Restaurant Fahr Künten

Besucht: Im März 2023
Mittagessen
Bewertung: Ein Michelin Macaron


Nachdem ich in derselben Woche das Restaurant skin’s in Lenzburg besucht hatte, nun das zweite seit kurzem vom Michelin ausgezeichnete Restaurant im Kanton Aargau, diesmal mit einem Macaron. Das Restaurant Fahr gibt es seit 5 Jahren. In der Küche arbeitet niemand, der zuvor schon in Häusern mit Michelin “Sternen” gearbeitet hat. Der Ansatz hier ist nicht die grosse, weite Welt, sondern regional, saisonal und nachhaltig. Auch versucht man hier den Spagat zwischen “Ausflugsbeiz” – das Restaurant liegt in einem Naherholungsgebiet, der Fluss Reuss ist nah – und Fine Dining.
Was mir als Gast persönlich gefällt, und wohl auch gut für die Angestellten ist, sind die Öffnungszeiten Donnerstag bis Sonntag mit sowohl Mittagessen als auch Abendessen. Wo sonst in der Schweiz kann man einmal Sonntagmittag auf gehobenem Niveau essen gehen?
Die Karte hält ein 5- oder 6 gängiges Menü und einige à la Carte Gerichte bereit. Ich entschied mich für 5 Gänge und dies deshalb den Käsegang weg. Zwei Gläser Wein zu ausgewählten Gängen liess ich auch noch zu. Schon ging es los.

SNACKS

Sellerie-Rapsöl-Consommé
Brandteig-Perigord-Trüffel-Käse
Gepickelte Rote Beete, Misogel
Macaron Alpenlachs, Karotte, Senfsaat

Die heisse Consommé war sehr intensiv und voller Umami ohne einen allzu prägnanten Sellerie-Geschmack zu haben. Das rote Beete-Röllchen hatte noch viel Biss. Der Käse-Trüffel-Snack mit der warmen Käsecrème als Füllung gefiel mir sehr gut. Der augenzwinkernde Verweis auf den “Rüebli-Kanton” Aargau fehlte auch hier nicht. Der Macaron mit weichen Karottenscheiben, dazwischen Tatar vom Alpenlachs und wohl auch verarbeitete Karotte in den Baiserhälften war ebenfalls sehr gut.

SAUERTEIGBROT – RÖSTZWIEBELBUTTER
WINTERSALAT
SPECK – PILZ – EI

Ein netter kleiner Salat, der mit überraschend viel Aufwand zubereitet war. Die Zutaten Speck, Pilz, Ei und auch die Salatsosse waren als Gels und Crèmes verarbeitet. Pilze, Wildkräuter, eine Bittersalat-Gurken-Eiscrème und Schnittlauchöl komplettierten den Salat. Unten im Teller befand sich noch eine Stangensellerie-Brunoise. Dazu wurde selbstgebackenes Knäckebrot gereicht. Ei- und Pilzcrème konnte ich sehr gut herausschmecken, auch das Salatsossengel war mit seinen Senfnoten deutlich wahrnehmbar. Den Speck konnte ich allerdings nirgendwo erschmecken. Für mich war dies ein sehr gutes Gericht.

KALBSMILKEN
WURZELGEMÜSE
Weinbegleitung: Grauburgunder aus dem Markgräfler Land

Sehr reduzierter Teller mit 4 Püreés, paniertem Kalbsbries und Jus. Hätte auf einem rein weissen Teller noch besser gewirkt. Dies ist eine populäre Zubereitungsweise von Kalbsbries, aber nicht so mein Ding. Es maskiert auch die Innerei für diejenigen, die nicht so viel damit anfangen können. Im Einzelnen waren das hier zwei mit Gemüsepanade frittierte kleine Kalbsbrieskugeln, rote Beete-Süssholz-, Karotten-Vanille-, Sellerie- und Kerbelwurzel- und -blatt-Püreé, Kalbsjus. Qualität und Zubereitung waren im Übrigen einwandfrei.

BREMGARTNER BACHFORELLE
BEURRE BLANC – RETTICH – DILL

Für mich war dies das Highlight des Menüs. Sous-vide gegartes und dann etwas abgeflämmtes Forellenfilet war mit Granny Smith Apfel, gehobeltem Meerrettich, Dillmayonnaise, Dill und knusprigen Croutons bedeckt. Angegossen wurde eine Mischung aus Dill-Beurre Blanc und Dillöl. Die Aromen harmonierten herrlich miteinander, waren richtig portioniert und der Fisch hatte eine angenehm zu essende Konsistenz.

