Die Burg Aasen

Besucht: Mai 2023
Mittagessen
Bewertung: Ein Michelin Macaron

Neu leuchten drei Michelin Macarons über Donaueschingen. Neben dem mit zwei Michelin Macarons ausgezeichnetem Oesch Noir im etwa zwei Kilometer Luftlinie entfernten von den Aldi-Brüdern gegründeten Golfhotel Oeschberghof hat es dieses Mal auch für die Burg geklappt. Viele hatten dies ja schon länger vorausgesagt.

Wer hier eine Burg sucht, wird trotz Namen des Hotels und Restaurants und trotz der Adresse Burgring keine finden. Das Gebäude ist ein modernes Haus mit Balkon im ersten Stock.

An diesem Sonntag waren die Chefs für ein Event ausser Haus. Dies tat der Qualität aber keinen Abbruch. Die Küchenleistung wird heutzutage ja vom Team erbracht. Wie sagte Paul Bocuse sinngemäss doch so schön auf die Frage, wer denn koche, wenn er nicht da sei: “Der, der auch kocht, wenn ich da bin.”

Bei meiner Ankunft war schönes Wetter, so dass ich auf dem Balkon Platz nehmen konnte. Durch ein herannahendes Gewitter verschlechterte sich das Wetter zusehends, so dass ich die zweite Hälfte des Menüs drinnen einnahm.

Angeboten werden ein bis zu siebengängiges Omnivore-, ein fünfgängiges vegetarisches Menü und à la Carte Gerichte. Ich entschied mich für 6 Gänge, liess den Käse also weg.

Ein Gruss aus der Küche kam als erstes.

Gruss aus der Küche: Sellerie-Curry Süppchen mit Kokos-Schaum, Cashew-Nüssen und Sesamöl

Kleine Stücke Stangensellerie waren darin zu finden. Etwas Zitrus fügte dem guten Start milde Säure hinzu.

Gedeck: Hausgemachtes Brot aus 40-jährigem Sauerteig mit Aufstrichen

Aufstriche waren aufgeschlagene Butter mit Lauchasche und Kräuterquark mit Salzzitrone und Kreuzkümmel.
Brot und aufgeschlagene Butter schmeckten sehr gut. Der Kräuterquark schmeckte mir zu sehr nach Kreuzkümmel und hätte ohne ihn wohl dahingehend gewonnen, dass man die anderen Aromen auch geschmeckt hätte.

Spargel: Badischer Spargel mit Rettich, Radiesle, Brunnenkresse und grünem Apfel

Ein Spargelflan als Basis war mit eingelegtem Spargel, Rettich und Radieschen–Scheiben belegt. Ferner befanden sich noch Stifte von einer grünen Apfelsorte, Brunnenkresse, Vogelmiere und Kaviar des Feldes auf diesem vegetarischen Gericht. Kaviar des Feldes sind gekochte und von den Schalen befreiten Samen der Pflanze Kochia Scoparia.
Eine Flüssigkeit bestehend aus Spargel-Vinaigrette mit Yuzu-Aromatisierung und Brunnenkresse-Öl wurde am Tisch angegossen.
Die Vinaigrette schmeckte intensiv nach Spargel. Die Komposition des Gerichts war stimmig und eignete sich mit der Frische und Säure gut als Start in das Menü. Das Thema Hollandaise wurde auf leichte Art intelligent in der Form des Flans aufgegriffen.

Thunfisch: Roh marinierter Rücken vom Balfego Thunfisch mit Entenlebereis, roter Beete und Rhabarber
Weinbegleitung: 2018 UBE Bodegas Cota 45 Miraflores, Spanien

Ich hatte hohe Erwartungen an dieses Gericht und wurde von der Kombination Thunfisch- Sashimi von sehr guter Qualität und Entenlebereis nicht enttäuscht. Mehr hätte es gar nicht gebraucht. Die dritte Hauptkomponente auf dem Teller war rote Beete die Erdigkeit hinzufügte. Diese war einerseits als Ravioli verarbeitet, die wiederum mit Thunfischtatar gefüllt waren. Andererseits wurde sie als Flüssigkeit am Boden des Tellers zusammen mit Sojasauce und Rhabarber-Brunoise verarbeitet. Ferner sind auf dem Teller noch Reiscrisps als knusprige Komponente, dünne Karottenstreifen und sehr dünne Streifen von einer getrockneten Alge zu sehen. Sehr gut!

Ente: Hausgemachte Ravioli mit geschmorter Ente und Parmesan gefüllt, Artischocke und Trüffel

Unerwartet kristallisierte sich dieser Gang in der Rückschau auf das Menü als mein Favorit heraus. Es bot Umami pur! Drei auf einem Trüffelpüree platzierte Ravioli gefüllt mit geschmortem Entenfleisch, Morchel, Friséesalat und knusprigem Parmesanchip waren umgeben von bissfeste gebratenen Artischockenspalten. Ein intensiver herzhafter Entenjus und –schaum verband das Ganze.

Seeteufel: Gegrilltes Filet vom Seeteufel in Krustentiervelouté, Safranfenchel und schwarzer Knoblauch
Weinbegleitung: 2021 Saroto Arribas Wine Company, Portugal

Ein Turmhohes Stück gegrilltes Seeteufelfilet ruhte auf orangen Stücken von Safranfenchel. Oben auf dem Stück befand sich schwarze Knoblauchcrème mit Sesam und ein Fenchelsalat. Ein sehr intensiver Krustentierschaum umrahmte das Ganze. Der Fisch war von guter Qualität und Garung, die Aromenkombination stimmig.

Lamm: Rosa gebratener Lammrücken und Lammbries mit Spinat, Kohlblättern, Zitrone und Buchweizen
Weinbegleitung: 2020 La Combe du Temps, Grenache/Syrah, Frankreich

Als Hauptgang fungierten je drei Stücke Lammrücken und Lammbries auf Spinat, Grünkohlblättern mit knusprig frittierten Grünkohlblättern, Zitruscrème und eingelegter Zitrusschale on top. Die Rückenstücke mit Fettrand und knuspriger Kruste waren rosa gebraten und überzeugten durch gute Fleischqualität und Konsistenz.
Dazu gab es à Part ein Risotto aus Buchweizen mit gepufftem Buchweizen. Die grüne Farbe kam durch Verwendung von Spinat auch hier. Im Risotto befanden sich noch geschmorte Stücke von der Lammkeule.

