Memories Bad Ragaz

Besucht: Mai 2023
Abendessen
Bewertung: Drei Michelin Macarons

Als die Michelin-Bewertungen für die Schweiz 2023 bekannt gegeben wurden, war bestimmt nicht jedem klar, das zum bisher bekannten Dreigestirn Schloss Schauenstein, Cheval Blanc (Basel) und Hotel de Ville (Crissier) ein neues Restaurant in dieser Liga hinzukommen würde. Und selbst bei denjenigen, die dies gehofft hatten, hatte nicht jeder das Restaurant Memories in Bad Ragaz auf der Rechnung, in dem Sven Wassmer und sein Team kochen.

Es gibt im Deutschsprachigen Raum schon einen Bericht von Anfang des Jahres, der den Eindruck transportiert, dass hier alles ziemlich perfekt ist. Der Verfasser war sogar an zwei aufeinanderfolgenden Abenden im Restaurant.

Das Restaurant befindet sich im Grand Resort Bad Ragaz, einem ziemlich opulenten und weitläufigen Hotelkomplex. Alleine 3 von 7 im Hause befindlichen Restaurants sind mit Michelin- Macarons ausgezeichnet.

Um Punkt sieben öffnete sich also die Eingangstür, und wir waren neben einem auch offenbar journalistisch tätigen Gast am Chefs Table, der Theke seitlich der Küche, die ersten Gäste im Restaurant.

Im Internet kann man vorher studieren, dass es eine Menüauswahl zu 7, 9 oder 11 Gängen gibt. Wenn wir schon einmal hier sind, wollten wir auch einen möglichst breiten Überblick über die Küchenleistung bekommen, entschieden uns also für die Maximaloption. Einer von uns orderte die komplette Weinbegleitung, ich eine sehr reduzierte.

Während das Menü im Januar noch den Winter zum Thema hatte, standen nun die Frühlingsfarben im Taminatal im Vordergrund.

Es ging los mit Snacks.

Von links oben im Uhrzeigersinn: Lauch, Apfel, Pilze
Brotchip, Bergkäse, Bündnerfleisch
Karottenrose, Nusscrème, Holunder
Spargel, Buttermilch, Schnittlauch

Das Tartelette mit geflämmtem Lauch, Lauchstroh und Creme aus fermentiertem Pilz war sehr fein gearbeitet und transportierte die dem Lauch immanente Süsse mit einem Texturspiel zwischen den verschiedenen Lauchzubereitungen auf eine andere, höhere Ebene. Während anfangs die Laucharomen im Vordergrund zu schmecken waren, dominierte am Ende das Pilzaroma im Mund.

Eingelegte Spargelstücke in einem Buttermilchschaum mit getrocknetem Eigelb und Schnittlauchstaub bildeten den nächsten Snack. Dieser war ebenso durchdacht komponiert und die Aromen waren fein austariert. Dabei war die Buttermilchintensität so eingestellt, dass Spargel und sogar das Eigelbpulver deutlich zu schmecken waren.

Die Karottenrose bestand aus gepickelter Karotte, Creme aus fermentierter Karotte, Nusscreme, Holunder und einigen Sonnenblumenkernen und offerierte bei knackigem Texturgefühl eine schönes Spiel zwischen Süsse und Säure, die durch eine milde Essignote erzeugt wurde.

Zum Schluss nahmen wir den Chip aus Sauerteiggebäck, der mit einer aromatischen Bergkäsecreme gefüllt und um die Ränder mit Bündnerfleisch belegt war. Ein sehr reduzierter Snack, der typischen Produkten der Region eine Bühne bot und einfach sehr gut schmeckte.

Dies war in der Gesamtheit bereits ein hervorragender Start.

Sauerteigbrot, Butter

Das Sauerteigbrot wurde mit einem Weckglas mit Sauerteig an die Theke gebracht und das Prinzip des Sauerteigs noch einmal erläutert. Das Brot schmeckte sehr gut und hatte als Begleiter selbst aus Sahne aufgeschlagene Butter mit ein wenig Salz obenauf.

Oona Alpenkaviar No. 103 traditionel, Gurke, Schlossere Meerrettich
Weinbegleitung: Le Mont Benoit, Emmanuel Brochet, Champagne, Frankreich

Nun kam Gang Nummer eins an den Tisch, der Kaviar zum Thema hatte. Oona Kaviar aus dem Tropenhaus Frutigen befand sich auf einer ganz milden Meerrettichmousse und war umgeben von einem Gurkenrelish aus Brunoise saurer Gurke, Senfsamen und Dill. Ein bischen Meerrettichabrieb obenauf vervollständigte dieses Gericht, welches in seiner Reduziertheit, der Qualität des Kaviars und der durchdachten Komposition nicht weniger als grossartig war.

Saibling aus dem Val Lumnezia, Gebrannter Sennenrahm, Tanne
Weinbegleitung: 2020 Chardonnay Wanne, Tom Litwan, Schinznach, Schweiz

Als nächstes folgte bereits das Signaturgericht des Hauses, der mit Tannenzapfen und Bergheu geräucherte Saibling, mit zu einer Sauce verarbeitetem gebrannten Sennenrahm, welche wiederum mit Tanne aromatisiert war. Der zubereitete Saibling allein hatte bereits Referenzqualität. Die Sauce mit feiner, überhaupt nicht penetranter Tannenaromatik hievt das Ganze dann noch einmal auf ein Niveau, das wir für fast nicht für möglich gehalten haben. Mehr ist dazu nicht zu sagen – Punkt.

Von Tscharner Spargel, Buchweizen, Wildkräuter
Weinbegleitung: 2020 Weissburgunder Mandelberg GG, Dr. Wehrheim, Pfalz, Deutschland

Der nächste Gang zollte der Saison Tribut, er hatte Spargel zum Thema. Gekochter Spargel, welcher während der Wachstumsphase täglich zwei Stunden dem Tageslicht ausgesetzt war und dadurch gelblich wurde, war mit gepickelten Spargelspitzen, Wildkräutern und Buchweizen- Crunch bedeckt. Umgeben war er mit einer sehr fein austarierten Sauce auf Basis von Buchweizen, Koji, dem Japanischen Edelpilz, der dort seit Ewigkeiten zum Fermentieren verwendet wird, und Bärlauch. Auch dies war ein Gericht auf höchstem Niveau, welches uns sehr geschmeckt hat.

Schweineschwanz, Spitzkohl, Senf
Getränkebegleitung: 2020 Cidre Apfel Engishofer, Mosterei Oswald+Ruch, Neuenkirch, Schweiz

Hat man den Bericht vom Januar im Kopf und erinnert man sich an den Gang mit dem Eichelschwein, so könnte man glauben, dies sei eine Weiterentwicklung desselben. Dem ist aber nicht so, findet sich dieses Gericht doch auch als Rezept in Sven Wassmers Kochbuch, welches bereits 2020 erschienen ist. Angekündigt wurde der Gang als „Sunday Roast“ – Deutsch könnte man ihn als Schweinebraten mit Spitzkohl titulieren. Er war aber soviel mehr. Drei knusprig gebratene Stücke vom eher nicht alltäglichen Stück Schweinefleisch, dem Schwanz, waren von schwarzer Apfelcreme (schwarz durch Fermentation wie beim Knoblauch), einer Estragon-Emulsion, scharf angebratenem Spitzkohl und Brunnenkresse bedeckt. Dazu gab es eine Sauce mit Senf. Das war alles schon sehr gut und der Cidre ergänzte dies perfekt.
Mutig, fast schon frech ist die Platzierung des Gangs jetzt im Menü, folgt als nächstes doch wieder eine milder Süsswasser-Fisch. Zwei milde Süsswasserfische rahmen also einen Schweinebraten ein. Für uns absolut OK.