ERFRISCHUNG
Karotten-Ingwer-Sorbet, Rapsöl, Karottenöl

Zur Neutralisation der Geschmackspapillen wurde dieses Karotten-Ingwer-Sorbet mit deutlich wahrnehmbarem Ingwer und auch leichter Ingwerschärfe im Abgang serviert. Dies gelang gut.

DRY AGED POULETBRUST
TOPINAMBUR – SAUERKRAUT – LIEBSTÖCKEL
Weinbegleitung: Les Ratenets 2020, Domaine Ruedin Cressier Pinot Noir

Zwei Wochen trockengereifte Brust vom Huhn eines lokalen Erzeugers mit ihrer Haut bedeckt mit Liebstöckel und Buchweizen war saftig und zart.
Dazu gab es als Beilagen sehr schön anzusehende Topinambur-Mousse in einer Geleesphäre, anfermentierter gekochter Spitzkohl wie Sauerkraut aussehend unter einem gekochten und geflämmten Weisskohlblatt. Die Beschreibung Sauerkraut verleitet zu falschen Annahmen, die Säure war sehr viel weniger deutlich als beim allgemein bekannten Sauerkraut und deshalb passte es gut. Angegossen wurde noch ein sehr reduzierter, intensiver, dickflüssiger Topinamburjus.
Auf separater Schale befand sich noch ein Tartelette mit Liebstöckel- und Topinamburcrèmes und Topinambur-Chips.

BOSKOP APFEL
PETERSILIENWURZEL – OPUS BLANC

Sehr gut präsentiertes und schmeckendes Dessert mit Apfel und Petersilienwurzel als Thema.
Auf Boskop Ragout war eine halbmondförmige mit weisser Schokolade ummantelte Petersilienwurzelcrème platziert. Darauf befanden sich Meringue, Apfelsorbet, ein Biskuitmond und schliesslich Apfel-Gel. Eine Brandteiggebäckkugel gefüllt mit Apfelbrunoise und Petersilienwurzelcrème wurde à Part gereicht. Wer hätte das gedacht, dass Apfel und Petersilienwurzel so gut zusammenpassen.

PRALINEN

Cassis-Fruchtgummi in Schlangenform
Sanddorn-Salzkaramellpraline
Himbeer-Macaron
Pistaziensalzkaramell

Die Mignardises wurden vom Chefkoch Manuel Steigmeier serviert. Er kündigte sie damit an, dass man seit kurzem in der Lage sei, alle Süssigkeiten im Hause selbst herstellen zu können. Es waren auch gute Mignardises. Fruchtgummi sehr gut, Himbeer-Macaron geschmacklich überzeugend, hatte allerdings eine Schicht, die von der Konsistenz zu hart war, Sanddorn-Karamell gut, Sanddorn so gut wie nicht schmeckbar und der Klassiker des Hauses Pistazienkaramell sehr gut. Interessant war bei diesem besonders der Salzgeschmack am Schluss, wenn nur noch die Pistazienstücke im Mund übrig sind.

Fazit
Die Küchenleistung ist hier gut bis sehr gut. Mir gefielen die Forelle und das Dessert am besten. Noch dazu wurde ein sehr guter lockerer, herzlicher Service geboten, der auch eine Weinkellerführung beinhaltete. Dies ist auch ein Tip für Familien, sieht man es doch nicht so streng z.B. mit “Das Menü kann nur Tischweise angeboten werden”. Hier komme ich gern Mal wieder hin, wenn das Menü komplett gewechselt hat.