Quark: Eis und Mousse vom Schwarzwälder Sahnequark mit Grapefruit, Getreide und Estragon

Als leichtes Dessert wurde Sahnequark als mit Estragon aromatisierte Scheibe Parfait und Eiscrème pur verarbeitet. Auf der Scheibe befand sich noch eine Mischung aus verschiedenen Getreidesorten, Grapefruitfilets und Chips. Umgeben war das Ganze von einer Flüssigkeit, bei der ich Estragon-Öl, Grapefruit und Honig herausschmecken konnte.
Mit der Verarbeitung des Estragons im Parfait konnte ich mich nicht so anfreunden. Das ist aber eine persönliche Preferenz.

Pralinés von der Schwarzwälder Genusswerkstatt St. Georgen
Ich hatte die Sorten Passionsfrucht und Nougat. Gute Pralinen, aber nicht überragend.

Fazit

Hier wird gut bis sehr gut gekocht. Produkte und Zubereitung waren einwandfrei. Begeistern konnten Spargel, Balfego-Thunfisch und insbesondere die Ravioli. Seeteufel und Lamm waren sehr gut. Das Dessert entsprach nicht meinen Vorlieben, hatte aber sonst keinen Makel, war also immer noch gut. Die Atmosphäre im Restaurant ist entspannt, der Service professionell und freundlich.

Webseite des Restaurants: Der Natur – ganz nah. burg-aasen.de

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SAGA New York

Besucht im Januar 2023
Abendessen
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Mit dieser Reservation ging ich lange “schwanger”. Das Restaurant, dem James Kent vorsteht, vormalig Executive Chef im 11 Madison Park und Leiter des Nomad Restaurants, als dort noch Fine Dining zelebriert wurde, ist letztes Jahr mit einem zweiten Michelin-Macaron ausgezeichnet worden. Zur Attraktivität des in einem Art-Deco Gebäude nahe der Wall Street gelegenen Restaurants an der Südspitze von Manhattan trägt der Atem-beraubende Blick von der 63. Etage über New York bei. Was für mich solch eine Reservation, die normalerweise lange vorher getätigt werden muss, schwierig macht, ist der Zwang, einen unter keinen Umständen erstattbaren Tock für etwa 300 US$ erwerben zu müssen. Da das Zieldatum an meinem Ankunftstag in New York war, zögerte ich, griff dann aber doch 2 Tage vorher zu, da eine Reservation der 2. Schicht noch verfügbar war. Hat man einmal reserviert, wird im Vorgang recht intensiv per Email und SMS kommuniziert und auch ein Link auf die Weinkarte zur Verfügung gestellt. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich noch das Crown Shy, ein ebenfalls mit einem Michelin-Macaron ausgezeichnetes Restaurant des gleichen Besitzers.

Im Gebäude angekommen, steht man erstmal am Empfang im Erdgeschoss. Die Damen sagen oben Bescheid, dass man angekommen ist und man muss auf den Lift warten, in dem man dann nach einiger Zeit allein nach oben fährt. Oben angekommen, öffnet sich die Lifttür und man blickt auf die Bar, in der man nach Begrüssung und Abnahme der Jacke einen Cocktail angeboten bekommt, der im Menü inklusive ist. Man hat die Auswahl aus vier verschiedenen. Ich entschied mich für einen mit den Zutaten Kirschblüte, Mineralwasser und Champagner.

Cocktail: Kirschblütenauszug, Sodawasser, Champagner, Eis

Hernach wird man an seinen Platz geleitet. Das Restaurant ist in mehrere Räume aufgeteilt, die zum Zeitpunkt meiner Ankunft gut gefüllt waren.
Angeboten wird hier ein Überraschungsmenü, zu dem es auch keine ausgedruckte Version während des Essens am Tisch gibt. Auf Verlangen wird es einige Tage später per email zugesandt. Angekündigt werden 7 oder 8 Gänge oder so (wörtliche Übersetzung, was am Tisch so gesagt wurde). Blieb nur noch die Auswahl des passenden Getränks. Ich hatte im Vorgang ein paar passende Flaschen Wein herausgesucht, stellte aber fest, dass die im Restaurant ausgehändigte Weinkarte ganz anders war. Halbe Flaschen gibt es nicht und auf Glas-weise Begleitung hatte ich eigentlich keine Lust. Die Diskussion mit der sehr netten Chef-Sommelière ergab, dass ich ausnahmsweise auch die Möglichkeit habe, einen Wein aus der Weinkarte des Crown Shy auszuwählen. So kam ich zu folgender Wahl: 2019 Sancerre Le Grand Roc, Domaine Gérard Fiou.
Als Ausgleich für die Irritation wurde mir ein Glas Champagner angeboten.
Los ging es mit einem Gruss aus der Küche:

Peaky toe crab, chili, crab-bisque

Klarer heisser aromatischer Krustentierauszug über gezupftem Krabbenfleisch, etwas Gemüse und eine subtile Chilischärfe zeichneten diesen kleinen Herzwärmer aus.

Canapes
uni octopus tuna
abalone oyster

Eine Art simple Etagère mit Oktopus-Spiess, Uni-Taco und Thunfischtatar-Körbchen oben und Auster und Abalone unten wurde aufgetischt.
Im Einzelnen waren das: gegrillter Oktopus mit BBQ-Lack, Seeigel zwischen dünnen knusprigen Waffelscheiben, Thunfisch-Tatar im knusprigen Gebäckzylinder mit Rettich und Forellenkaviar, gegrillte Abalone mit nicht näher von mir identifizierten Beilagen und eine Auster mit Cranberry und Cranberry-Vinaigrette. Dies war ein interessantes grösstenteils wohlschmeckendes Potpourri aus dem Meer.

Royal Sturgeon Caviar
brown butter, bonito

Ein Perlmuttlöffel wurde als Besteck aufgelegt. Dies kündigt normalerweise einen Gang mit Kaviar an und so war es dann auch. Auf einem warmen Bonito-Espuma befand sich in der Mitte des Tellers eine Biskuit-Gebäckscheibe bedeckt mit reichlich Kaviar, dekoriert mit sauer eingelegten roten Zwiebeln, Kartoffelchips Geschmacksrichtung Salz und Essig, Kresse und Holunderblüten. Dies schmeckt sehr gut, speziell die elegante Kombination von Schaum und Kaviar.