Regenbogenforelle Müllerin Art, Bärlauch, Heumandel-Miso
Weinbegleitung: 2017 Mersault (Chardonnay) Les Vireuils, Pascal Clement, Burgund, Frankreich

Beim folgenden Gang habe ich leider versäumt, ein Foto vor Applizierung der Hollandaise aufzunehmen. Unter der Heumandel-Hollandaise, die mit selbstgemachtem Miso zubereitet wurde, befanden sich aufeinander zwei Filetstücke Regenbogenforelle, die mit Butter nach Müllerin-Art zubereitet wurden und durch eine grüne Schicht Bärlauchcreme getrennt waren. Obenauf befanden sich noch Stücke geräucherte Mandel und eingelegte Bärlauchkapern vom letzten Jahr. Dies war wiederum eine fein austarierte Komposition mit idealen Proportionen und Intensitäten, keiner Dominanz des Bärlauchs und erstaunlichem Saucen-Handwerk. Spitze!

Knöpfli, geröstete Hefe, Trüffel
Weinbegleitung: 2018 Pinot Noir Pilgrim, Weingut Möhr Niggli, Maienfeld, Schweiz

Knöpfli im Gourmetrestaurant? Knöpfli im Gourmetrestaurant! Geht, wenn man sie auf dieses Niveau hebt. Lieblingsgang des Serviceteams. Umami pur. Im Einzelnen: Knöpfli gebunden durch geröstete Hefebutter, in der sich noch Käsewasser vom Sbrinz und Gruyere befindet. Bedeckt waren die Knöpfli von Perigord-Trüffelcreme und gehobeltem Sommertrüffel. Und dann war da noch Wiesenkümmel, ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil, milder als echter Kümmel, aber deutlich im Abgang zu erschmecken. Voilà, fertig ist ein Spitzengang.

Kalbsbacke, Paprika, Sanddorn
Weinbegleitung: 2006 Chateau Cantenac Brown, 3ème Grand Cru Classé, Margaux, Frankreich

Als zweiter Fleischgang wird eine nach Einlegen in Salzlake geschmorte sehr zarte Kalbsbacke serviert, die von einer mit Sanddornöl aromatisierten Scheibe gehäutete Paprika bedeckt ist. Eine Creme aus abgehangenem Joghurt und Knoblauch und ein Kalbsjus komplettieren den Teller. Mehr braucht es nicht und man ist hin- und hergerissen, welche Komponente auf dem Teller einem besser gefällt. In der Kombination ist es jedenfalls auf gleichbleibendem hohem Niveau wie die Teller vorher.

Alte Mutterkuh von der Hinterhofmetzgerei, Yummi Paste
Weinbegleitung: 2018 Crozezs Hermitage (Syrah), Yann Chave, Le Rouvre, Rhône, Frankreich

Nun erfolgte der letzte herzhafte Streich des Abends, das Braunvieh mit Yummi Paste, wie es angekündigt wird. Yummi Paste bezeichnet eine Morchelgewürzpaste. Das Braunvieh ist das gegrillte Fleisch einer alten Kuh, welches vorher 40 bis 60 Tage trockengereift wurde. Es ist bedeckt von einer alpinen Togarashi-Gewürzmischung. Einige gegrillte Bärlauchblätter und ein Jus sind auch noch auf dem Teller. Alte Kuh ist ja auch eine Art Trend in der gehobenen Gastronomie. Diese hier war die beste ihrer Art, die ich je gegessen habe. Auch die Kombination mit den anderen Zutaten wusste zu begeistern.

Himbeeren vom Hof Räss Getränkebegleitung: Fassgereifter Mo-Negroni

Als Dessert Nummer eins wurde ein Himbeersorbet mit hausgemachtem Negroni serviert. Einfach und sehr gut.

Sauerklee, Tannenzapfen, Arve
Getränkebegleitung: Ambijus/Clearly Confused, Apfel, Tanne, Holunder, London/Schweden

Dessert Nummer zwei war dann ein echter Knaller. Auf einer Creme Chantilly mit Arganöl, umgeben von Meringue-Platten, befanden sich ein Sauerkleesorbet und einige Sauerkleeblätter. Die herausragende zusätzliche Komponente neben den anderen schon genannten sehr gut schmeckenden Bestandteilen waren die jungen in Melasse stundenlang eingekochten Tannenzapfen. Die Getränkebegleitung ergänzte dies ideal, waren in ihr auch feine Noten der Tanne vorhanden.

Rhabarber, Erdbeer, weisse Schokolade
Weinbegleitung: 2020 Pinot Blanc “Spotläs”, von Tscharner, Reichenau, Schweiz

Der letzte Streich war dann ein sehr saisonales Dessert bestehend aus weisser Schokoladenmousse, Rhabarbersorbet und –streifen, eingelegten Rhabarberstücken, getrockneten und wieder befeuchteten Erdbeerstücken, Erdbeerwasser, Meringuestäbchen und einem am Tisch hinzugefügten Rhabarbergranité. Besser kann man ein Dessert mit diesen Komponenten kaum machen. Hat uns sehr gut gefallen.

Petit Four: Arriba Nacional 74%, Sanddorn

Als Mignardise zum Abschluss wurde eine kleine Tarte mit selbst hergestellter Schokolade serviert. Diese wurde aus Arriba Nacional 74% 20 Stunden conchiert. Die orange-gelbe Creme oben war eine milder Sanddorn-Curd.

Fazit

Wir sind sonst kritische Gäste und haben eigentlich immer etwas anzumerken, was nicht 100% in Ordnung ist. Das war hier nicht so. Wir empfanden alle Gerichte als perfekt. Den Spannungsbogen über die Vielzahl der Gänge so konstant hochzuhalten, das haben wir in anderen Restaurants dieser Klasse selten erlebt. Die drei Michelin Macarons sind absolut verdient. Sehr beeindruckend fand ich vor allem das Saucenhandwerk. Alle Kompositionen waren fein austariert, sodass nichts auf dem Teller andere Komponenten unterdrückte. Hilfreich ist hierbei natürlich auch die Reduktion auf das Wesentliche. Der Ansatz, den Geschmack der Region (Alpenküche) und der Saison zu vermitteln, ist zu begrüssen und hier wirklich gelungen. Sven Wassmer, sein Sous-Chef und der Service sind absolut zugänglich. Zusammen mit der sehr gut abgestimmten Getränkebegleitung machte dies aus unserem Besuch einen perfekten Abend. Wir haben eine Menge Spass gehabt.

Webseite des Restaurants: Memories ¦ Gourmet-Restaurant in Bad Ragaz

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Restaurant Bareiss Baiersbronn

Besucht im Dezember 2022
Mittagessen
Bewertung: Drei Michelin Macarons

Ich plante einen Termin im Schwarzwald und dachte, es sei eine gute Idee, diesen mit einem anschliessenden Mittagessen zu verbinden. Eine Woche vorher sah ich mich also nach Optionen um. Meine erste Wahl hatte an diesem Samstag keinen Tisch frei, da dachte ich, warum nicht zum Jahresende nicht nochmal die höchste Kategorie besuchen. Tischanfragen in der Schwarzwaldstube und im Bareiss, beide in Baiersbronn, endeten mit einem Platz auf der Warteliste und einer Zusage in letzterem. Die Anfahrt gestaltete sich dann doch etwas mühsam, da aufgrund der Sperrung der Strasse von Freudenstadt nach Baiersbronn wegen Bauarbeiten teilweise riesige Umwege nach Mitteltal in Kauf genommen werden müssen. Dies soll wohl bis 2025 so sein.

Bei Ankunft begrüsste mich der Restaurantleiter, Herr Brandt, schon vor der Tür und geleitete mich an meinen Platz links vom Eingang um die Ecke. Zwei Tische blieben heute Mittag frei.

Ich hatte vorher das aktuelle Menü studiert und war hin- und hergerissen zwischen à la Carte und einem der Menüs. Herr Brandt bestätigte mir, dass die auf der Website publizierte Version aktuell sei. Das Adventsmenü wurde mir allerdings nicht präsentiert. Dies sei hauptsächlich für abends gedacht. Ich könnte es jedoch trotzdem wählen. Ich fragte also an, ob ich das grosse Degustationsmenü mit einigen Modifikationen haben könne. Und ich konnte: ohne Hauptgang, ohne Käse und ohne eigentlich vorgesehenes Dessert, dafür mit Jakobsmuschel aus dem Adventsmenü statt Kingfish und mit dem Valrhona-Schokoladendessert aus der à la Carte Auswahl.

