Widder Restaurant Zürich

Abendessen
Besucht im September 2021
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Bei Herrn Heilemanns Team habe ich 2017 im Restaurant Ecco schon einmal gegessen. Nachdem das Hotel und demzufolge auch das dazu gehörende Restaurant geschlossen wurden, ergab eine glückliche Fügung, dass ein Grossteil des Teams vom Widder Hotel in der Zürcher Innenstadt übernommen wurde. Also eröffnen sich weitere Chancen, den Küchenstil zu geniessen. Eine habe ich heute ergriffen.

Der Gastraum im Widder ist so ganz anders als im Ecco. Helle Weitläufigkeit ist hier ersetzt durch einen relativ kleinen dunklen Raum mit 7 Tischen, 6 davon eingedeckt, deren zwei unbesetzt blieben. Allerdings ist das Beleuchtungskonzept so intelligent, dass ich gute Möglichkeiten hatte, Fotos zu machen.

Es wird ein 4, 5 oder 6-gängiges Menü angeboten und es gibt noch “Supplements” von einer Extrakarte. Ich entschied mich für 5 Gänge inklusive einem Dessert.

Wein zu den Vorspeisen: Grüner Veltliner, Bründlmayer, 2019, Österreich
Schon wurden Einstimmungen gereicht.

FRANZÖSISCHE FREILANDENTE
Bao Bun | marinierte Leber | knusprige Haut

Diese tollen Snacks sind sozusagen Klassiker aus Heilemanns Küche und werden auf vielfachen Wunsch der Gäste immer wieder Mal auf die Karte genommen. Den Chip aus knuspriger Entenhaut mit Entenschinken hatte ich bereits 2017 gegessen. Ferner gab es Foie Gras zwischen knusprigem Brioche mit einem Stück geräuchertem Aal und einen warmen Bao Bun, einen gedämpften Knödel, normalerweise gefüllt mit geschmortem Schweinebauch, hier mit Entenfleisch.

Warmes Sauerteigbrot mit Leinsamen und Roggen, geschlagene Butter, helloranges Salz aus Australien und eine hervorragende Speckbutter
LACHSFORELLE & GAMBA BLANCA | PASSIONSFRUCHT | MINZE | SÜSSKARTOFFEL

Als weiterer Gruss aus der Küche wurde dieses schön anzusehene kleine Gericht serviert. Auf einer Ceviche von der Lachsforelle thronten zwei Garnelen, umgeben von Minz- und Passionsfruchtperlen. Ferner meine ich noch Forellenkaviar und knusprige Mini-Brotcroutons ausgemacht zu haben. Dazu auf separatem Teller Süsskartoffelchips. Dies hat mir sehr gut geschmeckt.

BALFEGÓ THUNFISCH RÜCKEN, BAUCH & HERZ
Gillardeau Auster | Gurke | Kalamansi | Kaviar

Auf dieses Gericht war ich sehr gespannt, hatte ich doch vor zwei Wochen in der Schwarzwaldstube ein Gericht mit derselben Hauptzutat genossen. Um einen echten Vergleich zu haben, habe ich den Kaviar als Extra dazubestellt.
Auf dem Teller befand sich in der Mitte ein Tatar vom Bauch, bedeckt von einer Bauchscheibe, der Nocke Kaviar und Wasabi-Perlen. Seitlich waren dann drei Stücke vom Rücken zu finden, einige Würfel dunkelrotes Thunfischherz, Gurkenröllchen, zwei Gillardeau Austern, Leinsamencracker und grüner Tobiko, der Kaviar vom Fliegenfisch. Ein Gurken-Kalamansi-Sud gehörte auch noch dazu.
Die Kombination schmeckte fantastisch, die Thunfischqualität war exzellent, bis auf ein Stück Rücken, welches solche weissen Teilschichten hatte, die etwas zäh sind.
Um auf den eingangs erwähnten Vergleich zurückzukommen: Dieses Thunfisch-Gericht war ganz anders als das in der Schwarzwaldstube und wenn ich wählen müsste, wäre die Wahl schwierig. Ein kleine Tendenz zu Herrn Michels Kreation hätte ich aber wohl…

