, sodass sich durch die Fermentation etwas Säure entwickelt hatte, mit Petersilienöl.
Die Kombination mit Walnusscrème, Walnussbiskuit, Birnenkompott und Birnen-Mus machten aus dieser Kombination nicht weniger als ein grossartiges Pré-Dessert.

STRAUCH UND BEERE
PIEMONTESER HASELNUSS – JOHANNISBEERE
Getränkebegleitung: CASSIS & BERGPFEFFER

Anschliessend gab es das Hauptdessert: Eine “Riesen-Nocke” aufgebaut aus Johannisbeergelee umhüllt von Haselnussmousse auf Nougat. Aussen war es umhüllt von Schokolade. Dazu wurde ein Johannisbeer-Strauch-Sud angegossen. In einem Becher à part gab es noch ein Johannisbeer-Granité mit Haselnussrahm. Ich mag ja gefüllte Sphären wie diese zum Dessert und diese war auch sehr gut. Es konnte aber nicht ganz mit dem Wow- Effekt des Pré-Desserts mithalten. Im dazu servierten Cassis-Saft mit tasmanischem Bergpfeffer war die Pfeffernote kaum wahrnehmbar.

Schokoladen-Lavacake mit Vanille-Eiscrème

Ein etwas anderer Start in die Mignardises, den man schwierig mit nach Hause nehmen kann. Nicht spektakulär aber gut.

PETIT FOURS
Himbeeressig – Dunkle Schokoladenpraline
Pistazien-Macaron
Tarte au citron mit Meringue und Yuzu

Der Pistazien-Macaron konnte mich nicht überzeugen. Ketzerisch gesagt, sind oft die von Sprüngli käuflich zu erwerbenden Luxemburgerli besser als die selbst hergestellten in den Restaurants. Mein Favorit war die Tarte au citron. Die Praline schmeckte gut.

Fazit

Hier wird mutig gekocht. Die Reduktion im Gastraum setzt sich auf dem Teller in positiver Weise fort. Wer dahinter blickt, realisiert, dass es trotzdem sehr aufwendig ist, dieses hohe Niveau zu liefern. Das junge Team um Kevin Romes arbeitet konzentriert in der Küche. Gut, dass die einzelnen Gänge oft von den Köchen serviert werden. Den Service empfand ich als souverän und freundlich. Die Michelin-Bewertung halte ich für verdient. Ich komme wieder, sobald sich das Menü vollständig geändert hat. Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem komplett umgestellt wird. Dies geschieht laufend. Die Köche und ich freuen uns schon auf die Produkte des Frühjahrs.

Website des Restaurants: Skin’s – the restaurant

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Nagaya Düsseldorf

Besucht im Oktober 2022
Mittagessen
Bewertung: Ein Michelin Macaron

Als Abschluss meines Besuchs in Düsseldorf hatte ich ein Mittagessen im Nagaya geplant. Dies war dieses Jahr schon mein zweiter Besuch hier. Punkt zwölf fuhr die Jalousie am Eingang nach oben und man konnte eintreten. Diesmal hatte ich einen Tisch im vorderen Bereich des Restaurants. Das Restaurant war an diesem Mittag nicht sehr ausgebucht. Der Restaurantleiter Herr Däubler sagte, dass es sehr unterschiedlich sei, seit dem Beginn der Home-Office Zeiten generell eher weniger Leute in der Stadt arbeiteten und man dies im Restaurant speziell zu Mittag auch zu spüren bekomme.

Nachdem die Getränkefrage geklärt war, kam sogleich auch ein Amuse Bouche (ohne Bild).

Dieses bestand aus einem Quader aus Ebi-Schinjo = Shrimp-Farce mit Edamame, frittiertem Lotuswurzel-Chip, Spinatchip, Lemon –Vinaigrette, etwas Kresse und einem Tupfen Selleriecrème. Ein sehr guter Einstieg.

Sashimi von der japanischen Dorade, Gurke, Blutampfer, Crumble aus schwarzem Sesam und Nouri-Alge, Zitronenöl, Yuzu-Sud
Weinbegleitung: Sake Isojiman Omachi Tokubetsu Junmai 53, mittlere Politur, mit Melonen und Brombeeraromen

Herrlich frischer Fisch mit Gurke als zurückhaltender Begleiter und einem sehr guten Sud.

Hamachi, Radieschen-Julienne und –scheiben, Bohnenkresse, Daikon-Würfelchen, Ponzu-Sud mit Petersilien- und Schnittlauchöl

Auch hier wieder zwei Komponenten: Gelbschwanzmakrele von hervorragender Qualität mit passender Rettich-Variation als Scheiben, Julienne und kleine Würfel. Dazu der am Tisch angegossene Sud. Man sieht auch hier wieder, wie Gerichte durch Reduktion aber hoher Qualität und Frische der Zutaten gewinnen. Stäbchen sind leider ungeeignet, um die Flüssigkeiten in grösserer Menge aufzunehmen. Das ist ob der Qualität der Zubereitungen manchmal etwas schade, weil ein Grossteil in die Küche zurückgeht.