Wein handelte ich wie üblich mit Herrn Mezda aus, eine Begleitung mit 4 Gläsern zu den 4 ersten Gängen sollte es sein.

Sogleich ging es los mit der Apéro Etagère.

Apéro Etagère von oben nach unten
Pastrami vom Wagyu mit BBQ-Sauce und Rotkohl Sushi-Reisrolle mit rotem Curry
Röstzwiebeltarte
Geräucherter Aal mit Sauerrahm und Limette

In allen Kleinigkeiten sind die Aromen der beteiligten Zutaten sehr schön herausgearbeitet. Nichts ist zu dominant und alles ergänzt sich sehr gut. Texturell ist es abwechslungsreich. Besucht man das Bareiss öfter, fällt auf, dass bei den Amuses nicht sehr stark variiert wird. In ähnlicher Form hatte ich dies schon im Mai.

Gleichzeitig mit den Apéros wurden gutes, warmes Brot und gesalzene und ungesalzene Butter serviert.

Nun kam recht zügig schon das kalte Amuse Bouche.

Variation von Rettich und Sauerrahm

Die grösste Komponente auf dem Teller war eine Mousse und kein Eis. Dieses vegetarische Amuse Bouche war ideal geeignet, um die Papillen auf das kommende vorzubereiten, so frisch und mit einigen säuerlichen Komponenten, wie es daherkam.

Kaltes Amuse Bouche: dazu Schaum vom grünen Apfel

Dazu gab es diesen herrlichen Schaum, unter dem sich noch eine Brunoise von eben dem Apfel versteckte.

Warmes Amuse Bouche

Kalbsbacke auf Perlgraupen mit Salat, Gemüse und Kalbsjus

Auf den Perlgraupen, die mit knackigem, grünen Gemüsewürfelchen vermischt waren, verbarg sich unter der Kalbsbacken-Tranche ein leicht säuerlicher kleiner Salat in fein Streifen. Das zarte, mürbe Fleisch war von einem sehr guten Jus umgeben.

Variation von der Gänsestopfleber mit Feige, Glühwein und Spekulatius

Weinbegleitung: 2016 Domaine Bellegarde, Cuvée Thibault Moelleux, Frankreich

Gänseleber Panna Cotta im Glühweinsud

Diesmal wollte ich die Gänseleber einmal nehmen. Im Glas Glühwein zum dazu trinken.

Terrine mit Portweingelee und Salzkaramell, Feigeneis und –stücke, Spekulatiuscrème, – kuchenstücke und -crumble, Haselnuss und ein ungetoastetes Brioche. Die Terrine war von sehr guter Qualität. Die weihnachtlichen Begleiter passten dazu. Die Panna Cotta mit Glühwein und Feige war eine schöne Variation. Ich hatte ja gehofft, dass es das Gänselebereis dazu gäbe. Dass das Brioche ungetoastet war, fand ich vom Mundgefühl gewöhnungsbedürftig.

Als Weinbegleitung wurde ein Süsswein gereicht. Diesen trank ich zu dem Gericht nicht aus, da es im Gericht ja schon den Glühwein gab, der natürlich nichts mit dem zu tun hatte, was so auf Weihnachtsmärkten serviert wurde. Auch wenn klar ist, dass der Glühwein eine Komponente auf einem anderen Teller des Gangs aufgreift, hätte ich persönlich im Gericht etwas anderes flüssiges Saisonales gereicht, z.B. eine kleine Kürbis-Velouté mit etwas Foie Gras am Boden.

Sautierter Gamba Carabiniero mit Süßkartoffel und Sanddorn

Weinbegleitung: 2018 Hermes Diactoros II, Omina Romana, Latium, Italien

Neben dem sautierten Krustentierschwanz befanden sich auf dem Teller: Süsskartoffelragout, ein Chip von der violetten Kartoffel und vier Gels/Crèmes. Rosa: Kartoffelcrème von der violetten Kartoffel, orange Sanddorn, braun angedickter Krustentierjus und nicht sichtbar hinter dem Carabiniero ein farbloses Zitrusfruchtgel mit Yuzu-Anteil. Hauptprodukt in hervorragender Qualität mit reduzierter aber sehr passender Begleitung.

Der Wein dazu hat eine interessante Geschichte: Latium südlich von Rom ist das älteste Weinanbaugebiet in Italien. Die Griechen sollen den Wein dorthin gebracht haben. Dieses Gebiet wurde lange in der Neuzeit vernachlässigt. Als der Weinbau dort wieder an Fahrt aufnahm, wurden die ganzen alten Reben herausgerissen und durch moderne Europäische Rebsorten ersetzt. Es gab also kaum noch autochthone Rebsorten im Gebiet. Dieser Wein besteht allerdings aus diesen.

Geflämmte Jakobsmuschelrosette mit Imperial Kaviar, Sauerrahm und brauner Butter

Weinbegleitung: 2019 Old Vines White, Mullineux, Swartland, Südafrika

Ein Gang aus dem Adventsmenü und gleichzeitig ein Signaturgericht vom Chefkoch, Herrn Lumpp. Es hat sich absolut gelohnt, diesen Gang zu bestellen. Herr Lumpp sagte mir beim Gespräch am Tisch, dass Signaturgerichte ab und zu auch Mal wieder auf die Karte aufgenommen werden müssen. Das Gericht bestand im Einzelnen aus einem Kartoffelstampf mit viel Butter und etwas Schnittlauch, der geflämmten und leicht nachgegarten Jakobsmuschel-Rosette, einer Nocke Imperial-Kaviar und etwas aufgeschlagenem Sauerrahm. Abgerundet wird dies durch eine schaumige Beurre Blanc mit Sauerrahm und brauner Butter Ein absolutes Wohlfühlgericht und eines der besten des Jahres, die ich gegessen habe.

Brandade vom Steinbutt mit Staudensellerie und weißem Trüffel aus Alba

Weinbegleitung: 2017 grauer Burgunder Schlossberg Achkarren, Fritz Wassmer, Kaiserstuhl, Deutschland

Auf der à la Carte Karte findet man bei den Fischgerichten Steinbutt mit weissem Trüffel aus Alba in drei Gängen. Dieser Menügang hier ist eine Variation von einem der Gänge. Man könnte der Meinung sein, dies sei ein Steinbutt-Gang. Ist es aber nicht. Steinbutt bereitet hier teilweise die Bühne für den weissen Trüffel, der jetzt Saison hat.

Ich hatte mir zwischendurch die Hände gewaschen und als ich wieder in den Gastraum kam, erfüllte der charakteristische Duft von Trüffel den Raum. Die Knollen wurden auf einer Schale mit Glashaube auf der Anrichte links neben dem Eingang aufbewahrt. Jemand hatte wohl gerade einen Gang serviert bekommen, bei dem frischer Trüffel am Tisch über den Teller gerieben wurde.

Dies passierte auch auf meinem oben abgebildeten Teller. Basis für den Trüffel ist eine Brandade, eine Art Pürée aus Kartoffel und Fisch. Der Fischanteil war hier sehr hoch und bestand, wie mir Herr Lumpp sagte, aus frischem Kabeljau und frischem Steinbutt. Dies macht das Ganze etwas subtiler als die ursprüngliche Version mit Bacalhau (Stockfisch) und der Kabeljau gibt Struktur, die allein durch Steinbutt nicht zu erreichen wäre. Das Gericht schmeckte sehr gut, so richtig schlotzig, süffig, herzhaft. Mir kam noch der Gedanke, warum man einen Edelfisch wie Steinbutt für so etwas Profanes wie ein Pürée nutzen sollte, aber sei es drum. Es hat einfach sehr gut geschmeckt.

Fritz Wassmer ist übrigens der Bruder von dem etwas bekannteren Markus Wassmer. Beide Weingüter sollte man im Mai besuchen, dann hat man von allem etwas, was hier angeboten wird: Erdbeeren, Spargel und Wein.