Website des Restaurants: Restaurant Fahr in Sulz

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skin’s Lenzburg

Besucht: Im März 2023
Abendessen
Bewertung: Zwei Michelin Macarons

Bis Ende letzten Jahres war der Kanton Aargau kulinarisches Niemandsland, nimmt man die Verteilung von Michelin-Macarons als Massstab. Das änderte sich aber mit der Bekanntmachung der Michelin-Bewertungen für 2023. Es gibt jetzt ein Restaurant mit einem Macaron und ein weiteres mit zwei Macarons. Dieses ist das Skin’s. Das Restaurant ist Teil einer Hautklinik, daher auch der Name. Mittags wird für Mitarbeiter und Gäste gekocht, abends ist Fine Dining angesagt.
Das Restaurant ist meinem Schweizer Wohnort mit ca. 20 Kilometern Entfernung am nächsten. Ich hatte kurzfristig mit zwei Tagen Vorlauf gebucht. Das Restaurant war mit wenigen besetzten Tischen auch relativ leer, was aber die Ausnahme zu sein scheint, wie das Buchungstool zeigt.
Innen drin ist das Design eher reduziert. Wie auf dem Moodbild zu sehen ist, dominieren dunkle Farben. Tischtücher gibt es nicht. Immerhin werden mundgeblasene Zalto-Gläser für die Getränke benutzt. Ein Blick in die offene Küche ist möglich. Man ist entspannt und fühlt sich wohl.
Zur Auswahl stehen ein 5- und ein 7-gängiges Menü. Ich entschied mich für fünf Gänge und liess den Fleischgang Taube und den Käse weg. Auch bei den Getränken hat man die Auswahl zwischen alkoholischer und nicht-alkoholischer Begleitung. Nach einem Glas Weisswein vom Bruder von Markus Molitor nahm ich für die nächsten Gänge nicht-alkoholische Begleiter.

Amuses

Von links nach rechts: Bachsaibling, Pulled Porc und Karotte

Bei den vom Küchenchef persönlich erklärten Kleinigkeiten vorweg wird ein bisschen mit der Zugehörigkeit des Restaurants gespielt. Einerseits Hautklinik, deshalb sind der Bachsaibling und das Pulled Pork auf/mit knuspriger Haut der Hauptzutaten angerichtet. Andererseits mit dem Ort im “Rüebli-Kanton” Aargau, in dem sich das Restaurant befindet.
Im Einzelnen war es:
knusprige Haut vom Bachsaibling, gebeiztes Bachsaibling-Filet, Tom kha gai und Wasabi- Crème
Tartelette mit Pulled Pork, Sushi-Crème, gepuffter Schweineschwarte und Kräutern
Karotte mit Kardamom-Kräuter-Crème
Alle drei Kleinigkeiten waren sehr gut, das Pulled Pork gefiel mir besonders.

PLUNDER – NUSSBUTTER

Sehr wohlschmeckendes Brot mit Wechselspiel zwischen süss und salzig

ROTE BEETE

Als finales Amuse Bouche wurde diese rote Beete (Randen) Variation serviert. So unspektakulär es aussieht, das war ein exzellentes kleines vegetarisches Gericht. Das erste Bild zeigt die rote Beete nach der 4-stündigen Vorbehandlung in der Hitze. Ob dies im Ofen oder im Green Egg in der Küche passiert, mag ich mich nicht mehr erinnern. Jedenfalls ist die Beete hinterher aussenrum schwarz, wird geschält und dann das Innere weiterverarbeitet. Der Geschmack der Beete verliert etwas ihre Erdigkeit und gewinnt an Süsse.
Auf dem zum Tisch gebrachten Teller befindet sich zuerst ein rote Beete Tatar bedeckt mit rote Beete Gelee, Petersilien- und roter Pfeffer-Crèmes, gepickelter Beete und Zwiebeln. Angegossen wird dann ein Sud aus rote Beete-Saft, Buttermilch und Lorbeer-Öl. Diesen Sud fand ich nicht weniger als sensationell, hatte er doch einen Wohlgeschmack, der mich fast an Fleischbrühe erinnerte.

RING OF ZEN
BONITO – SHISO – BBQ AAL
Weinbegleitung: WEINGUT MOLITOR, PINOT BLANC „THRONJE“ 2020

Der als “Vorspeise” titulierte erste Gang bestand aus einer als Ring geformten Bonito-Crème, in deren Mitte sich Gurken- und Daikon-Rettich-Kugeln befanden. Auf dem Ring gab es Stücke vom geräucherten BBQ-Aal, dekoriert mit Shiso-Gel, Daikon-Scheiben und Kresse. Der Ring wurde am Tisch mit einem Shiso-Apfelsud gefüllt. Dieses Gericht vereinte tolle Aromen – Meer, Rauch, Garten, Säure, Frische.