Honeynut Squash
morcilla sausage, squash mole, knafeh, pistachio, huckleberry, chicory

Als nächstes kam eine Variation vom Honignuss-Kürbis in drei Tellern an den Tisch. Nach meinem Eindruck der Hauptteller war der silberne, auf dem sich über einer warmen Ricotta- Crème knusprige frittierte Kürbisfäden nach Knafeh-Art befanden, die mit Pistazienstücken und Heidelbeeren bedeckt waren. Knafeh ist eine normalerweise süsse orientalische Rezeptur, die mit der gesponnenen Pasta Kataifi, Frischkäse, Nüssen, Pistazien und süssem Sirup zubereitet wird. Hier war es nicht süss.
Auf dem Teller links befand sich Kürbis-Mole, ein Stück Spanische Blutwurst und?. Ein Chicoreesalat, der ein grösseres fermentiertes Stück Kürbis in der Mitte bedeckte, komplettierte das Trio. Dies war eine sehr abwechslungsreiche Zubereitung auf Basis Kürbis sowohl von Geschmack als auch Texturen und speziell zu diesem Gang passte der von mir gewählte Sancerre perfekt.

Black Bass
scallop, little neck clam, carrot, sesame, ginger

Auf einer Karottenschnecke befand sich gebratener Schwarzbarsch und darauf eine gebratene Muschel. Am Tisch angegossen wurde eine sehr intensive Sesam-Curry-Ingwer-Sauce, di sich auch durch leichte Schärfe auszeichnete.

Dry-Aged Duck
duck tagine,
sunchoke = Topinambur, persimmon = Kaki, brussels sprout = Rosenkohl,
chickpea = Kichererbsen, harissa,
chili honey,
yogurt, hummus,
m’semen bread

Der Hauptgang präsentierte sich als eine Komposition aus 7 Teilen. Die Hauptsache, zwei Wochen trockengereifte, gemäss Beschreibung in einer Tajine zubereitete, in Scheiben geschnittene Entenbrust, befand sich mit diversen Beilagen in einem Kupfertopf mit Steinguteinsatz. Die Beilagen waren Rosenkohl, mit einer Farce gefüllte Rosenkohlrouladen, Topinamburchips gegrillte Kaki, Blutampfer und Entenjus. Die Entenbrust war phantastisch, eine der besten, die ich in letzter Zeit hatte – das Fleisch schön zart und eine knusprige Haut.
Auf dem nächsten Teller war Kichererbsencrème (Hummus) mit gezupftem gebratenen Keulenfleisch und Schnittlauchcrème angerichtet.
Ein weiterer Teller enthielt mit Knoblauch aromatisierten Joghurt und geröstete knusprige Kürbiskerne.
Schliesslich gab es noch einen Fenchelsalat mit Kaki.
In kleinen Schälchen wurde eine Harissa-Sauce und eine Honig-Chili-Sauce gereicht.
Dazu gab es ein hervorragend schmeckendes m’semen Fladenbrot, dessen Rezep ebenfalls aus dem Maghreb (Nordafrika) stammt. Die Komposition war stimmig, es schmeckte sehr gut, war aber eindeutig zu viel. Den Fenchelsalat konnte ich nur noch probieren und musste das meiste auf dem Teller liegen lassen.
Die Sommelière offerierte mir zu diesem Gang ein Glas Rotwein: 2006 Mayacamas Cabernet Sauvignon, Napa Valley, Kalifornien, USA – ein hervorragender Wein und sehr passend für dieses Gericht.

Moroccan Tea
mint, orange blossom, date, pistachio

Weiter ging es orientalisch. In einer beeindruckenden Zeremonie wurde sehr aromatischer mehrfach gebrühter mit Orangenblütenessenz zusätzlich aromatisierter Tee aus echter Pfefferminze aufgegossen und mit einer Dattel-Pistazien-Minzpraline serviert. Das war ideal, um den Gaumen nach dem opulenten Hauptgang zu neutralisieren.

Chocolate
malt meringue, chocolate sorbet, blonde chocolate cremeux

Ein kleines Desser gab es auch noch. Man hat die Wahl zwischen Ananas und Schokolade, zu der ich mich entschied.
Auf einer hellen Schokoladencremeux befand sich etwas Schokoladencrumble, darüber Schokoladensorbet, welches mit etwas Fleur de Sel versehen und von einer Scheibe getoastetem Malzbaiser bedeckt war.

Candy Shop
pumpkin walnut bonbon,
yuzo kosho caramel bonbon,
rice crispy treat,
satsuma nougat,
dark chocolate pretzel caramel

Der Abend endete mit einem Karussell mit diversen Mignardises. Es ging beim besten Willen nichts mehr rein und man bot mir sogleich an, diese einzupacken, dem ich auch dankend zustimmte.

Fazit

Es hat sich gelohnt hierher zu kommen. Die Gerichte sind recht komplex, die Handschrift an diesem Abend war eindeutig Nordafrikanisch. Nach meiner Zählung habe ich 5 Gänge gegessen, deren zwei (Kürbis, Ente) etwas ausufernder in der Darbietung waren. Highlight für mich war eindeutig der Hauptgang und hier insbesondere die hervorragende Entenbrust, sowohl die Produktqualität als auch in der Zubereitung.
Das Gesamterlebnis hier ist sicherlich speziell: Warten vorm Aufzug, Cocktail zu Beginn, Zeremonie mit Tee und nicht zuletzt der herrliche Ausblick auf Manhattan, den man hier aus dem 63. Stock geniesst. Der Service war sehr freundlich und ohne Fehl und Tadel.

Website: SAGA

Restaurant Tim Raue Berlin

Mittagessen
Besucht im August 2022
Bewertung: 2 Michelin Macarons, Platz 26 The World Best 50 Restaurants

Vor einigen Jahren war ich schon einmal zum Mittagessen bei Tim Raue und es hatte mir gut gefallen. Anlässlich der Feier unseres Hochzeitstages war es an der Zeit, sich wieder Mal einen Überblick zu beschaffen, wie die Küche hier gegenwärtig so ist und vor allen Dingen zu geniessen.

Neben der Auszeichnung mit zwei Michelin Macarons ist das Restaurant auch als zweitbester Deutscher Vertreter auf Platz 26 der World Best 50 Restaurants Liste, kurz Pellegrino-Liste geführt. Über diese Liste mag man denken, wie man will. Allerdings scheint sie unter Gastronomen ganz beliebt zu sein, machen die Herausgeber der Liste doch gutes Marketing, was dann noch mehr internationale Gäste anzieht.

