Besucht: Januar bis Dezember 2022 Mittagessen oder Abendessen Bewertung: 49 Michelin Macarons
Die regionale Reichweite umfasste auch dieses Jahr 4 Länder, Deutschland, Schweiz, Frankreich und Italien. Ich konnte in dieser Zeit 38 Mal über einen Restaurantbesuch berichten. Vier der Restaurants habe ich sogar zweimal besucht: Nagaya*, Rico’s**, IGNIV Zürich** und Bareiss***. Die besuchten Restaurants sind Ende 2022 in den regionalen Guide Michelins mit insgesamt 49 Macarons gelistet.
Zusammenfassend hatte ich den Eindruck, dass nach der Corona-Krise die Situation in den Restaurants schwieriger geworden ist, besonders was die Personalsituation angeht. Einige Restaurants kommen gut damit zurecht, andere weniger. Versäumnisse aus der Vergangenheit bezüglich der Arbeitsbedingungen werden nun zwangsläufig nachgeholt, wie es ein Restaurantleiter kürzlich mir gegenüber treffend formulierte. Vielfach wird deshalb nun kein Mittagservice mehr angeboten, was ich schade finde. Die Preise haben teilweise deutlich angezogen. Die Produktvielfalt, die auf den Teller kommt, ist nun wieder deutlich breiter als noch im 2021.
Nachfolgend also meine Top Ten ein bisschen geordnet nach typischer Menüfolge plus die beste Weinbegleitung. Dieses Jahr habe ich auch noch Gebäck in die Liste aufgenommen.
Abendessen Besucht im August 2021 Bewertung: Zwei Michelin Macarons
Dies war mein zweiter Besuch nach 2019. In Erinnerung blieb mir das sehr gute Essen und die hervorragende Weinbegleitung von Herrn Hinze, der, wie wir gleich nach dem Platznehmen erfuhren, inzwischen das Haus verlassen hat – eine kleine Enttäuschung zu Beginn. Im Moment gibt es hier ein Menü in maximal sieben Gängen. Bei der ersten Vorspeise kann man sich zwischen Gänseleber oder Jakobsmuschel entscheiden oder auch beide nehmen. Wir entschieden uns für das Menü in sechs Gängen mit Jakobsmuschel. Beim Hauptgang hat man die Wahl zwischen Lamm und Perlhuhn. Da ich in letzter Zeit oft Lamm mit Beilagen aus der Südfranzösischen oder Nordafrikanischen Geschmackswelt gegessen hatte, entschied ich mich für das Perlhuhn.
Dazu nahmen wir die Weinbegleitung, die wir uns am Anfang auch erläutern liessen, uns zu diesem Zeitpunkt aber nicht sehr beeindruckt hatte. Später dazu mehr…
Wie immer, servierte Herr Hoberg mit.
Ich bitte die teilweise nicht optimale Qualität der Bilder zu entschuldigen. Die Lichtverhältnisse waren nicht die besten.
Nun wurden Appetitmacher serviert.
Bodenseefelchen
Dreierlei vom Bodenseefelchen: geräuchertes Filet, Tartar und Kaviar. Ganz hervorragend.
Blumenkohl I Trüffel
Törtchen gefüllt mit Blumenkohl getoppt mit Kaviar. Im Mund recht flüssig mit deutlich wahrnehmbaren kleinen Blumenkohlröschen. Der schwächste der Appetitmacher mit wenig herausgearbeitetem Blumenkohlaroma und auch schwachem Trüffelgeschmack.
Saibling I Lauch
Flaches Tartelette mit gebeiztem Saibling und schönem grossen Saiblingskaviar. Einfach Klasse. Besonders gefällt mir, wenn der Kaviar im Mund sein jodig salziges Meeraroma preisgibt.
Duroc I Kataifi
Warme Kataifi-Rolle gefüllt mit gebackenem Durocfleisch aus der Region und asiatischen Gewürzen. Interessante Geschmackswelt mit Duroc von bester Qualität. Einfach gut!
Aal Rettich Kresse
Als letzter Gruss aus der Küche leicht angeräucherter Aal auf Aalgelee mit Rettich und Curry- und Kressecrème. Hier nicht zu sehen wurde noch ein heller Schaum am Tisch angegossen. Dazu der erste Wein aus der Begleitung: Weingut Wörner, Steillage weiss 2018, ein Cuvée aus Riesling und Müller Thurgau. Was für ein Wein! Das war ein Kracher gleich zu Beginn.
Carpaccio von der schottischen Jakobsmuschel auf Fenchelmousse, marinierte Fenchelstreifen, geräuchertes Frischkäse-Eiscrème und eine Buttermilch Dill Kaviar Vinaigrette. Der Wein hierzu passte, war aber der schwächste aus der Begleitung. Hier liesse sich bestimmt auch ein gutes Gewächs aus Deutschland finden. Das Gericht selbst war sehr wohlschmeckend. Alle Komponenten optimal aufeinander abgestimmt. Fenchel könnte hier dominierend sein. War es aber nicht.