KÖNIGIN DER TIEFSEE
CARABINERO – JALAPENO – BLUMENKOHL
Getränkebegleitung: ROOIBOS & HAGENBUTTE

In 800 Meter Tiefe vor Portugal gefangener Carabinero war schonend in Krustentierbutter konfiert worden, was eine sehr angenehme, weiche, aber nicht schleimige Textur ergab und den eigentypischen Geschmack erhalten half. Frittierte Blumenkohlstücke waren um einen milden Jalapeño-Schaum angeordnet und durch kandierte Macadamiastücke, Kohlrabischeiben und Lack vom Kopf getrennt. Ein reduzierter Krustentiersud wurde angegossen. Perfekte Zubereitung aller Komponenten, Süsse des Krustentiers, Jalapeño als Kontrapunkt und etwas Knusprigkeit durch den Blumenkohl ergänzten sich hier ideal. Ein sehr gutes Gericht. Die Getränkebegleitung bestand aus kaltem Rooibostee mit Hagebutten-Mark.

MEERESGLEITER
ROCHEN – MEERRETTICH – BEURRE BLANC
Getränkebegleitung: SALZZITRONEN SODA

Bedenkt man einmal, dass wir uns hier in einer Kleinstadt im Aargau befinden, ist Rochen doch für lokale Gäste eine recht spezielle Zutat, was Kevin Romes auch bestätigte. Rochen war eine meine ersten kulinarischen Erfahrungen in der Schwarzwaldstube bei Harald Wohlfahrt und ich hatte es zum letzten Mal im Le Bernadin 2019.

Hier kam er auf dem Foto nicht erkennbar auf zwei Schichten, Foccaccia mit Meerrettichrahm, Broccoli mit Austernsauce. Obenauf befanden sich noch CousCous Crunch und Riesling-Gel. Eine schaumige Kerbel-Beurre Blanc fungierte als verbindendes Element. Das Flügelstück war perfekt gegart, die Aromen passten zueinander. Nicht weniger als sehr gut. Bei der Getränkebegleitung aus einem Sirup von der Salzzitrone, Verjus und Soda warnte man vor dem Salzgehalt, trinkt man es allein und nicht dazu. Empfand ich gar nicht so.

TRUMPET ROYALE
KRÄUTERSAITLING – UMAMI – LAUCHGEWÄCHSE
Getränkebegleitung: SCHNITTLAUCH & MOLKE

Als abschliessender Gang vor dem Dessert-Teil kam dieser vegetarische Gang. Prägnant auf dem Teller sind natürlich der japanische Eierstichring und die dicke Scheibe Pilz. Der Kräuterseitling wurde in einem Pilzfond gegart und anschliessend im Green Egg geräuchert. Er befand sich auf einem Lauchbeet im Inneren des Rings. Auf dem Ring befanden sich noch Kohlrabischeiben mit Crème aus fermentiertem und deshalb schwarzem Knoblauch. Ein Pilztee und japanischen Kujo-Öl vervollständigten diesen Menügang. Durch seine Herzhaftigkeit (Umami) war diese Zubereitung ein schöner Ersatz für einen Fleischgang. Es hat mir sehr gut geschmeckt. Das Lauchthema wurde mit Lauchöl in der Getränkebegleitung wieder aufgegriffen und passte gut dazu.

Pré-Dessert

KOPFSALAT – WALNUSS – BIRNE

Nun folgte der erste Auftritt des Patissiers. Nach einem Abgang auf diesem Küchenposten kurz nach der Eröffnung, konnte man Herrn Beesten inklusive Beratung durch einen der bekanntesten Patissiers im Deutsch-sprachigen Raum, Herrn Christian Hümbs, gewinnen.
Das Pré-Dessert hatte Kopfsalat zum Thema. Dieser wurde in drei Zubereitungen verarbeitet: Kopfsalatsorbet, knackiges Kopfsalatblatt mit säuerlicher Vinaigrette und in separatem Glas als Getränkebegleitung ein Sud aus zwei Wochen lang eingelegtem Kopfsalat, sodass sich durch die Fermentation etwas Säure entwickelt hatte, mit Petersilienöl.
Die Kombination mit Walnusscrème, Walnussbiskuit, Birnenkompott und Birnen-Mus machten aus dieser Kombination nicht weniger als ein grossartiges Pré-Dessert.