Valrhona Schokolade

1. Zartbitterschokolade 58 mit schwarzen Johannisbeeren und Praliné

2. Dulcey Schokolade mit Butterkekscrème und Verveine

3. Weißes Schokoladentörtchen mit Blutorange, Mohn und Espressoeis

4. Jivara Chantilly mit Milchcrème, Balsamico und Kirschblütenhonig

Da ist es wieder – eins von diesen Superdesserts vom Patissier Herrn Leitner. Mir persölich gefiel die Variation auf dem Glasteller mit den Butterkeksvariationen am besten.

Friandises

Canele mit Rum und Vanille, Mandelküchlein mit Blaubeere, Marshmellow mit Aprikose und Mango, Kokosparfait mit flüssigem Kern, Himbeer-Pistazien-Nougat-Tarte

Alle sehr gut. Mein Favorit dieses Mal: das Kokosparfait.

Nun wieder die Herausforderung und die Qual der Wahl für jede/jeden, die/der noch etwas Platz für weitere Süssigkeiten hat – der Wagen mit der Confiserie und die Boxen mit den Pralinen.

Confiserie & Pralinen vom Wagen
Macaron Vanille-Nougat, Profiterole Passionsfrucht Praliné, runde Yuzu-Praline,

Passionsfrucht, Bareiss Marzipan-Kirsch, Milchschokolade Vanille-Nougat
Alle schmeckten hervorragend. Herausragend dabei: wie immer die Yuzu-Praline, danach Profiterole und Vanille Nougat.

Fazit

Dies war wohl das beste Mittagessen, was ich hier je hatte. Es gab so gut wie nichts daran auszusetzen und das wenige ist tatsächlich Jammern auf sehr hohem Niveau.
Der Restaurantleiter Herr Brandt, Sommelier Herr Mezda und auch alle anderen Servicemitarbeiter sorgen dafür, dass man sich wohlfühlt. Man ist flexibel bei der Menüauswahl und zu dem einen oder anderen Gespräch aufgelegt. Manchmal wünschte ich mir, dass beim Servieren etwas mehr zu dem Gericht erklärt wird, als sowieso auf der Menükarte zu lesen ist.

Webseite: Restaurant Bareiss

La Rôtisserie Zürich

Mittagessen
Bewertung: Ein Michelin Macaron

Das Restaurant liegt im Hotel Storchen im Zentrum von Zürich, direkt an der Limmat. Ein separater Eingang führt zum Restaurant im ersten Stock.
Mittags wird hier ein One-Hour-Business Lunch zu zwei oder drei Gängen angeboten. In jedem Gang (Vorspeise, Nachspeise, Hauptgang) stehen zwei unterschiedliche Gerichte zur Auswahl. Wir entschieden uns jeweils für unterschiedliche Optionen, sodass dieser Bericht zumindest für diese Woche einen Überblick des Angebotenen gibt.

Es wurden keine Kleinigkeiten vorweg gereicht.

Sauerteigbrot, Olivenöl, Salz
Iberico Schinken – Burrata | Rande | Polenta von unserem Hof Terreni alla Maggia
Bacalhau – Crème fraîche | Kartoffelschaum | Schnittlauch | Croutons

Bacalao-Tatar mit gekochten Kartoffelstückchen war bedeckt von Kartoffelschaum. Auf dem Schaum befanden sich knusprige Croutons, Schnittlauch und Eigelb-Späne. Das Gericht war mutig gesalzen ohne allerdings übersalzen zu sein. Dies ist ein Wohlfühlgericht, bei dem man nichts falsch machen kann, es sei denn, man mag keinen Fisch.

Kalbskopfbäggli – Winterspargel | Spinat | Risotto von unserem Hof Terreni alla Maggia
Weinbegleitung: Merlot Ascona Riserva, 2018 Terreni alla Maggia SA, Tessin

Geschmortes Kalbskopfbäckchen kam mit Schwarzwurzeln (auch Winterspargel genannt), Blattspinat, bissfestem Risotto, Kalbsjus. Dekoriert war unter anderem mit: knusprigem Quinoa und frittierten Streifen vom Knollensellerie.

Alpenlachs – Pilz | Makkaroni | Brunnenkresse
Weinbegleitung: Sauvignon Blanc 2018 Gérald Clavien, Wallis

Sehr ungewöhnliche Hauptzutat war Alpenlachs aus einer Zucht in Lostallo/Tessin-Schweiz. Ungewöhnlich war er, da er fast weisses Fleisch hatte und nicht den für Lachs und Lachsforellen typischen rötlichen Farbton. Serviert wurde er auf gefüllten Makkaroni, mit Buchenpilzen und einer Kressesauce. Mittlerweise sind einige Zutaten aus der Schweiz erhältlich, die sonst von weit herkommen, beispielsweise die Krevetten aus den Rheinsalinen oder auch Kaviar aus Frutigen.

Eiskaffee – Mokkaglace | Malzcrumble | Cappuccino Rahm
Milchreis – Granny Smith | Nussbutter | Zimt

Warmer bissfester Milchreis, mit Vanille gewürzt, Nussbutter, Apfelmousse fast –Gel, Apfel- Tatar mit Zimt gewürzt

Mignardises: von links nach rechts: Bergamotte/Blutorangen-Praliné, Macaron mit Zitronencrème-Füllung, Nuss/Himbeer-Tartlette

Die Praliné gab nur die Geschmacksrichtungen sauer und Schokolade Preis. Der Merengue- Part war nach unserem Geschmack zu hart, die Zitronenfüllung schmeckte gut. Beim Tartelette war der Hauptgeschmackseindruck Himbeere, der alles andere überdeckte.

Fazit

Hier wird recht bodenständige Küche ohne grosse Überraschungen gepflegt. Die oft regionalen Produkte sind gut, die Zubereitung ist zum überwiegenden Teil tadellos.

Schwarzwaldstube temporaire Baiersbronn

Abendessen
Besucht im August 2021
Bewertung: Drei Michelin Macarons

2008 war ich das erste und einzige Mal hier. Ich erinnere mich noch an Schachbrett-artiges Anrichten von Foie Gras, Rochenflügel und ein Ei, das nur vorgab, ein Ei zu sein – das Eigelb war Mangocrème. 13 Jahre später ist einiges passiert. Harald Wohlfarth ist nicht mehr hier und die Schwarzwaldstube ist abgebrannt. Man kann jetzt in einem – für die Gäste – sehr schönem Provisorium essen, in dem die Schwarzwaldstube und die Köhlerstube (mit einem Michelin-Macaron ausgezeichnet) untergebracht sind. Deshalb benutzt man den Zusatz “temporaire”. In 8 Monaten soll die Schwarzwaldstube auf der anderen Strassenseite aufgebaut sein und alles besser auch als vorher sein. Na denn.

Ich hatte eine relativ stressige Anreise über lange Distanz mit dem Auto und recht grosse Erwartungen an diesen Abend. Ich hoffte, die Gastgeber würden das Wort “Restaurant” (kommt von restaurieren) mit Bedeutung füllen und sollte nicht enttäuscht werden.

Das Restaurant mit seinen 8 Tischen war an diesem Abend ausgebucht. Die Stimmung würde ich als fröhlich und gelöst beschreiben. Der Service macht von Anfang an einen sehr guten Job.

Studium der verschiedenen Menüoptionen im Voraus brachte mich zu dem Entschluss, nach dem grossen Degustationsmenü mit Weglassen und Ersatz einiger Gänge zu fragen. Bis auf den Hummersalat von der à la Carte Auswahl, den ich gern gegessen hätte, wurde allen meinen Wünschen entsprochen. Auch die angefragte halbe Weinbegleitung war kein Problem.

Schon ging es mit Grüssen aus der Küche los.