SEETEUFEL VON DER ALGARVE
Pulpo | Artischocke | Sherry Escabeche

Das nächste Gericht hatte Seeteufel zum Thema. Diese Zutat scheint es im Moment in guter Qualität zu geben, ist doch einer der Hauptgänge im Mesa im Moment auch Seeteufel. Hier wird dieser mit Pulpostücken, Herz, breiten Streifen und frittierten Stücken der Artischocke kombiniert. An der Seite findet man noch ein Salzfilet des Seeteufels und das Ganze ist von einer Sherry Escabeche umgeben. Kleine Paprikawürfel sind darin auch noch zu finden.
Für mich war dies ein absolutes Wohlfühlgericht. Die Escabeche war auf den Punkt abgeschmeckt und damit nicht zu sauer.

GEBRATENE ENTENLEBER „LABEL ROUGE“
Kürbis | gelbes Thai Curry | Kaffir Limette

Nun folgte die gebratene Entenleber, die von einem Kürbissalat bedeckt war. Umgeben war die Leber, die eine schön knusprige Kruste (Panko?) hatte, von einem gelben Thai-Curry-Sud. Am Tisch wurde Kaffir Limette darüber gerieben. Die Qualität der Leber war gut, bis auf eine dünne Sehne, die ich aus der Leber herausgearbeitet hatte, bevor diese den Weg in den Mund fand. Kann vorkommen. Wie der Kabeljau im Restaurant Aqua war dies etwas schwierig zu essen, da der Kürbissalat gerollt in dünnen zusammenhängenden Streifen kompakt auf der Leber thronte. Dafür gäbe es zwei Lösungen: kleinteiliger anrichten, d.h. Kürbisstreifen vorgeschnitten aufsetzen, oder dem Besteck ein wirklich scharfes Messer hinzufügen.
Kein Frage, trotz der kleinen Schwächen war dies ein sehr wohlschmeckendes Gericht.

JUNGES REH AUS TIROLER JAGD
wilder Brokkoli | Yuzu | BBQ Lack Wein darum herum: Tignanello 2017

Hauptgericht war Reh und zwar zwei Stücke vom Rücken bedeckt mit geraspeltem Rehschinken und Stücke der geschmorten Keule darunter. Dazu gab es Herbsttrompeten, wilden Brokkoli, zwei Tupfen Yuzu-Mayonnaise und einen Rehjus ebenfalls mit Yuzu. Dies war ein sehr schönes Vorherbst-Gericht mit einer Menge Umami und den kleinen Kick durch die Säure der Yuzu. Sehr gut.
Beim Wein wollte ich nicht so sehr ein passende Begleitung zum Hauptgericht. Hier wäre zweifelsohne ein Pinot Noir besser gewesen. Es werden im Restaurant Widder diverse Weine glasweise mit Hilfe des Coravin Systems angeboten, unter anderem (für mich) viel zu junger Chateau Petrus. Den 2017er Tignanello wollte ich aber probieren. Fazit dieser Probe: auch zu jung, öffnete sich auch nicht über die Zeit, die er hier im Glas war.

BÜHLER ZWETSCHGE
Felchlin Salomon Island Schokolade | Pistazie | griechischer Joghurt

Ich habe mich dann doch noch überzeugen lassen, ein Dessert zu nehmen und zwar Spalten der Bühler Zwetschge, Schokoladenganache am Boden des Tellers, darauf ein Schaum vom griechischen Joghurt und eine Pistazien-Eiscrème. Begleitet wurde es noch von Würfeln Pistazienkuchen und dreieckigen Abschnitten heller Pistazienschokolade. Dies war ein wohlschmeckendes Dessert. Ich hätte die Zwetschgen sogar weggelassen, die übrigen Komponenten machten daraus schon ein sehr gutes Dessert.