Zum Lunch kann man sowohl die Menüs bestellen, die hier auch abends serviert werden, als sich auch für ein Mittagsmenü in 4 bis 9 Gängen entscheiden, dass es in einer Omnivoren- und einer veganen Version gibt. Die Signaturgerichte Peking-Ente oder der Wasabi-Kaisergranat können gegen Aufpreis als Ersatz oder zusätzlich bestellt werden.
Auf der Lunch-Menü-Karte stehen 9 Gerichte und bis auf das Kimchi hatten wir 8 davon.

Beim Wein nahm ich ein Glas Weisswein und zum Hauptgang ein Glas Rotwein aus der Weinbegleitung. Meine Frau trank zwei interessante Limonaden. Die Beschränkung bei den Getränken hatte ihre Ursache in einer Abendreservation im Coda Dessert Dining, in dem ja zu jedem Gang ein passender alkoholischer Begleiter serviert wird.

Apéro

Von links im Uhrzeigersinn:
Grapefruit & Timutpfeffer-Meringue
Edamame & Erbse mit Limettenöl
Grüner Curry-Marshmallow, Kokosnuss & Peruanische Minze
Senfkohl, Senfdressing & Crème Fraîche
Karamellisierte Chinesische Walnuss
Sichuan Schweinebauch
Pulpo Holzkohle-Aioli & Yuzu oder Honigtomate mit Passionsfruchtgel
In der Mitte: Fischsud, Staudensellerie & Mandarinensaft oder Tomaten Kimchi Sud

Sehr gute und Abwechslungsreiche Zusammenstellung von Kleinigkeiten vorweg. Alle Grundgeschmacksrichtungen plus Schärfe waren vertreten.
Uns hat der Schweinebauch am besten gefallen.

Zum Vergleich Bild von der Webseite des Restaurants

Alternative zum Pulpo Holzkohle-Aioli & Yuzu: Honigtomate mit Passionsfruchtgel

dim sum “ente à l’orange“, kumquat & kürbis

Gehacktes Fleisch von der Pekingentenkeule mit five spice, Salat vom Kürbis, Kumquat & Kalamansi, cremiger Schaum von Entenbrühe & Steinpilzpulver, Sud von Ente & Orange, Koriander, rotes Pepperoni-Chili-Öl

Wir haben die Frische-Koriander-Diskussion mit dem Restaurant im Vorwege geführt – und uns trotzdem für Gerichte entschieden, die Koriander enthielten. Wenn dieser so gut in die Gerichte eingebunden ist wie hier, ist es wirklich kein Problem. Die Dekoration kann man bei Seite räumen. Dieser Dim Sum im Nudelteig war ganz hervorragend. Reichlich Umami durch Füllung und Flüssigzubereitungen vorhanden und dazu der ideal passende fruchtige Salat oben auf jeder Teigtasche.

dim sum „har gau, krustentiere & bambus“
Weinbegleitung: 2021 Nanami Sauvignon Blanc trocken Exklusivabfüllung für Tim Raue Jochen Dreissigacker

Dim Sum vom Krustentier mit Bambuspilz, frischem Bambus, Krustentiersud, Krustentiermayonnaise, Mandarinenschale
Auch diese völlig anderen Dim Sum waren ganz hervorragend: Die mit einem Netz eingewickelte und gedämpfte delikate Krustentierfarce war mit einer weichen Scheibe Bambuswurzel, Krustentiermayonnaise und Mandarinenschale bedeckt. Im Teller befand sich noch reichlich Krustentiersud. Sehr lecker.

makrele, shiso & ponzu

Geflämmtes Sashimi von der Makrele, Topinamburcrème & -chips, grünes Thai Chili-Gel, Gurkenkugeln, Shiso-Ponzu-Sud, frischer Shiso

Fantastische Fischqualität nicht ganz roh, weil leicht angeflämmt, gesellte sich hier zu interessanten Begleitern wie oben aufgeführt. Speziell der Shiso-Ponzu-Sud half durch sein Umami beim Aufbau einer typisch Japanischen Aromenwelt. Hat mir sehr gefallen. Shiso sind die grünen Blätter, ein Japanisches Kräutergewächs aus der Minzfamilie.

ikarimi lachs, tomate, anis

In Öl konfiertes Ikarimi Lachsfilet, gebutterter Sud von Tomatensaft & Marukan Reisessig, Kompott von Tomate & Sternanis und grünem Anis, Süsskartoffelpüree
Der Lachs war fantastisch und konnte durchaus mit meiner Lachsreferenz mithalten, dem aus dem Le Bernadin in New York.

Ikarimi-Lachs ist eine japanische Edel-Lachszubereitung und für seine feste Konsistenz, Geruchlosigkeit und intensive Farbe bekannt.
Marukan ist ein Essighersteller.

saté huhn, mango & erdnuss

Maishuhnkeule mit Reiswein mariniert & gegrillt, Sud von Erdnüssen & Butter, Erdnusscrème, Mango & Gurke und rote Zwiebeln mit Nuoc Mam Sud & fette Henne
Sehr guter Saté-Spiess mit Erdnusscrème und einem Sud von ebendiesen. Ich hatte fast den Eindruck, dass hier auch ein wenig Koriander verarbeitet wurde, war aber wohl Zitronengras. Nuoc Mam ist eine Vietnamesische fermentierte Fischsauce und ist auf dem Bild als oranger Spiegel auf dem rechten Teller innerhalb der roten marinierten Zwiebelringe zu sehen. Fette Henne ist eine Pflanze und auch unter dem Namen Mauerpfeffer bekannt.

kalb, soja, apfel
Weinbegleitung: 2015 Le Sid Cahors Cosse-Maisonneuve Sud-Ouest

Erbsenpüree, Salat von Apfel-Ingwer, Sojasprosse-Staudensellerie-Zuckerschote und Jalapeño, Shiso, gerösteter schwarzer Quinoa, Kamebishi Soja Jus, Gelee vom Calville-Apfel
Fantastisch gegartes Kalbfleisch, welches sehr an geschmorte Kalbsbacke erinnerte und unter Zuhilfenahme der Gabel allein gegessen werden konnte. Dazu eine sehr intensive Sojasauce mit ordentlich Schärfe und der geröstete Quinoa für den Crunch.