Konfierte Lemonsole (Scholle) Ginkonüsse, japanische Pilze, Meeresalgen, Turm aus Sternen vom Daikon, gelber Karotte und roter Beete, Dashi mit Krabbenfleisch

Auf separatem Teller gebackener Tofu und anago (Salzwasseraal; merke nicht unagi, welches der Frischwasseraal ist) eingewickelt in Daikon und auf Miso-Yuzu-Gel, Shisoblüten

Sieht auf dem Foto etwas komisch aus, speziell mit dem gezupften Fleisch im Dashi, war aber ganz hervorragend. Dashi wurde am Tisch aus Karaffe angegossen. Die auf separatem Teller gereichte Rolle konnte eigentlich nur in einem Stück gegessen werden. Beeindruckend fand ich das kleine Türmchen aus zu Sternen geschnittenen dünnen Scheiben aus Karotte, Rettich und Beete. Leider gibt dies kein Foto so gut wieder wie es war.

Sushi: Akami (magerer Thunfischrücken, schottischer Lachs, Hamachi, House-Roll mit eben diesen Fischen umwickelt mit Daikon und Alge, Rogen, Sesam, Ingwer, Wasabi, Sojasauce mit Gemüsebrühe
Weinbegleitung: Domaine de l’A Derenoncourt Vignerons 2006 Bordeaux, Frankreich

Nun kamen wir schon zum letzten Gang, der mit Hilfe von Essstäbchen gegessen wurde. Wie immer hier wurde eine Variation von Sushi angeboten. Alles stimmte hier Fischqualitäten, Temperatur, Säure und Körnigkeit vom Reis, Qualität der begleitenden Aromaten, d.h. eingemachter Ingwer, Wasabi, Sojasaucen-Zubereitung. Der gereifte Bordeaux-Wein passte gut dazu.

Charolais Rinderfilet mit Maitake-Jus, Rolle aus Topinamburwurzel gefüllt mit Wagyu, Enden mit schwarzem Sesam, Maitakepilz, Kartoffel-Espuma, Buchweizencracker

Fleisch und Jus waren über jeden Zweifel erhaben. Alle Komponenten insgesamt zu kalt. Pilz und Topinambur zu lange gegart und dadurch Gummiartige Konsistenz. Jus habe ich wieder Mal ausgelöffelt…, was ich auch konnte, habe ich mir zu diesem Gang doch einen Gourmetlöffel zusätzlich geben lassen.

Schokoladeneis umgeben von Kürbisschaum, Salzflocken, Karottenblatt (im Glas!), Kakaoblätter und Reiskugeln

Tolles der Saison angepasstes Dessert in Präsentation und Geschmack. Man beachte, dass sich eins von den Blättern im Glas befand und auch essbar war.

Fazit

Mag man japanische Küche höchster Finesse, führt eigentlich kein Weg am Nagaya in Düsseldorf vorbei. Das Mittagmenü besteht neben Sashimi und Sushi in hoher Qualität aus einem warmen Fischgang, hier Scholle und einem Hauptgang mit Fleisch, der eher französisch daherkommt. Beim definieren der Stichworte zu diesem Bericht fiel mir auf, wieviele unterschiedliche Zutaten und Zubereitungstechniken bei diesem kurzen Mittagessen verwendet wurden. Dies ist wirklich beeindruckend. Bis auf kleine Schwächen beim Hauptgang hat mir das Essen sehr gefallen. Dazu trägt auch der entspannte Service bei. Zeitmanagement ist ebenfalls sehr gut.

Webseite des Restaurants: NAGAYA Düsseldorf

Hiermit findet die Berichtsserie Kulinarisches Düsseldorf ein Ende.

Restaurant Tim Raue Berlin

Mittagessen
Besucht im August 2022
Bewertung: 2 Michelin Macarons, Platz 26 The World Best 50 Restaurants

Vor einigen Jahren war ich schon einmal zum Mittagessen bei Tim Raue und es hatte mir gut gefallen. Anlässlich der Feier unseres Hochzeitstages war es an der Zeit, sich wieder Mal einen Überblick zu beschaffen, wie die Küche hier gegenwärtig so ist und vor allen Dingen zu geniessen.

Neben der Auszeichnung mit zwei Michelin Macarons ist das Restaurant auch als zweitbester Deutscher Vertreter auf Platz 26 der World Best 50 Restaurants Liste, kurz Pellegrino-Liste geführt. Über diese Liste mag man denken, wie man will. Allerdings scheint sie unter Gastronomen ganz beliebt zu sein, machen die Herausgeber der Liste doch gutes Marketing, was dann noch mehr internationale Gäste anzieht.