Reiscracker mit Meeräsche, Planktonkaviar, Planktoncrème und Senfcrème
Kalbstatar mit Gurke, Eigelbcrème und Kresse
Ceviche von Gamba-Carabinero mit Olivenöl, Limette und Koriander
Spiess mit Apfelkugel und gebratenem Gamba-Carabinero in mit Jalapeño und Apfel aromatisiertem kalten Krustentierfond

Alle Amuses bouches zeichneten sich durch kräftige aber sehr ausgewogene Aromen aus. Zum Beispiel hatte die Eigelbcrème bei der Tatar-Löffeldegustation genau die richtige Portionsgrösse und fügte dem Ganzen im Mund einen schönen Schmelz hinzu. Die Koriandernote bei der Ceviche war sehr subtil, sodass sie auch für mich sehr gut erträglich war. Einzig beim Krustentierfond war dieser kaum schmeckbar, drängten sich doch die Säure des Apfels und der Jalapeño (ohne dominant scharf zu sein) in den Vordergrund. Alles in allem ein sehr guter Start!

Zweierlei von der Makrele: Tatar von der rohmarinierten Gelbschwanzmakrele, darauf eine Tomatengeleescheibe, darauf geflämmte Holzmakrele bedeckt mit Soja-Oktopus-Gelee, dazu Tomatenkompott, Oliventarpenade und Basilikumcrème

Als abschliessender Gruss aus der Küche wurde dieser “Makrelenhammer “serviert. Einfach toll was Herr Michel und Team aus den drei Hauptzutaten Makrele, Tomate und Basilikum hier geschaffen haben. Speziell vom Soja-Oktopus-Gelee auf der geflämmten Holzmakrele war ich begeistert. Aber auch die anderen Komponenten waren sehr wohlschmeckend und passten sehr gut zusammen.

Aus dem kleinen Degustationsmenu: Gebeizter Thunfischrücken und -bauch „Kishū“ mit Enten- und Stabmuscheln, junger Spitzkohl und krause Glucke, Shoyumarinade mit Shiitake
Weinbegleitung: Xarello Espenyalluchs Soler 2019, Girona, Spanien

Gleich als erster Gang des Menüs wurde das Highlight des Abends serviert. Ein absolutes Wohlfühlgericht, bei dem alles stimmte. Aus den Erläuterungen des Service erfuhr ich, dass dies ein neues Gericht der Schwarzwaldstube sei, das sich um Balfego Thunfisch in Referenzqualität dreht. So guten Thunfisch habe ich in Deutschland noch nie gegessen. Und erst noch die Zusammenstellung der verschiedenen Bestandteile dieses Gerichts. Reichlich Imperial Kaviar fügt Salzigkeit und Jodigkeit hinzu. Der Pilz krause Glucke aus der Region ist überraschend aber absolut passend. Dazu die verschiedenen Muscheln, Mayonnaisetupfen und in der Mitte ein Meerwasserschaum mit knusprigen Brotcroutons.

Die Kombination mit dem begleitenden Wein aus sehr nahe am Meer gewachsenen Trauben versetzte mich für die Dauer des Genusses ans Meer.

Jede Gabel ein Happen Glückseligkeit. Ich würde wiederkommen, allein schon nur um dieses eine Gericht zu essen.

Mosaik von Entenleber und gegrillter Taubenbrust in Geflügelgelée mit Muskat und Macis, eingelegte Früchte in Honigweincoulis, Eisenkraut
Weinbegleitung: 2017 Heimbourg Zind-Humbrecht Pinot Gris, Elsass, Frankreich

Die Gänseleber kam hier als mit Geflügelgelée überzogene Scheibe von mit gegrillter Taubenbrust gefüllter Ballotine. Fruchtigkeit und Säure wurden durch die eingelegten Früchte hinzugefügt. Im Einzelnen meine ich identifiziert zu haben: Pfirsich, Traube, Apfel, Khaki und Pflaume als Kompott. Als knackige Komponenten waren noch Walnuss- und Cashewnuss-Stücke auf dem Teller. Dazu wurde ein hervorragendes warmes Brioche gereicht.

Soweit so gut. Eigentlich habe ich soetwas schon zu oft gegessen und es ist nicht mehr so spannend den Dreiklang Foie Gras, Fruchtiges/Saures und Brioche serviert zu bekommen. Was den Teller besonders machte, waren das gegrillte Stück Taubenkeule und die gebratenen Würfel Gänseleber, die sich zwischen den Früchten versteckten. Ich gebe zu, dies ist Jammern auf sehr hohem Niveau…

Keine Frage, für das was es ist, ist dies von hochstehender Qualität. Meine kleine Enttäuschung tat ich der netten Dame vom Service auch Kund und erwähnte noch, dass ich die gebratene warme Foie Gras viel lieber mag. Das hatte Konsequenzen…

Aus dem kleinen Degustationsmenu: Wolfsbarschschnitte „Ike jime“ mit krosser Haut, Petersilienwurzeln in Sardellenbutter und Emulsion von Wolfsbarschleber und Basilikum
Weinbegleitung: Art Blanc Centenaires 2018, Rhone, Frankreich

Hier wurde ein Stück Loup de Mer bester Qualität, mit richtigem Gargrad und krosser Haut serviert. Dazu gab es in Anchovis-Butter sautierte Petersilienwurzeln, Baslikumcrème (grün) und Wolfsbarschlebercrème (braun). Am Tisch wurde eine mit Basilikum aromatisierte Beurre Blanc angegossen. Keine Frage war dies ein sehr gutes Gericht mit harmonischen Komponenten, allerdings vielleicht ein wenig langweilig.

Der Wein aus dem Languedoc passte gut dazu und offenbarte zusammen mit dem Fisch Aromen, die er allein getrunken vorher nicht gezeigt hatte.

Dreierlei vom Milchkalb mit feinen Erbsen, Zuckerschoten und geschwenkten Pfifferlingen, Kalbskopfjus mit schwarzen Trüffeln
Weinbegleitung: Romaneé Vosne Pinot Noir Dessus Maconsorts Remoriquet 2013, Frankreich

Als Hauptgericht gab es Kalb: Filet, Bries und Kalbsbacke. Dazu wurde ein sehr guter getrüffelter Jus aus Kalbskopf angegossen. Als Gemüse waren auf dem Teller noch sehr aromatische kleine Pfifferlinge und süsse Erbsen und Zuckerschoten zu finden. Wieder ein Wohlfühlgericht erster Güte mit sehr viel Umami. Filet tadellos, Bries genau wie ich es mag, homogen und weich innen, aussen knusprig kross, die Kalbsbacke zerfiel wie sehr gutes pulled beef.
Nach der Rückmeldung bei der Gänseleber von Gang 2 wurde das Kalbsfilet extra für mich als Rossini zubereitet. Auf einem Extrateller fand sich noch ein veritables Extrastück gebratene Fois Gras mit ein bisschen Erbsen und dekoriert mit Nüssen und Schnittlauch. Das nenne ich einen tollen Service!

A la carte Dessert: Schokoladensoufflé „Schwarzwälder Kirsche“, Sauerkirschsorbet auf Kirschkompott, Manjari-Schokoladenganache und Mousseline von Kirschwasser
“Weinbegleitung”: Merlet Soers Cerises Brandy

Das Kirsch-Schokoladen-Dessert aus dem Menü ersetzte ich durch dieses mit dem heissen fluffigen Schokoladenquarksoufflé. Die Kirschkomposition in separater Schale war folgendermassen aufgebaut:

Unten ein dünner Schokoladenbiskuit, darauf Kirschkompott, dann das Kirschsorbet, eine farblose Zuckerhippe und obendrauf ein mit Kirschwasser gefüllter Kirschbonbon, den man vor Genuss vorsichtig zertrümmern sollte. Daneben Kirschgel, 64% Manjari Schokoladen Ganache und zweierlei Schäume mit Kirschwasser aromatisiert. Ich fand sehr gut, dass das perfekte Soufflé separat ohne weiteres ChiChi kam. Alles hat sehr gut geschmeckt.

Interessant dazu war der Kirschbrandy auf Eis serviert. Hierzu kann ich mir auch sehr gut einen nicht zu süssen Recioto vorstellen.