Interessanter Salat: Die einzelnen Zutaten waren als Art Julienne ausgeführt, die in der Rolle eingewickelt waren. Erfrischendes Apfelgel als Kontrapunkt zur Schärfe der Sauce.
Einziger Wermutstropfen: Zwar gut schmeckendes Erbsenpürée, welches aber schon einige Zeit auf dem Teller verweilte, was an der Hautbildung zu erkennen war. Ich denke nicht, dass dies so gewollt war.

Kamebishi ist ein Japanischer Sojasauen-Hersteller. Der Geschmack seiner Soja-Sauce soll extrem intensiv, die Salzigkeit abgemildert sein und der Gesamtgeschmack an Balsamico-Essig erinnern.
Calville ist ein heute selten in Geschäften zu findender Apfel, der im 19. Jahrhundert als Tafelapfel sehr populär war.

nam dok mango, limette & reis

Cremeux, Gel & frische Nam Dok Mango, Kaffirlimetten-Sorbet, Kopfsalat & Gurkensud, Crème & Eis und Chips von geröstetem Reis, Sedum in Vanille-Zitronengrasöl
Extrem gut schmeckendes fruchtiges Dessert. Die Mango-Streifen machten fast einen nicht ganz reifen Eindruck. Die Kombination der verschiedenen Aromen war aber stimmig, der Sud passte sehr gut dazu. Sedum ist gleich fette Henne.

pekannuss, birne, andoa schokolade

Sphäre aus Pekannuss & Andoa Schokolade, von der “early desire” Birne: Birnen Zitrus Sud & Birnen-Rahmeis, eingelegte Birne, anapurna Karamell Chip
Dieses Dessert bediente mehr das schokoladig-nussige Genussspektrum. Die Birne passte sehr gut dazu. Die Sphäre mit ihrer Füllung in zwei verschiedenen Konsistenzen war schlicht sehr lecker.

Oben: Trüffel von weisser Schokolade und Basilikum links: Melone mit Zitrus-Gel
rechts: Fruchtgel mit Anis

Es gehört schon viel Chuzpe dazu, ein Gemälde in einem Restaurant aufzuhängen, welches eine, nun ja, Müllkippe zeigt. Zum Schmunzeln. Ansonsten hängt und steht aber geschmackvolle Kunst im Restaurant.

Fazit

Auf der Homepage des Restaurants steht: “AM ENDE GEHT ES DOCH EINFACH DARUM, DEN TELLER ABLECKEN ZU WOLLEN”. Dieses Bedürfnis hatten wir bei einigen Tellern, nicht bei allen. Wir haben uns zurückgehalten. Man kann aber schon wahnsinnig gut hier essen. Die Küchenleistung ist für mich absolut zufriedenstellend. Ein paar Worte noch zum Drumherum. Sowohl zum Apéro als auch zu den Gerichten des Lunchmenüs werden Karten mit ausführlicher Beschreibung ausgehändigt, was das Mitschreiben während der Präsentation für jemanden mit mehr Informationsbedarf überflüssig macht. Das fand ich sehr gut.

Website des Restaurants: Restaurant TIM RAUE

Ristorante Ornellaia Zürich

Mittagessen
Besucht: April 2022
Bewertung: Ein Michelin Macaron

Zu Mittag wird immer noch ein wochenweise änderndes Menü aus zwei Gängen zu einem attraktiven Preis angeboten. Bei Vorspeise und Hauptgang hat man jeweils die Auswahl zwischen zwei Optionen. Ein zusätzliches Dessert zur Standard-Dessertkarte wird auch angeboten.

An diesem Freitag in der Woche nach Ostern war das Restaurant zu Mittag mit fünf unbesetzten Tischen relativ leer. Der Chef war aber vor Ort.

Zum Mittagessen nahm ich Glas-weise Gemella – Toscana igt (Sauvignon blanc) 2021.

Wie üblich gab es hausgemachtes Brot, Foccacia, sehr knusprige und wohlschmeckende Grissini, dazu Soffritto-Crème, Ricotta-Crème mit Limone und Olivenöl. Auf einem Teller à part wurde noch sehr dünn aufgeschnittener wie Rohschinken zubereiteter Schweinehals von wunderbarem Geschmack gereicht.

Rotolo croccante di anatra con indivia glassata
Enten-Knusperrolle mit glasierter Endivie

Auf dem Teller befanden sich zwei sehr knusprige Filoteig-Rollen in der Art eines Wraps gefüllt mit gezupftem Entenfleisch, weich gekochte Endivie, welche schön glänzte und bitter-süsse Aromen preisgab und mit einem kleinen Salat dekoriert war, ein Enten-Mayo-Espuma und schliesslich Limettengel. Dies war eine stimmige Komposition von Textur und Geschmack und schmeckte gut.

Filetto di ombrina su cous cous speziato
Adlerfischfilet auf Gewürzcouscous und Stängelkohl

Ein auf der Haut gebratenes sehr zartes Stück Adlerfisch auf Gewürzcouscous wurde begleitet von wildem Brokkoli, zwei kleinen grünen gegrillten Paprika, halb getrockneter Cherry-Tomate und einer Krustentierbisque. Den Stängelkohl, so wie angekündigt, gab es wohl heute nicht. Besonders der Fisch gefiel mir sehr gut, mit seiner knusprigen Haut und doch weichen Textur.

Aus der regulären Dessertkarte: Eiscafé alla Ornellaia
Jogurt ghiacciato con Fragola e mandorle
Gefrorenes Jogurt mit Mandeln und Erdbeeren

Weisse Joghurtmousse, Sauerrahm-Eiscrème, Erdbeer-Ragout, gefriergetrocknete Erdbeerstücke, Mandel-Crumble, eine Mandel-Vanille-Hippe und etwas Halbgefrorenes, das wie Baiser aussah, aber nicht war, bildeten dieses gute Dessert.

Mignardises: Tiramisu Praliné, Sfoliatelli gefüllt mit Vanillecrème

Die beiden Mignardises zum Kaffee waren von sehr guter Qualität, die Sfoliatella, eine Gebäckspezialität aus Kampanien, mit der sehr knusprigen Teighülle wie eigentlich immer hier etwas besser. Die Tiramisu- Pralinés wurden kalt serviert und gaben dadurch weniger von ihrem Geschmack Preis, als dies bei anderer Temperierung möglich gewesen wäre.

Fazit

Das Ornellaia ist immer eine gute Wahl, möchte man in Zürich Speisen gehobener Qualität zu Mittag essen und es Italienische Küche sein soll.