Zum Lunch kann man sowohl die Menüs bestellen, die hier auch abends serviert werden, als sich auch für ein Mittagsmenü in 4 bis 9 Gängen entscheiden, dass es in einer Omnivoren- und einer veganen Version gibt. Die Signaturgerichte Peking-Ente oder der Wasabi-Kaisergranat können gegen Aufpreis als Ersatz oder zusätzlich bestellt werden.
Auf der Lunch-Menü-Karte stehen 9 Gerichte und bis auf das Kimchi hatten wir 8 davon.

Beim Wein nahm ich ein Glas Weisswein und zum Hauptgang ein Glas Rotwein aus der Weinbegleitung. Meine Frau trank zwei interessante Limonaden. Die Beschränkung bei den Getränken hatte ihre Ursache in einer Abendreservation im Coda Dessert Dining, in dem ja zu jedem Gang ein passender alkoholischer Begleiter serviert wird.

Apéro

Von links im Uhrzeigersinn:
Grapefruit & Timutpfeffer-Meringue
Edamame & Erbse mit Limettenöl
Grüner Curry-Marshmallow, Kokosnuss & Peruanische Minze
Senfkohl, Senfdressing & Crème Fraîche
Karamellisierte Chinesische Walnuss
Sichuan Schweinebauch
Pulpo Holzkohle-Aioli & Yuzu oder Honigtomate mit Passionsfruchtgel
In der Mitte: Fischsud, Staudensellerie & Mandarinensaft oder Tomaten Kimchi Sud

Sehr gute und Abwechslungsreiche Zusammenstellung von Kleinigkeiten vorweg. Alle Grundgeschmacksrichtungen plus Schärfe waren vertreten.
Uns hat der Schweinebauch am besten gefallen.

Zum Vergleich Bild von der Webseite des Restaurants

Alternative zum Pulpo Holzkohle-Aioli & Yuzu: Honigtomate mit Passionsfruchtgel

dim sum “ente à l’orange“, kumquat & kürbis

Gehacktes Fleisch von der Pekingentenkeule mit five spice, Salat vom Kürbis, Kumquat & Kalamansi, cremiger Schaum von Entenbrühe & Steinpilzpulver, Sud von Ente & Orange, Koriander, rotes Pepperoni-Chili-Öl

Wir haben die Frische-Koriander-Diskussion mit dem Restaurant im Vorwege geführt – und uns trotzdem für Gerichte entschieden, die Koriander enthielten. Wenn dieser so gut in die Gerichte eingebunden ist wie hier, ist es wirklich kein Problem. Die Dekoration kann man bei Seite räumen. Dieser Dim Sum im Nudelteig war ganz hervorragend. Reichlich Umami durch Füllung und Flüssigzubereitungen vorhanden und dazu der ideal passende fruchtige Salat oben auf jeder Teigtasche.

dim sum „har gau, krustentiere & bambus“
Weinbegleitung: 2021 Nanami Sauvignon Blanc trocken Exklusivabfüllung für Tim Raue Jochen Dreissigacker

Dim Sum vom Krustentier mit Bambuspilz, frischem Bambus, Krustentiersud, Krustentiermayonnaise, Mandarinenschale
Auch diese völlig anderen Dim Sum waren ganz hervorragend: Die mit einem Netz eingewickelte und gedämpfte delikate Krustentierfarce war mit einer weichen Scheibe Bambuswurzel, Krustentiermayonnaise und Mandarinenschale bedeckt. Im Teller befand sich noch reichlich Krustentiersud. Sehr lecker.

makrele, shiso & ponzu

Geflämmtes Sashimi von der Makrele, Topinamburcrème & -chips, grünes Thai Chili-Gel, Gurkenkugeln, Shiso-Ponzu-Sud, frischer Shiso

Fantastische Fischqualität nicht ganz roh, weil leicht angeflämmt, gesellte sich hier zu interessanten Begleitern wie oben aufgeführt. Speziell der Shiso-Ponzu-Sud half durch sein Umami beim Aufbau einer typisch Japanischen Aromenwelt. Hat mir sehr gefallen. Shiso sind die grünen Blätter, ein Japanisches Kräutergewächs aus der Minzfamilie.

ikarimi lachs, tomate, anis

In Öl konfiertes Ikarimi Lachsfilet, gebutterter Sud von Tomatensaft & Marukan Reisessig, Kompott von Tomate & Sternanis und grünem Anis, Süsskartoffelpüree
Der Lachs war fantastisch und konnte durchaus mit meiner Lachsreferenz mithalten, dem aus dem Le Bernadin in New York.