In Olivenöl Sous Vide gegarte rote Garnele mit Gurkenscheiben, darauf Olivenölschaum, Olivenöl- Grissini und eine Gelsphäre gefüllt mit einem Farro-Salat. Farro ist das italienische Wort für Dinkel. Auch hier waren auf dem Teller optimal aufeinander abgestimmte Komponenten mit klar zu erkennendem Eigengeschmack aber nichts dominierend. Harmonie pur!
Seeteufel auf grünen Bohnen, darauf eine Mirepoix aus Bohnen und Schweinbauch, daneben ein Artischockenboden gefüllt mit Artischockenragout, Tomatenpürée als Umrandung, abgezogene Cherrytomaten und eine himmlische Tomaten Beurre Blanc. Seeteufel und Schweinebauch – eine Traumkomposition. Die Bohnen fügten Knackigkeit hinzu und die Tomaten Beurre Blanc war einfach traumhaft gut. Wir leerten die kleine am Tisch verbliebene Saucière bis auf den letzten Tropfen.
Der Wein harmonierte wunderbar mit dem Gericht. Nahm man ein Stück Fisch und anschliessend einen Schluck Chardonnay kam die Vanillenote des Weins intensiv zum Vorschein.
Kalbsbries Herz Brioche Pfifferling Wirsing Weinbegleitung: Vollmayer Höchste Lage (560 m) Chardonnay 2020, Biowein, Baden, Bodensee
Glasiertes gebratenes Kalbsbries mit knusprigen Croutons und knackigem Schnittlauch auf Kalbsherz-Carpaccio mit einem Wacholder-Kalbsbrust-Jus, dazu Wirsingpraline und –crème und eine Pomme Souflée mit Parmesanaroma. Auch wenn der Hauptdarsteller auf diesem Teller aussen durch die Glasur nicht wirklich knusprig war, was meine bevorzugte Zubereitungsart von Bries ist, war dies ganz hervorragend. Dieser Jus hatte durch den Wacholder einen einzigartigen Geschmack, sodass wir dafür Sorge trugen, dass kein einziger Tropfen zurück in die Küche ging. Ebenfalls bemerkenswert – die Wirsingpraline.
Dreierlei von der Zitrone: Granité, Sorbet und Crunch
Hervorragender Neutralisator vor dem Hauptgang – gerade richtige Säure nicht zu süss.
Perlhuhnbrust mit Australischem Wintertrüffel, Tartelette mit Erbsencrème, Erbsen und Mandeln, säuerlich eingelegte Köpfe von Enokipilzen? In separatem Schälchen Kärntner Nudel mit Nussbutterschaum und Trüffel. Ein sehr guter Hauptgang mit leichten Schwächen: Ich vermisste die Knusprigkeit der Haut, aber die Brust war schön saftig, wiederum Trüffel von nicht optimaler Qualität. Vielleicht ist weniger manchmal mehr. Das Gericht hätte gut auch ohne den Trüffel bestanden, zumal das Tartelette auch ganz hervorragend war. Der “Raviolo” à part gereicht war eine schöne Idee und ich hätte ihn nicht missen mögen. Der Rotwein unterstützte hier gut und war von der Aromatik nicht zu stark.
Pré-Dessert: Tiramisu
Mascarponecrème am Boden des Schälchens mit Espresso, knusprigen Espresso-Perlen, Mocca- Eiscrème und Sablé.
Nussbutter-Spaghetti-Eis mit weisser Schokolade und Kirschsauce, marinierte Kirschen mit einer künstlichen Kirsche aus Valrhona-Schokoladencrème mit Haselnusskern, mit Kirschgelee überzogenes Eierlikörcrème-Rad auf Schokoladen-Biskuit und obenauf glasierter Kirsche. Kirsche hatte ich zum Dessert neben Aprikose in dieser Saison schon öfter. Dies war eine der besten Darbietungen. Der Sommelier, Herr Nicke, erklärte uns die Idee der Wahl des ja recht süssen Sauternes damit, dass dieser ganz gut mit dem nicht zu süssen Nussbuttereis harmonieren sollte. Dem war tatsächlich so.
Süßigkeiten: Oben auf dem Löffel Kokos-Eiskonfekt mit Mandel und weisser Schokolade Rot-weiss-gesprenkelt: Salzkaramellpraline Mit Blattgold-Deko: Lakritzwaffel mit sehr knuspriger Waffel und dezentem Lakritzgeschmack (gut!) Zitronentartelette mit Zitronecrème und weichem geflämmten Baiser obenauf
Fazit
Ich war wiederum und wir waren begeistert. Neben dem sehr guten Essen beeindruckte uns auch der Service. Für mich stehen die Speisen von Herrn Hoberg und seinem Team (den “Jungs” aus der Küche) über dem Niveau von den meisten gleich bewerteten Restaurants, die ich dieses Jahr besucht habe. Dieses Gefühl hatte ich nur noch bei Herrn Rüffer im Restaurant Haerlin in Hamburg. Mit Herrn Nicke hat man einen sehr guten Ersatz für Herrn Hinze gefunden. Seine Weinbegleitung war sehr gut bis hervorragend und auch er hatte zum Wein viel Interessantes zu erzählen.