Mangoeiscrème mit indischen Gewürzen auf Baba-Muscovado und salzigem Erdnusskaramell, geeister Espresso mit Kokosinfusion
Weinbegleitung: Heimbourg VT Pinot Gris Zind Humbrecht 2002, Elsass, Frankreich

Das zweite Dessert mit intensiveren Aromen war folgendermassen angerichtet: Unten im Teller harter Salzkaramell, darauf der Muscovado-Baba, auf dem sich die mit indischen Gewürzen aromatisierte und mit Zuckerhippen dekorierte Mangoeiscrème befand. Gefriergetrockneten Kokos-Espresso-Schnee gab es auch noch. Das Ganze wurde mit einem Espressoauszug angegossen. Auch dies war ein sehr gutes Dessert.

Pralinés
Café-Espresso-Törtchen, Canelé und Marzipanpraline

Es standen insgesamt 8 Sorten zur Auswahl. Mehr als die drei passten nicht mehr rein. Der Canelé war sehr dunkel und deshalb nur befriedigend.

Fazit

Nach vier Stunden verliess ich das Restaurant mit dem Gefühl einer sehr guten kulinarischen Erfahrung. Was mir auffiel, waren einige Unterschiede zu anderen Restaurants dieser Kategorie: Brotkrumen wurden auch zwischen den Gängen aufgenommen. Bevor die Gänge serviert wurden, zeigte man sie auf dem Tablett kurz vor. An den 8 Tischen im ausgebuchten Restaurant herrschte eine lockere gelöste fröhliche Stimmung. Der Service der Damen und des einen Herrn war sehr souverän und ich fühlte mich auch als Einzelgast sehr gut aufgehoben, war man doch immer auch zu einem Gespräch bereit.

Küchenchef Torsten Michel machte hinterher seine Runde und auch mit ihm hatte ich ein interessantes Gespräch. Er meinte, sein Kollegen würden ihm manchmal sagen, wenn sie mitbekommen, dass er auch Hauptgerichte Rossini-Style serviere, dass dies doch altbacken sei. Er hat mir meinen Wunsch aber gern erfüllt. Von ihm erfuhr ich auch, dass, so schön das “temporaire auch für die Gäste aussieht, die Situation für das Küchenteam alles andere als ideal sei. Die beengten Verhältnisse, der fehlende Lift für die Warenlogistik machen es leider unmöglich, Mittag- und Abendservice anzubieten. Alles dauert länger und die Zeit reicht einfach nicht für beides.
Mal sehen, ob in 8 Monaten pünktlich wieder eröffnet wird, und ich es schaffe, früher als in 13 Jahren wiederzukommen…

Kurzberichte 1

Kamino Häusern

Besuch: 14. Dezember 2019 Mittagessen

Bewertung: Michelin Teller

Auf dem Weg zurück aus dem Schwarzwald kam ich in Häusern am Kamino vorbei und versuchte einen Walk-in. Es war an diesem Samstag Mittag noch einer der Tische in der Hauptstube des Restaurants frei, welche kreisförmig um den Kamin in der Mitte angeordnet sind. Der Kamin brannte an diesem kalten Dezembertag auch.

Broccoli-Salat

Schnell wurde gutes Olivenbrot mit Butter und als Amuse Bouche ein Broccolisalat mit Sprossen an den Tisch gebracht. Ich entschied mich für eine Leberterrine und die Rehbolognese. Beide waren sehr gut.

Leberterrine, Chutney, rote Sauce, Blattsalate

Die Leberterrine kam als rechteckiger Riegel mit Brot, einem angemachten Salat, einem orange-gelbem Chutney, an dessen Geschmack ich mich nicht mehr erinnere, und einer roten Sauce, die Fruchtigkeit und Säure beitrug, an den Tisch. Das Gericht war durchaus avantgardistisch angerichtet.

Rehbolognese

Die darauf folgende Rehbolognese war nah an sensationell. Hausgemachte Nudeln wurden an beiden Seiten von einer Geschmacks-intensiven Ragu-Sauce begleitet. Auf den Nudeln thronten sechs Scheiben perfekt gebratenes Rehfilet. Dazu waren auf dem Teller verschiedene Gemüse zu finden: Zuckerschoten, Karotten, Rüben, Cherrytomaten und Broccoli. Alle waren gekocht, wie es sich gehört, d.h nicht übergart und mit dem nötigen Biss.

Nach diesen zwei Gängen hatte sich bei mir ein gewisses Sättigungsgefühl eingestellt und ich verzichtete auf ein Dessert.
Es wurden noch Petit Fours gereicht.

Ergibt sich die Gelegenheit, werde ich sicher wieder im Kamino einkehren.

Gutsschenke Ludwigburg

Besuch: 23. November 2019

Mittagessen
Bewertung: Michelin Teller

Das Restaurant Gutsschenke befindet sich auf dem grossen Areal der Domäne Repos, die gut von der Autobahn zu erreichen ist. Auf dem Weg zum Porsche-Museum an diesem Samstagmittag hatten wir uns dieses Restaurant ausgesucht und vorher reserviert. Dieses Restaurant hatte früher einmal einen Michelin-Macaron und ist nach einem Richtungswechsel in der Küche immer noch mit einem Teller im Guide Michelin aufgeführt.

Wir hatten passend zur Saison eine Wild-Consomee und eine Art Mille Feuille von der Geflügelleber als Vorspeise. Beides schmeckte sehr gut.

Millefeuille von der Geflügelleber mit Blattsalaten

Ferner: Wildconsomeé (ohne Foto)

Als Hauptgang hatte ich eine geschmorte Kalbsbacke mit hausgemachten Spätzle, die exzellent war. Das Fleisch fiel bei Berührung mit der Gabel fast auseinander.

Geschmorte Kalbsbacke mit Spätzle
Zwiebelrostbraten wie gewachsen, Zwiebelschmelze, hausgemachte Spätzle

Meiner amerikanischen Begleitung empfahl ich als regionales Gericht den Zwiebelrostbraten mit Zwiebelschmelze und ebenfalls hausgemachten Spätzle. Dies war auch von sehr guter Qualität, konnte mit der Kalbsbacke aber nicht ganz mithalten.

Schwäbischer Ofenschlupfer, Kirscheis in der Mandelhippe, Vanillesauce
Apfel-Zimt Dessert

Pitarello Hamburg

Besuch: 18. Januar 2020

Mittagessen Bewertung: –

Dieses Italienische Restaurant befindet sich am Mühlenkamp in Hamburg. Es bietet eine kleine Karte bei gehobenen Preisen wie bei so vielen Italienern in Hamburg.

Kross gebratene Blutwurst, karamelisierte Apfelspalten, Nelke, Kartoffelpüree, Balsamicosauce

Einfache aber leckere Vorspeise für diejenigen, die Blutwurst mögen.

Hausgemachte Ravioli, gefüllt mit Kalbsschwanz, gehobelter Trüffel

Sehr gut, eine wahre Umami-Bombe

Safran-Risotto mit Gamberoni

Bissfestes Risotto, deutliches Safran-Aroma, Garnelen von ordentlicher Qualität und Zubereitung

Tiramisu Classico

Jahreszeiten Grill Hamburg

Mittagessen

Besucht diverse Male zwischen Mai und Oktober 2020

Bewertung: Michelin Teller

Das Restaurant Jahreszeiten Grill ist eines von diversen Restaurants im Hotel Vier Jahreszeiten am Neuen Jungfernstieg in Hamburg.

Anlässlich einer privaten Feier in eben diesem Hotel sind wir auf den Grill aufmerksam geworden und konnten feststellen, dass hier zu Mittag eine für unseren Geschmack vorzügliche Küche geboten wird, und das zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Neben dem à la Carte Menu und den saisonalen Empfehlungen wird von Montag bis Freitag ein Mittagsmenu angeboten, bei dem man zwischen ein und drei Gängen wählen kann.

Anfangs wird immer sehr gutes Brot mit drei verschiedenen Aufstrichen serviert. Einer davon hat meistens einen saisonalen Bezug.