STRAUCH UND BEERE
PIEMONTESER HASELNUSS – JOHANNISBEERE
Getränkebegleitung: CASSIS & BERGPFEFFER

Anschliessend gab es das Hauptdessert: Eine “Riesen-Nocke” aufgebaut aus Johannisbeergelee umhüllt von Haselnussmousse auf Nougat. Aussen war es umhüllt von Schokolade. Dazu wurde ein Johannisbeer-Strauch-Sud angegossen. In einem Becher à part gab es noch ein Johannisbeer-Granité mit Haselnussrahm. Ich mag ja gefüllte Sphären wie diese zum Dessert und diese war auch sehr gut. Es konnte aber nicht ganz mit dem Wow- Effekt des Pré-Desserts mithalten. Im dazu servierten Cassis-Saft mit tasmanischem Bergpfeffer war die Pfeffernote kaum wahrnehmbar.

Schokoladen-Lavacake mit Vanille-Eiscrème

Ein etwas anderer Start in die Mignardises, den man schwierig mit nach Hause nehmen kann. Nicht spektakulär aber gut.

PETIT FOURS
Himbeeressig – Dunkle Schokoladenpraline
Pistazien-Macaron
Tarte au citron mit Meringue und Yuzu

Der Pistazien-Macaron konnte mich nicht überzeugen. Ketzerisch gesagt, sind oft die von Sprüngli käuflich zu erwerbenden Luxemburgerli besser als die selbst hergestellten in den Restaurants. Mein Favorit war die Tarte au citron. Die Praline schmeckte gut.

Fazit

Hier wird mutig gekocht. Die Reduktion im Gastraum setzt sich auf dem Teller in positiver Weise fort. Wer dahinter blickt, realisiert, dass es trotzdem sehr aufwendig ist, dieses hohe Niveau zu liefern. Das junge Team um Kevin Romes arbeitet konzentriert in der Küche. Gut, dass die einzelnen Gänge oft von den Köchen serviert werden. Den Service empfand ich als souverän und freundlich. Die Michelin-Bewertung halte ich für verdient. Ich komme wieder, sobald sich das Menü vollständig geändert hat. Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem komplett umgestellt wird. Dies geschieht laufend. Die Köche und ich freuen uns schon auf die Produkte des Frühjahrs.

Website des Restaurants: Skin’s – the restaurant

Bricole Berlin

Besucht November 2022
Abendessen
Bewertung: Ein Michelin Macaron

Berlin ist immer ein Reise wert. Zumal wenn auch die Gelegenheit besteht, Berlins neuesten und einzigen Neuzugang in der Riege der Ein-Macaron-Michelin Restaurants 2022 zu besuchen. Die Bewertung kam gemäss Restaurantleiter Fabian Fischer völlig unerwartet. Seitdem wird hier nicht anders gekocht und es werden, soweit möglich, auch keine anderen Produkte verwendet. Ein bisschen mehr Personal wurde wohl eingestellt.

Im Trendviertel Prenzlauer Berg gelegen, ist das Restaurant relativ klein mit 8 Tischen, die an diesem Abend alle besetzt waren. Angeboten wird hier von Montag bis Freitag ein Sechsgangmenü. Im Unterschied zum auf der Website publizierten Menü, gab es Goldforelle statt Stör, Wagyu aus Nordfriesland statt welches mit der Bewertung A5 aus Kagoshima, Japan und ein anderes Dessert.

Ich wählte dazu die alkoholfreie Getränkebegleitung, da ich in der Nacht noch nach Hamburg zurückfahren wollte. Gleich am Anfang um 19 Uhr wies ich auf das Zeitmanagement hin, wollte ich doch gegen 21:30 Uhr aufbrechen.

Amuses

Dim Sum mit Schneekrabbe, Lachskaviar
Gurke, Avocadocrème, Miso, Joghurt, Algenkaviar

Aufgeschlagene Karamellbutter, zwei Sorten warmes Brot

Die Kombination aus mariniertem Gurkenzylinder, milder Avocado-Crème, Algenkaviar und dem Joghurt-Sud gefiel mir am besten. Butter, Brot und die zweite Kleinigkeit waren ebenfalls gut.