Ikarimi-Lachs ist eine japanische Edel-Lachszubereitung und für seine feste Konsistenz, Geruchlosigkeit und intensive Farbe bekannt.
Marukan ist ein Essighersteller.

saté huhn, mango & erdnuss

Maishuhnkeule mit Reiswein mariniert & gegrillt, Sud von Erdnüssen & Butter, Erdnusscrème, Mango & Gurke und rote Zwiebeln mit Nuoc Mam Sud & fette Henne
Sehr guter Saté-Spiess mit Erdnusscrème und einem Sud von ebendiesen. Ich hatte fast den Eindruck, dass hier auch ein wenig Koriander verarbeitet wurde, war aber wohl Zitronengras. Nuoc Mam ist eine Vietnamesische fermentierte Fischsauce und ist auf dem Bild als oranger Spiegel auf dem rechten Teller innerhalb der roten marinierten Zwiebelringe zu sehen. Fette Henne ist eine Pflanze und auch unter dem Namen Mauerpfeffer bekannt.

kalb, soja, apfel
Weinbegleitung: 2015 Le Sid Cahors Cosse-Maisonneuve Sud-Ouest

Erbsenpüree, Salat von Apfel-Ingwer, Sojasprosse-Staudensellerie-Zuckerschote und Jalapeño, Shiso, gerösteter schwarzer Quinoa, Kamebishi Soja Jus, Gelee vom Calville-Apfel
Fantastisch gegartes Kalbfleisch, welches sehr an geschmorte Kalbsbacke erinnerte und unter Zuhilfenahme der Gabel allein gegessen werden konnte. Dazu eine sehr intensive Sojasauce mit ordentlich Schärfe und der geröstete Quinoa für den Crunch.

Interessanter Salat: Die einzelnen Zutaten waren als Art Julienne ausgeführt, die in der Rolle eingewickelt waren. Erfrischendes Apfelgel als Kontrapunkt zur Schärfe der Sauce.
Einziger Wermutstropfen: Zwar gut schmeckendes Erbsenpürée, welches aber schon einige Zeit auf dem Teller verweilte, was an der Hautbildung zu erkennen war. Ich denke nicht, dass dies so gewollt war.

Kamebishi ist ein Japanischer Sojasauen-Hersteller. Der Geschmack seiner Soja-Sauce soll extrem intensiv, die Salzigkeit abgemildert sein und der Gesamtgeschmack an Balsamico-Essig erinnern.
Calville ist ein heute selten in Geschäften zu findender Apfel, der im 19. Jahrhundert als Tafelapfel sehr populär war.

nam dok mango, limette & reis

Cremeux, Gel & frische Nam Dok Mango, Kaffirlimetten-Sorbet, Kopfsalat & Gurkensud, Crème & Eis und Chips von geröstetem Reis, Sedum in Vanille-Zitronengrasöl
Extrem gut schmeckendes fruchtiges Dessert. Die Mango-Streifen machten fast einen nicht ganz reifen Eindruck. Die Kombination der verschiedenen Aromen war aber stimmig, der Sud passte sehr gut dazu. Sedum ist gleich fette Henne.

pekannuss, birne, andoa schokolade

Sphäre aus Pekannuss & Andoa Schokolade, von der “early desire” Birne: Birnen Zitrus Sud & Birnen-Rahmeis, eingelegte Birne, anapurna Karamell Chip
Dieses Dessert bediente mehr das schokoladig-nussige Genussspektrum. Die Birne passte sehr gut dazu. Die Sphäre mit ihrer Füllung in zwei verschiedenen Konsistenzen war schlicht sehr lecker.

Oben: Trüffel von weisser Schokolade und Basilikum links: Melone mit Zitrus-Gel
rechts: Fruchtgel mit Anis

Es gehört schon viel Chuzpe dazu, ein Gemälde in einem Restaurant aufzuhängen, welches eine, nun ja, Müllkippe zeigt. Zum Schmunzeln. Ansonsten hängt und steht aber geschmackvolle Kunst im Restaurant.

Fazit

Auf der Homepage des Restaurants steht: “AM ENDE GEHT ES DOCH EINFACH DARUM, DEN TELLER ABLECKEN ZU WOLLEN”. Dieses Bedürfnis hatten wir bei einigen Tellern, nicht bei allen. Wir haben uns zurückgehalten. Man kann aber schon wahnsinnig gut hier essen. Die Küchenleistung ist für mich absolut zufriedenstellend. Ein paar Worte noch zum Drumherum. Sowohl zum Apéro als auch zu den Gerichten des Lunchmenüs werden Karten mit ausführlicher Beschreibung ausgehändigt, was das Mitschreiben während der Präsentation für jemanden mit mehr Informationsbedarf überflüssig macht. Das fand ich sehr gut.

Website des Restaurants: Restaurant TIM RAUE