Im Einzelnen hatten wir in der letzten Zeit Folgendes. Ein Menü wird immer zwischen zwei Teilungsstrichen gezeigt.

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Gegrillte Garnelen, Avocado-Ragout, Salzzitrone

Dies war echt der Knaller! Avocado-Stücke und –Crème, Salzzitronenstücke mit tollem Geschmack, dann die kleinen Tomatenstücke in Vinaigrette und dazu die Garnelen, die zwar vielleicht ein bisschen zu lange gegrillt, aber in Ordnung waren.

Steak vom Simmenthaler Rind, Jus, Bohnen und Rosmarinkartoffeln

Phantastische Fleischqualität, perfekt gegrillt, bissfeste Bohnen und delikate Rosmarinkartoffeln.

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Geschnetzeltes vom Rinderfilet mit Pfifferlingen, Kartoffelpüree, Kirschtomaten und Jus

Sensationell gute Pfifferlinge, viele zarte Filetstreifen und herzhafte Sauce – sehr, sehr gut nach meinem Dafürhalten.

Crème Bruleé mit Beeren

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Matjestartar mit geröstetem Schwarzbrot

Sehr gut abgeschmecktes Matjestatar mit Gurken und Dill und, man glaubt es kaum, begeisterndes geröstetes Schwarzbrot.

Rumpsteak mit Waldpilzen und Kartoffelpüree

Wieder einmal ganz hervorragende Fleischqualität und Zubereitung, dazu aromatische Waldpilze.

Zweierlei Schokoladenmousse mit Himbeeren (à la Carte)

Reibt sich meine Tochter den Bauch, nachdem sie die ersten Bissen gegessen hat, ist das Essen sehr gut. War hier der Fall und ich denke, das sagt alles.

Erdbeer-Tartelette (aus der Vitrine in der Wohnhalle)

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Bandnudeln mit frischen Pfifferlingen und Rahmsauce

Nachdem wir zuvor schon bei einem Mittagessen das Rahmgeschnetzelte mit Pfifferlingen genossen hatten, bei dem wir feststellten, was für hervorragende, kleine, Geschmacks-intensive Pfifferlinge hier verwendet werden, sind wir diesmal auch wegen dieser Vorspeise hierhergekommen. Und es hat sich gelohnt! Es war von der Grösse her eine gute Portion und auch mit der Menge der Pfifferlinge war nicht gegeizt worden. Sehr, sehr gut.

Gulasch von der Kalbsbacke mit Kartoffelpüree und Kopfsalat (separat gereicht)

Gulasch einmal anders: Im Stück und nicht in Würfeln zubereitet; optimale Fleischqualität und Zubereitung; sehr zartes, mürbes Fleisch; Sauce mit Paprika- und Tomatenaromen. Kurz: ein sehr guter Hauptgang.

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Vichysoisse mit Lachstatar und Lauchcrème

Die Vichysoisse (ohne Bild), eine kalte gebundene Suppe mit den Hauptzutaten Kartoffel und Lauch, wurde aus einer grossen Saucière am Tisch angegossen. Diese Vorspeise schmeckte uns sehr gut.

Gegrillte Keule vom Loué Geflügel, Fenchelrisotto und Schmelztomaten

Das Fleisch der Keule wurde ausgelöst serviert. Das Huhn hatte eine gute Qualität und war schön saftig. Das Fenchelrisotto war sehr gut und die Schmelztomaten passten hervorragend dazu.

Champagnertörtchen, Schokoladenmousse, Schokoladen-Crumble, Schokoladeneis, Blaubeeren, Brombeeren

Ein ganz hervorragendes Dessert, das ich hier immer wieder essen würde!

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Kalbstatar mit Röstbrot, gepickeltes Gemüse & Senfcreme

Hier wurde ein sehr leckeres, gut abgeschmecktes Tatar serviert, mit einer schönen Senfcrème (die weissen Tupfen) und einigen Röstchips, die Knusprigkeit beitrugen.

Gebratenes Filet vom Loup de Mer (Heilbutt), Kartoffelmousseline, geschmorte Gurken & Senfsauce

Dies war mein erstes Fischgericht hier und leider etwas enttäuschend. Statt des angekündigten Loup de Mer wurde an diesem Freitag Heilbutt angeboten. Offensichtlich hatte der angelieferte Loup den Qualitätsansprüchen der Küche an die Rohware nicht entsprochen. Der Heilbutt aber war von der Konsistenz her zu fest und trocken und hatte auf der Oberfläche Bitternoten.

Ich hatte bei der Bestellung angefragt, die Senfsosse à part zu servieren, was mir auch bestätigt wurde. Der erste Teller kam dann aber komplett angerichtet und ging zurück in die Küche. Der zweite Teller war dann korrekt. Die Senfsosse war schön mild. Die brauchte man aber auch in der Kombination mit dem Fisch…

Quitten-Riesling Törtchen & Schokoladeneis

Interessanter Nachtisch, den ich mir von der Beschreibung her ganz anders vorgestellt hatte. Auf einem Kuchenboden befanden sich braune Quittencrème, Riesling-Gelee und Sahnekugeln. Das Ingwer- Quitten-Ragout links und rechts ist wahrscheinlich nicht jedermanns Sache.

Das Schokoladeneis geriet erst in Vergessenheit, wurde auf Nachfrage aber serviert.

Das hatte sich gelohnt: Das Eis war eines der Highlights dieses Mittagessens. Es handelte sich dabei nicht um ein Speiseeis im klassischen Sinne. Ich hatte eher den Eindruck, dass man es hier mit einer geeisten Mousse au Chocolat zu tun hatte. Man beachte die leichte schaumige Konsistenz, die auch auf dem Bild zu erkennen ist.

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Kürbiscrème, Kräuterquark und Salzbutter
Kartoffelsamtsuppe mit Schnittlauch, Sauerrahm & Speck

Ein einfaches Gericht, welches aber von Geschmack und Konsistenz überzeugte. Den fehlenden Sauerrahm habe ich nicht vermisst.

Gekochter Rindertafelspitz, Crèmespinat, Kartoffelrösti, Apfel-Meerrettich-Kompott (=Kren) & Schnittlauchsauce

Man bekommt den Teller mit den sehr knusprigen Kartoffelrösti und einem heissen Klacks ordentlich gesalzenen Spinats. Dann werden aus einer Silberschale mit Brühe das Stück Tafelspitz und die bissfest gekochten Karottenstücke serviert. Zum Schluss wird aus zwei Saucièren die Schnittlauchsauce und der Apfelkren angeboten. Dieses Gericht kann man hier jeden Donnerstag essen.

Das Fleisch hatte eine tolle Qualität, eines der besten Tafelspitzstücke, die ich je gegessen habe.

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Provenzalische Gemüsetarte mit Ziegenkäse & Salat

Blätterteig gefüllt mit einer Brunoise aus Aubergine, Zucchini, Paprika und Tomate ausgebacken mit Ei- Milch-Mischung, überbacken mit Ziegenkäsestücken (kann auf Wunsch auch weggelassen werden), bedeckt mit angemachten Friséesalat, Ruccola und einigen anderen Salaten. Sehr gut.

Fischsuppe von Meerfischen nach Bouillabaisse-Art mit Salzkartoffeln & Gemüse

Dies war wirklich eine sehr, sehr gute Fischsuppe. Verschiedene Stücke Fisch und Krustentiere, Kartoffeln und Gemüsestücke schwammen in einer Art leichter Hummerbisque. Die Bisque war derart, wie ich sie mir wünsche: zurückhaltend im erdigen Geschmack und gerade die richtige Süsse der Krustentiere. Dies war viel besser als die Hummersuppe, die ich einmal als Vorspeise hier hatte. Die Fischstücke waren nicht übergart und gerade perfekt im Biss. Selbst die Kartoffeln waren perfekt. Erweckten sie beim Berühren mit der Gabel noch den Eindruck, zu roh zu sein, stellten sie sich, wenn man sie ass, als nicht zu weich und nicht zu hart heraus. Mit Sauce Rouille und geröstetem Baguette wäre es perfekt gewesen.