Website des Restaurants: Ristorante Ornellaia Zürich

Vergangene Besuche:
Abendessen 2020
Mittagessen 2020
Mittagessen 2021
Abendessen 2021

Widder Restaurant Zürich

Abendessen
Besucht im September 2021
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Bei Herrn Heilemanns Team habe ich 2017 im Restaurant Ecco schon einmal gegessen. Nachdem das Hotel und demzufolge auch das dazu gehörende Restaurant geschlossen wurden, ergab eine glückliche Fügung, dass ein Grossteil des Teams vom Widder Hotel in der Zürcher Innenstadt übernommen wurde. Also eröffnen sich weitere Chancen, den Küchenstil zu geniessen. Eine habe ich heute ergriffen.

Der Gastraum im Widder ist so ganz anders als im Ecco. Helle Weitläufigkeit ist hier ersetzt durch einen relativ kleinen dunklen Raum mit 7 Tischen, 6 davon eingedeckt, deren zwei unbesetzt blieben. Allerdings ist das Beleuchtungskonzept so intelligent, dass ich gute Möglichkeiten hatte, Fotos zu machen.

Es wird ein 4, 5 oder 6-gängiges Menü angeboten und es gibt noch “Supplements” von einer Extrakarte. Ich entschied mich für 5 Gänge inklusive einem Dessert.

Wein zu den Vorspeisen: Grüner Veltliner, Bründlmayer, 2019, Österreich
Schon wurden Einstimmungen gereicht.

FRANZÖSISCHE FREILANDENTE
Bao Bun | marinierte Leber | knusprige Haut

Diese tollen Snacks sind sozusagen Klassiker aus Heilemanns Küche und werden auf vielfachen Wunsch der Gäste immer wieder Mal auf die Karte genommen. Den Chip aus knuspriger Entenhaut mit Entenschinken hatte ich bereits 2017 gegessen. Ferner gab es Foie Gras zwischen knusprigem Brioche mit einem Stück geräuchertem Aal und einen warmen Bao Bun, einen gedämpften Knödel, normalerweise gefüllt mit geschmortem Schweinebauch, hier mit Entenfleisch.

Warmes Sauerteigbrot mit Leinsamen und Roggen, geschlagene Butter, helloranges Salz aus Australien und eine hervorragende Speckbutter
LACHSFORELLE & GAMBA BLANCA | PASSIONSFRUCHT | MINZE | SÜSSKARTOFFEL

Als weiterer Gruss aus der Küche wurde dieses schön anzusehene kleine Gericht serviert. Auf einer Ceviche von der Lachsforelle thronten zwei Garnelen, umgeben von Minz- und Passionsfruchtperlen. Ferner meine ich noch Forellenkaviar und knusprige Mini-Brotcroutons ausgemacht zu haben. Dazu auf separatem Teller Süsskartoffelchips. Dies hat mir sehr gut geschmeckt.

BALFEGÓ THUNFISCH RÜCKEN, BAUCH & HERZ
Gillardeau Auster | Gurke | Kalamansi | Kaviar

Auf dieses Gericht war ich sehr gespannt, hatte ich doch vor zwei Wochen in der Schwarzwaldstube ein Gericht mit derselben Hauptzutat genossen. Um einen echten Vergleich zu haben, habe ich den Kaviar als Extra dazubestellt.
Auf dem Teller befand sich in der Mitte ein Tatar vom Bauch, bedeckt von einer Bauchscheibe, der Nocke Kaviar und Wasabi-Perlen. Seitlich waren dann drei Stücke vom Rücken zu finden, einige Würfel dunkelrotes Thunfischherz, Gurkenröllchen, zwei Gillardeau Austern, Leinsamencracker und grüner Tobiko, der Kaviar vom Fliegenfisch. Ein Gurken-Kalamansi-Sud gehörte auch noch dazu.
Die Kombination schmeckte fantastisch, die Thunfischqualität war exzellent, bis auf ein Stück Rücken, welches solche weissen Teilschichten hatte, die etwas zäh sind.
Um auf den eingangs erwähnten Vergleich zurückzukommen: Dieses Thunfisch-Gericht war ganz anders als das in der Schwarzwaldstube und wenn ich wählen müsste, wäre die Wahl schwierig. Ein kleine Tendenz zu Herrn Michels Kreation hätte ich aber wohl…

SEETEUFEL VON DER ALGARVE
Pulpo | Artischocke | Sherry Escabeche

Das nächste Gericht hatte Seeteufel zum Thema. Diese Zutat scheint es im Moment in guter Qualität zu geben, ist doch einer der Hauptgänge im Mesa im Moment auch Seeteufel. Hier wird dieser mit Pulpostücken, Herz, breiten Streifen und frittierten Stücken der Artischocke kombiniert. An der Seite findet man noch ein Salzfilet des Seeteufels und das Ganze ist von einer Sherry Escabeche umgeben. Kleine Paprikawürfel sind darin auch noch zu finden.
Für mich war dies ein absolutes Wohlfühlgericht. Die Escabeche war auf den Punkt abgeschmeckt und damit nicht zu sauer.

GEBRATENE ENTENLEBER „LABEL ROUGE“
Kürbis | gelbes Thai Curry | Kaffir Limette

Nun folgte die gebratene Entenleber, die von einem Kürbissalat bedeckt war. Umgeben war die Leber, die eine schön knusprige Kruste (Panko?) hatte, von einem gelben Thai-Curry-Sud. Am Tisch wurde Kaffir Limette darüber gerieben. Die Qualität der Leber war gut, bis auf eine dünne Sehne, die ich aus der Leber herausgearbeitet hatte, bevor diese den Weg in den Mund fand. Kann vorkommen. Wie der Kabeljau im Restaurant Aqua war dies etwas schwierig zu essen, da der Kürbissalat gerollt in dünnen zusammenhängenden Streifen kompakt auf der Leber thronte. Dafür gäbe es zwei Lösungen: kleinteiliger anrichten, d.h. Kürbisstreifen vorgeschnitten aufsetzen, oder dem Besteck ein wirklich scharfes Messer hinzufügen.
Kein Frage, trotz der kleinen Schwächen war dies ein sehr wohlschmeckendes Gericht.