SÜSSER AUSKLANG
Canelé | Passionsfrucht | Tonkabohne
Champagner | weisse Schokolade | Cassis
Bienenstich | Mandel | Honig

Der Canelé, in dem Vanille aus dem traditionellen Rezept durch Tonkabohne ersetzt war, schmeckte sehr gut. Untendrunter war noch etwas Passionsfruchtcrème.

Die kalte gefüllte Praline aus weisser Schokolade sollte mit der Cassis-Dekoration und der Champagnercrème-Füllung an den Aperitif Kir Royal erinnern.

Mein Favorit war der ebenfalls gekühlte Bienenstich mit dem Florentiner obendrauf. Eine Wucht war die Mandel Vanille Honigcrème darunter.

Fazit

Wie schon nach meinem Besuch im Ecco bin ich der Meinung, dass das Küchenteam hier am oberen Rand der Michelin-Einordung von zwei Macarons kocht. Halbe Macarons werden vom Guide Michelin nun mal nicht vergeben.
Was würde ich mir noch wünschen? Vielleicht eine etwas abwechslungsreichere Anrichteweise. Ich finde es gut, dass hier auf dem Teller sichtbar nicht soviel aus Quetschflasche, mit Schäumchen und mit Pinzette angerichtet wird. Viele Gänge sind aber übereinander geschichtete Türme in tiefen Tellern. Das lässt sich gut essen und es bleibt nicht viel am Ende übrig, zumal jedes Mal auch ein Löffel für Jus, Sauce oder Vinaigrette gereicht wird. Grossflächigeres Anrichten gibt aber die Chance zu mehr unterschiedlichen Kombinationen auf der Gabel.

Man sieht es den Kreationen an, dass hier sehr viel aus der Zeit in der Schwarzwaldstube mitgenommen, aber trotzdem ein eigener Küchenstil entwickelt wurde. Interessant war, im Gespräch mit Herrn Heilemann hinterher zu erfahren, dass er dort im Prinzip Herdnachbar von Herrn Hoberg aus dem Ophelia war, bei dem ich einen ähnlichen Eindruck hatte.
Zumal das Widder Restaurant recht nah ist, komme ich gern wieder, sobald die Karte saisonal gewechselt wird.

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The Restaurant Zürich

Mittagessen

Besucht am 18.09.2020

Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Nachdem ich ein erstes Amuse Bouche Menü vor zwei Jahren im Dezember genossen hatte, kehrte ich nun in grösserer Runde zu einem im September zurück.

Auf im Vorfeld geäusserte Sonderwünsche (ein Gast der Runde islamischer Glaubensrichtung) wurde vorbildlich reagiert, auch die Weinkarte bekam ich auf Anfrage im Vorfeld.

Der Kern des Menüs besteht nach wie vor aus fünfmal drei kleinen Gerichten mit den Themenkreisen Vorspeisen, Suppen, Fisch, Fleisch, Dessert.

Wie man einem Interview mit Heiko Nieder anlässlich eines sehr interessanten Podcasts auf restaurant- ranglisten.de entnehmen kann, werden im Amuse Bouche-Menü vorwiegend Miniaturen aus den beiden 10-Gang Menüs vom Abend angeboten. Das ist, wie Heiko Nieder auch ganz richtig sagt, oft nicht ganz einfach.

Ich bestellte gleich zu Anfang einen Pouilly Fumé Villa Paulus 2017 von Masson–Blondelet, der gut zu den Vorspeisen passte und allen gefiel.

Nun wurden Kleinigkeiten vorweg gereicht.

Von oben nach unten: Löffel mit Zucchetti, Miso und Ponzu; Dampfbrot mit roter Beete, grüner Mango und Jalapeno; Lattich mit Banane, Chili und Essig; Eigelb mit Australischem Trüffel und Judas Ohr (ein Pilz); Eiersalat mit Senf und Alge; Tofu-Frischkäse mit Ingwer, Soja und Frühlingslauch; Baked Potato

Mit dem noch lauwarmen Dampfbrot sollte begonnen werden. Der Australische Trüffel war weniger aromatisch als erwartet. Die Textur der äusseren Schicht der Rolle mit Banane fand ich gewöhnungsbedürftig. Am besten gefallen hat mir das Cornet aussen bestehend aus knuspriger Alge, gefüllt mit einem delikaten Eiersalat und schön wahrnehmbarem Senfaroma. Der Tofu-Frischkäse auf dem Blatt war etwas schwierig zu essen, aber lecker.