Fazit

Der Jahreszeiten Grill bietet Mittagsmenüs von sehr guter bis hervorragender Qualität an. Zudem ist das Preis-Leistungsverhältnis gut bis sehr gut, bedenkt man, was “der Italiener um die Ecke” oft verlangt und welche Qualität man dann bekommt.

Speziell die Fleischqualitäten begeistern. Die Selektion an guten Weinen ist auch grösser als man von kleineren Restaurants erwarten kann.

Der Service ist meist souverän, immer freundlich, flexibel und korrigiert ohne Diskussion, sollte Mal etwas nicht stimmen. Ich mag auch das gepflegte Ambiente des Restaurants.

Ich kann für den Jahreszeiten Grill im Hotel Vierjahreszeiten Hamburg eine volle Empfehlung aussprechen.

Glam by Enrico Bartolini Venedig

Mittagessen
Besucht am 09.10.2020
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Im Herbst sind wir für einen Tag nach Venedig zurückgekehrt, um einiges nachzuholen, das wir im Sommer hier nicht “erledigen” konnten. Dazu zählte ein Besuch im Restaurant Glam by Enrico Bartolini und einer auf der Dachterrasse der Fondaco dei Tedeschi.

Enrico Bartolini betreibt mehrere Restaurants in Italien. Sein Hauptrestaurant ist wohl das al Mudec in Mailand, welches mit drei Macarons ausgezeichnet ist.

Wir starteten unser Mittagessen um 13:15 Uhr.

Es dauerte jetzt erst einmal eine geschlagene Viertelstunde bis wir erste Getränke geordert hatten und uns die Speise- und Weinkarten gereicht wurden.

Mein Wunsch nach Beratung an den Sommelier bezüglich eines fruchtig frischen Weissweins wurde mit einer Empfehlung zu einem Campi Flegrei Piedirosso 2015 von Contrada Salandra aus Kampanien beantwortet. Dieser war zwar weniger fruchtig, als ich erhofft hatte, zeichnete sich aber durch einen interessanten Abgang mit Honignoten aus und passte letztendlich gut zum Menü.

Nach Absprache entschieden wir uns für das 8-9 Gang Überraschungsmenü ohne Meeresfrüchte und Innereien für meine Frau.

Nun wurden viele Amuses bouches an den Tisch gebracht. Zwei Servicemitarbeiter mussten dazu je zweimal kommen.

Heringskaviar mit Fingerlime
Cracker in Pilzform auf einer Lebercrème
Baccalà-Millefeuille mit Kartoffelcrisp

Dies war eine sehr schöne Interpretation des Baccalà-Cicheti, welches man in den Weinbars in Venedig als Snack bekommt. Die sogenannten „Cicchetti“ sind eben delikate Häppchen (kleine Speisen und Snacks), die man in den Weinbars (genannt Bacari) von vormittags bis spätabends bekommt.

Frigella-Brot mit marinierten Anchovis, Ruccola, Mayonnaise und Zitronenabrieb

Sehr gut.

Ei-Crème mit Bottarga

Klassische Kombination mit einer sehr feinen Ei-Crème.

Mit Tomatenpaste und Auberginen-Crème gefüllte Teigkissen, darauf ein kleines weisses Stück Lardo
Knusprige leicht scharfe Paprikacracker

Ein letzter Gruss aus der Küche wurde gereicht.

Tartar vom Seebarsch im Briochebrötchen mit Ponzu

Sehr lecker! Man beachte das auf dem Deckel eingearbeitete Salz und die filigrane Dekoration.

Das war jetzt eine Menge Vorgeplänkel und wir waren schon fast ein und eine halbe Stunde im Restaurant. Ich sah schon unsere Reservation auf der Dachterrasse dahingehen…

Im Gegensatz zu den anderen Gourmetrestaurants, die wir innerhalb einer Woche besucht hatten, wurde unserer Tochter hier angeboten, etwas aus dem “normalen” Restaurant des Hotels zu bestellen, was sie mit dieser guten Carbonara auch tat.

Erster Gang, von dem ich leider vergessen habe, ein Foto zu machen: Zucchini aus Sant’Erasmo, Ei und Strike-Bier. Dieser Teller bestand aus zwei dünnen, langen “Baby”-Zucchini und dem Teil einer grösseren Zucchini, die genau zum richtigen Biss gedämpft waren, einem Eigelb, unter dem sich ein schwarzes Pulver befand und etwas Dekoration drumherum.

Acquadelle-Fisch mit Saucen: Ponzu-Sauce, schwarze Tintenfisch-Tinten-Sauce, salzige Limonensauce, Orangen-Gel

Dieses Gericht war spannender als der Name auf den ersten Blick suggeriert. Die frittierten Fische waren auf vier verschiedenen Saucen angerichtet und diese wiederum mit verschiedenen Kräutern (Minze, Dill, Salbei, Petersilie usw.) belegt. Durch die unterschiedliche Kombination der knusprig frittierten Fische mit Sauce und Kraut ergaben sich immer wieder andere Geschmacksbilder. Herrlich, allein hat mir die Ponzu-Sauce am besten geschmeckt.

Nun wurde ein geviertelter, runder, warmer Vollkornbrotlaib und ein Bottich mit aufgeschlagener Butter aus der Normandie serviert (ohne Foto).

Interpretation einer Parmigiana: Ofen-gebackene Aubergine, Peccorino-Käse, Sauce aus frischen Tomaten und ein Kräuter-Pesto.
Geräucherter Tintenfisch mit Myrthe, frittierter Tintenfisch, Blumenkohl, Sauce von schwarzer Tinte

Meine Frau bekam eine vegetarische Alternative mit Rosenkohl? (ohne Foto)

Lammravioli mit Trüffel und Olivenöl

Meine Tochter orderte zwischendurch noch ein Schokoladen-Eiscrème-Dessert.

Wacholder-Risotto, Praline von der Kalbsbacke und Chicorée-Saft

Sehr gut die Praline, bissfest das Risotto, herzhaft die braune Sauce. Leider trug der doch sehr bittere grüne Chicorée-Saft nicht gerade positiv zum Geschmackserlebnis bei.

Lamm aus den Dolomiten Lucane, rote Paprika, grüne Sauce und Estragon

Das Fleisch war von hervorragender Qualität und hatte eine knusprige essbare Kruste auf dem Fettrand.

Pré-Dessert: Limonensorbet mit Lakritz

Sehr erfrischend und nicht zu sauer. Zum Zeitpunkt des Fotos hatte ich schon etwas davon gegessen.

Dessert erster Teil: Schokoladensorbet, Milch von Joghurt und weisser Schokolade, Schokoladenblätter, Schokoladen-Crumble mit Gewürzen

Die Gewürze hatten es in sich. Sie fügten eine interessante Schärfe hinzu.

Dessert zweiter Teil: Schokoladenschaum über Schokoladenwasser, gewürzt mit dem Orangengeschmack der Tanacetum-Blume
Petit Fours von oben nach unten: Vanille Beignets, Tiramisu, Eiscrème-Sticks Waldfrüchtegeschmack, Weisse-Schokoladenkugel mit Gewürzen, Kapern-Kaffeebutter-Macaron, Passionsfrucht-Limonen- Tartelets

Nun war es 16:30 Uhr und wir hatten unsere Reservation auf der Fondaco die Tedeschi verpasst. Die Carbonara und die Eiscrème für das Kind wurden nicht berechnet.


Fazit
Es fliesst jeden Tag eine Menge Wasser den Canal Grande in Venedig herunter. Hier in diesem Restaurant, unweit des Canal Grande gelegen, würde ich das Tempo des Essens aber mit zwei Worten zusammenfassen – no flow.

Mir hat es allerdings gut geschmeckt. Die Zutaten waren von guter Qualität, die Zubereitung makellos. Bis auf einige wenige Ausnahmen stimmte auch die Kombination von Geschmäckern und Texturen. Ob ich hier auch im Vergleich mit anderen Restaurants dieser Kategorie zwei Macarons vergeben würde, bleibt dahingestellt.