JUNGES REH AUS TIROLER JAGD
wilder Brokkoli | Yuzu | BBQ Lack Wein darum herum: Tignanello 2017

Hauptgericht war Reh und zwar zwei Stücke vom Rücken bedeckt mit geraspeltem Rehschinken und Stücke der geschmorten Keule darunter. Dazu gab es Herbsttrompeten, wilden Brokkoli, zwei Tupfen Yuzu-Mayonnaise und einen Rehjus ebenfalls mit Yuzu. Dies war ein sehr schönes Vorherbst-Gericht mit einer Menge Umami und den kleinen Kick durch die Säure der Yuzu. Sehr gut.
Beim Wein wollte ich nicht so sehr ein passende Begleitung zum Hauptgericht. Hier wäre zweifelsohne ein Pinot Noir besser gewesen. Es werden im Restaurant Widder diverse Weine glasweise mit Hilfe des Coravin Systems angeboten, unter anderem (für mich) viel zu junger Chateau Petrus. Den 2017er Tignanello wollte ich aber probieren. Fazit dieser Probe: auch zu jung, öffnete sich auch nicht über die Zeit, die er hier im Glas war.

BÜHLER ZWETSCHGE
Felchlin Salomon Island Schokolade | Pistazie | griechischer Joghurt

Ich habe mich dann doch noch überzeugen lassen, ein Dessert zu nehmen und zwar Spalten der Bühler Zwetschge, Schokoladenganache am Boden des Tellers, darauf ein Schaum vom griechischen Joghurt und eine Pistazien-Eiscrème. Begleitet wurde es noch von Würfeln Pistazienkuchen und dreieckigen Abschnitten heller Pistazienschokolade. Dies war ein wohlschmeckendes Dessert. Ich hätte die Zwetschgen sogar weggelassen, die übrigen Komponenten machten daraus schon ein sehr gutes Dessert.

SÜSSER AUSKLANG
Canelé | Passionsfrucht | Tonkabohne
Champagner | weisse Schokolade | Cassis
Bienenstich | Mandel | Honig

Der Canelé, in dem Vanille aus dem traditionellen Rezept durch Tonkabohne ersetzt war, schmeckte sehr gut. Untendrunter war noch etwas Passionsfruchtcrème.

Die kalte gefüllte Praline aus weisser Schokolade sollte mit der Cassis-Dekoration und der Champagnercrème-Füllung an den Aperitif Kir Royal erinnern.

Mein Favorit war der ebenfalls gekühlte Bienenstich mit dem Florentiner obendrauf. Eine Wucht war die Mandel Vanille Honigcrème darunter.

Fazit

Wie schon nach meinem Besuch im Ecco bin ich der Meinung, dass das Küchenteam hier am oberen Rand der Michelin-Einordung von zwei Macarons kocht. Halbe Macarons werden vom Guide Michelin nun mal nicht vergeben.
Was würde ich mir noch wünschen? Vielleicht eine etwas abwechslungsreichere Anrichteweise. Ich finde es gut, dass hier auf dem Teller sichtbar nicht soviel aus Quetschflasche, mit Schäumchen und mit Pinzette angerichtet wird. Viele Gänge sind aber übereinander geschichtete Türme in tiefen Tellern. Das lässt sich gut essen und es bleibt nicht viel am Ende übrig, zumal jedes Mal auch ein Löffel für Jus, Sauce oder Vinaigrette gereicht wird. Grossflächigeres Anrichten gibt aber die Chance zu mehr unterschiedlichen Kombinationen auf der Gabel.

Man sieht es den Kreationen an, dass hier sehr viel aus der Zeit in der Schwarzwaldstube mitgenommen, aber trotzdem ein eigener Küchenstil entwickelt wurde. Interessant war, im Gespräch mit Herrn Heilemann hinterher zu erfahren, dass er dort im Prinzip Herdnachbar von Herrn Hoberg aus dem Ophelia war, bei dem ich einen ähnlichen Eindruck hatte.
Zumal das Widder Restaurant recht nah ist, komme ich gern wieder, sobald die Karte saisonal gewechselt wird.

Haerlin Hamburg

Abendessen
Besucht am 13.06.2020
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Das Haerlin stand schon länger auf meiner Liste, halten nicht wenige dieses Restaurant für das derzeit Beste in Hamburg, nimmt man einmal The Table von Kevin Fehling aus, der für ein anderes Küchenkonzept steht und bei dem ich bisher nie eine Chance auf eine Reservierung hatte.

Ich hatte bereits zweimal vorher im Haerlin reserviert, die Reservation aber jeweils kurz vorher storniert, da genau vor unserem Besuch die Menüs gewechselt wurden, diese neuen aber im Gegensatz zu denen zum Reservationszeitpunkt nicht zu unseren Verträglichkeiten und Vorlieben entsprachen.

Vier Tage vor dem Restaurant Besuch kontaktierte uns das Restaurant inklusive Zusendung der Menükarte und des Hygienekonzepts. Aufgrund der Corona-Restriktionen wird im Moment nur ein 5- Gang Menü statt zwei unterschiedlich umfangreiche Menüs angeboten. Ich wies in meiner Antwort darauf hin, dass für einen Gast der Taschenkrebs ausgetauscht und der Steinbutt-Gang alternativ zubereitet werden könne. Dem wurde entsprochen.

Wir haben dann den schönen Tisch am Fenster mit Blick auf die Alster bekommen. Soweit ich es überblicken konnte, waren drei Tische an diesem Abend unbesetzt, zählt man den hohen Tisch vor dem Weinschrank dazu.

Es wird eine Weinbegleitung angeboten. Wir entschieden uns für eine Flasche Sancerre Henri Bourgeois Le Baronnes von 2018 und ich mich zum Hauptgang für einen Syrah Arnot-Roberts 2016 von der Sonoma Coast in Kalifornien aus der Weinbegleitung.

Nach der Ankunft wurden kurze Zeit später drei kleine Amuses Bouches gebracht:

Kartoffelschaum mit Spargel & Speck

Eine absolute Wohlfühlpetitesse – der warme Kartoffelschaum, darunter weiche kleine Stücke Spargel, ein semi-festes Eigelb und obendrauf Mini-Croutons, -Speckwürfel und etwas Schnittlauch.