Jetzt wurde sehr gutes warmes Sonnenblumenkernbrot mit Gewürzsalz- und Rapsbutter serviert (ohne Foto).

Von links nach rechts: Wassermelone, mariniert, Meeresgrün (Algen), Tamarillo, Ponzu und Salbei; Hummer mit Melone, Bronzefenchel, Estragon und grünen Currytupfen; Joghurt mit Granny Smith, Gurke, Dill und Matjes
Hummer
Noch mehr gutes Brot
Süppchen von links nach rechts: Broccoli-Schaum mit Ruccola, Lammwürfeln und Schwarzkümmel; Muschelschaum mit Safran und Stücken von der Jacobsmuschel; Petersiliensüppchen mit Schinkenstreifen und Urkräuterkäs.

Alle Süppchen waren sehr gut.
Als nächstes waren die drei Speisen an der Reihe, die Fisch und Meeresfrüchte zum Thema hatten.

Saiblings-Tatar mit Rapssamen und Kamillensud
Kaisergranat mit Kakaofruchtsaft, Kokosnuss, Chili und Dill

Dieses edle kleine Gericht kam am Tisch sehr gut an.

Seehecht mit Krautsalatsaft, Speck und grüner Peperoni
Drei Mal Fleisch, von links nach rechts: Rind geschmort mit Steinpilzen, Meeresgrün und Senf; Reh gebraten mit Gartenkräutern, Kohlrabi, Sonnenblumenkernen und Angostura; Sparerib mit Miso-Eigelb- Sauce, Wasabi, Sesam und Lattich.
Weinbegleitung: Avignonese 2015 Vino Nobile di Montalcino

Die Miso-Eigelb-Sauce zum Sparerib wurde am Tisch angegossen und war phänomenal.

Alternative zu den Spareribs:

Trüffel aus Australien, Broccoli und braune Butter

Für den Gast, der dieses Gericht hatte, war es das beste des Mittagessens.

Nachspeisen von links nach rechts: Burrata, geeist, Holunderblütenöl, Nektarine, grüne Mandel, Apfel- Balsam-Essig; Weisse Schokoladecrème, grünes Olivenöl, Kirschen-Rosmarin-Sorbet; Birnenmousse mit Süssholz und salzigem Mandelschaum; Griechischer Joghurt mit Erdbeeren und roter Beete

Mignardises 1. Teil:

“Das grüne Ding”: Weisse Schokolade, Avocado, Banane, Limette

Geschmacklich für alle am Tisch nicht so überzeugend: Erinnerte mich an den Bananencocktail, den ich kürzlich in der Puzzle-Bar in Hamburg hatte, der mir gar nicht geschmeckt hatte.

Mango Jelly; Himbeere gefüllt mit Limonenmousse und Süssholz

Der Fruchtgummi war diesmal intensiv und schmeckte auch nach Mango.

Mignardises Teil 2:

Oben: Macadamia mit popping candy, links: Weisse Schokolade mit lemon weed, rechts Gerösteter Reis mit Kakaofruchtsaft, Mitte: Cassis mit Veilchen

Der Hit hier: Macadamia mit popping candy.

Fazit

Wir genossen sehr gut zubereitete und angerichtete Speisen. Manchmal waren die Portionen zu klein, um verschiedene Kombination der Komponenten zu probieren. Dennoch verliess niemand den Tisch hungrig.

Mir persönlich fehlte oft der Kick, den es braucht, damit man Speisen länger in Erinnerung behält.

Dennoch war dies ein Mittagessen, dass allen in der Summe aus Geschmack, Wein, Service und Atmosphäre sehr gefallen hat. Das sind genug Gründe um wiederzukommen.