Räucherfischbaiser mit Apfel und Meerrettich

Grossartig: Baiser als Basis, ein intensiv grünes Apfelgelee, welches Süsse beitrug, Meerrettichscheibe als Teiler und Schaum und ein Stück Räucherfisch

Selleriejoghurt mit Nussbutter & Yuzuperle

Und auch dies ganz hervorragend: Unten leicht mit Sellerie aromatisierter Joghurt, darauf eine Yuzu- Sphäre und obendrauf Flocken mit Nussbuttergeschmack

Sehr wohlschmeckendes warmes Brot mit zwei Beilagen aufgeschlagene Heu-Butter und Sauercrème- Dip

Beim Brot handelte es sich links um ein klassisches Baguette-Brötchen und rechts um ein mit Kastanienmehl gebackenes und mit Feigen angereichertes Brötchen.

Und noch ein Gruss aus der Küche: Rindertatar mit Sauerrahm & Brunnenkresse-Kefirsud

Auch hiervon waren wir begeistert. Das hervorragende Rindertartar harmonierte sehr gut mit der Sauerrahm-Mousse obendrauf und der Brunnenkresse-Kefirsud mit einigen Kapern verstärkte dies noch.

Taschenkrebs mit Blumenkohl, Lima-Crème & Pisco-Sour Perlen

Ein Ring aus gezupftem Taschenkrebsfleisch war belegt mit kleinen gerösteten Blumenkohlröschen, Limettengel und Mandarin-Kaviar. Das Ganze wurde von den weissen Pisco Sour Perlen begleitet. Pisco Sour ist der Name eines Cocktails aus Peru und Chile, der aus dem Alkohol Pisco und Zitronensaft als Hauptkomponenten besteht. Mandarin-Kaviar ist ein Fisch-Kaviar aus China, also kein sphärisierter Mandarinensaft.

Alternatives Gericht: Challans Entenbrust, Lima-Crème & Pisco-Sour Perlen

Bis auf die Hauptkomponente auf der Menükarte gleich klingend, aber völlig anders angerichtet. Phantastisch zarte Entenbrust und sehr gut dazu passender Sud. Lima-Crème besteht hauptsächlich aus Avocado.

Warm geräucherter Faröer Lachs mit gegrilltem Tomatensud & Kardamom

Warmer dampfender Lachs von perfekter Konsistenz mit intensiven Räucheraromen. Daneben eine Art bodenlose Tartelette von der Tomate gekrönt von Kardamom-Eiscrème. Wir fanden das sehr lecker.

Atlantik-Steinbutt mit Meerwasser, Zitronengras, Tintenfisch & Algen

Auf den Punkt gegartes Stück Steinbutt mit Teilen vom Tintenfisch drum herum, dekoriert mit Zitronengras aromatisiertem Meerwasserschaum und schwarzer Sepia-Tinte. Oben links eine gebratene Zwiebeln mit etwas Püree und verschiedenen Algen darauf.

Alternative Zubereitung des Steinbutts: Atlantik-Steinbutt mit Champagner Beurre Blanc, Pak Choi und Kartoffelpüree

Bis hierher war ich erstaunt, wie gut alles schmeckte und ich verstehe verschiedene Stimmen, die eine Aufwertung des Haerlin in der Restaurantbewertung herbeiwünschen.

Elbdeich-Lammrücken mit Zucchini, Olivensauce & glacierte Haxenpraline
Weinbegleitung: Syrah Arnot-Roberts 2016 von der Sonoma Coast/Kalifornien

Wir sehen zwei Stück zarter Lammrücken auf Jus, oben eine glasierte Sphäre mit halbfester Haxenfüllung auf einer Polentabasis, Zucchini-Püree, ein Arrangement aus grüner und gelber Zucchini (schon Mal gesehen im Restaurant Pavillon, Baur au Lac, siehe Bericht hier), Paprika-Gel und Gel vom schwarzen Pfeffer. Dies schmeckte ohne Zweifel alles sehr gut, bleibt aber wahrscheinlich nicht so in Erinnerung wie die Gänge davor.

Jetzt folgte etwas, was ich normalerweise nicht so gern habe, um es milde auszudrücken. Ich hatte noch Rotwein im Glas und es wurde recht zügig das Pré-Dessert serviert. Ich verstehe, dass das Restaurant bei verordneter Schliesszeit 22 Uhr ein Interesse hat, einen Zeitplan einzuhalten. Wir hatten aber noch Zeit, verliessen wir das Restaurant doch gegen 21:30 Uhr nach 3 Stunden. Ich werde mir in Zukunft in solchen Fällen angewöhnen, den Service darauf hinzuweisen, etwas mit dem Dessert zu warten, bis ich den Wein genussvoll ausgetrunken habe.

Pré-Dessert: Geschmorte Viktoria Ananas mit Sauerampfer & Kokos

Auf einem Ragout von Ananas lagen mehrere geschmorte Scheiben derselben, darauf ein Sauerampfer- Sorbet und ein Kokosschaum garniert mit gerösteten Mandeln. Der Sud war auch mit Kokos und Sauerampfer-Öl aromatisiert.

Dessert: Erdbeere „Clery“, geeiste Holunderblüte, Süßholz & Haselnuss

Aufwendig dekorierter Teller mit Ragout, Stücken und am Tisch angegossene Sauce der kleinen, aromatischen Clery-Erdbeere, Holunderblüten-Eiscrème, Cracker, Süssholzröhre mit Crèmefüllung, karamellisierte Haselnüsse

Petit Fours auf zwei Tellern:

Canelé, Macaron mit Fenchel, Macaron mit Pistazien, Rotweinpraliné, Maracuja-Praliné, Buchweizenpraliné, Erdnusspraliné
Die Macarons waren jeweils mit zwei verschiedenen Füllungen versehen. Der Pistazien-Macaron hier hatte z.B. noch Himbeere in der Mitte.

Fazit

Wie nicht anders zu erwarten war dies ein Abend mit Gerichten aus sehr hochwertigen Zutaten, aufwendig gekocht, stimmigen Kombinationen und diese perfekt angerichtet.

Der Abend war etwas zweigeteilt. Wie schon erwähnt, nach dem Steinbutt hatte ich den Eindruck, hier wird deutlich über dem angezeigten Niveau gekocht. Das Hauptgericht konnte nach meinem Geschmack das zuvor gezeigte Level nicht ganz halten.

Die Desserts und Petit Fours fanden wir nicht überragend, was aber auch an unserem persönlichen Geschmack liegen kann. Der Trend saure, bittere und herzhafte Komponenten ins Dessert zu integrieren ist nicht so der unsrige.

Das Haerlin ist aber in jedem Fall für Gourmets eine Empfehlung und ich werde bei Gelegenheit gern wiederkommen.