I. Salzgegarte Rote Beete
Johannisbeere, Dillstaub und Beetensud
Getränkebegleitung: Kirschnektar, Saft von der Salzbeete, alkoholfreier Gin, Yuzu-Saft

Kubus salzgegarter Beete, rote Beete Salat, Crème von schwarzem Knoblauch, Tapioka-Cracker, Rote Beete-Johannisbeeren-Schaum, Dillstaub
Erstaunlich, wie die Crème von schwarzem Knoblauch diesem veganen? Gang doch einen ganz anderen Twist verpasste. Ohne diese wäre die Komposition mit den erdigen rote Beete Aromen und der Säure des Schaums doch etwas gewöhnungsbedürftig gewesen.

II. Goldforelle von den 25 Teichen
Spreewald Tomate mit Dashigel, Favabohnen und Imperial Kaviar
Getränkebegleitung: Saft vom sauren Apfel, Gartenaromen (Rosmarin, Thymian etc.), alkoholfreier Calvados, Kohlensäure aus dem Siphon

Goldforellentarte mit Olivenstaub, mariniertem Kohlrabi, Tomaten-Dashi-Gel, Fingerlimes, Imperialkaviar und Buttermilchemulsion mit Kräutern & Petersilie.
Dieser Gang gefiel mir ausserordentlich. Forelle und Olive passten unerwartet gut. Das Olivenaroma unterdrückte die Forelle nicht. In Kombination mit dem bissfesten marinierten Kohlrabi, dem Kaviar für die Würzung und der frischen Emulsion drumherum war dies der beste Gang des Abends.

III. Nordfriesland Wagyu Rind
Pommes Allumette, Ponzu und Kimchi
Getränkebegleitung: Johannisbeersaft, Traubensaft aus Pinot Noir, Hibiscussaft, alkoholfreier Rum

Wagyu, Kimchi vom Romana-Salat nicht zu sauer aber gute Schärfe, Ponzu-basierter Sud, Pommes Alumette.
Das Fleisch konnte mich nicht überzeugen. Es war gemäss dem Restaurantleiter eine Alternative, da die Warenbeschaffung aus Japan nicht immer reibungslos klappt. An Wagyu knüpfe ich bestimmte Ansprüche, die das Produkt aus Nordfriesland nicht erfüllen konnte. Die Kartoffeln waren etwas schwierig zu essen. Jus und Kimchi gefielen mir gut.

IV. Confierter Kabeljau
Spitzkohl & Hummer
Getränkebegleitung: Wasserkefir eine Woche gereift mit Muscovado-Zucker als Treibstoff, hat schon leichte Kohlensäure entwickelt, schmeckte besser als es roch

In Alba-Öl konfierter Kabeljau, pikant angemachter Spitzkohl, Mayonnaise, ausgebackene krosse Haut, Hummerbisque mit Zitronengras.
Sehr schönes Gericht mit intelligenter Zubereitung. Gute Idee, die Haut separat maximal kross auszubacken. Perfekter Gargrad des Kabeljaus. Schöne fein abgeschmeckte Hummerbisque. Spitzkohl für die Säure und ein bisschen Schärfe. Zweitbester Gang des Abends.

V. Onglet vom Black Angus Rind
Pastinake & Cassis
Getränkebegleitung: Smokey Bacon – Grapefruit, Hibiscus, orientalische 94 Spices Mischung alkoholfreier Rum, Raucharoma

Nierenzapfen gegrillt, Cassisgel, Rinderjus, Pastinaken Pürée und frittiert.
Das Onglet in seiner Zartheit überzeugte mich mehr als das Wagyu zwei Gänge zuvor. Schöner Rinderjus ohne zusätzliche Würzkomponenten. Mildes Pastinakenpürée passend dazu.

VI. French Toast Hawai
Brioche, Kokos und Ananas
Getränkebegleitung: aus dem Siphon, Rhabarbersaft, Ananas, Nougat, alkoholfreier Rum

In Rum getränkter Brioche als French Toast ausgebacken, Ananas-Chutney, Ananas-Sorbet, Kokos- Limettensud, Ananas-Gel und Kokos-Crumble
Rum Aroma kaum wahrnehmbar. Schönes, leichtes, kleines Dessert mit exotischen Aromen von Ananas und Kokos.

Mignardises

Yuzu-Mandel-Praline; Orangen Macaron

Fazit

Hier werden durchdachte Gerichte serviert Und man hat den Mut, manchmal auch aussergewöhnliche Komponenten zu benutzen, was Schärfe und Säure angeht. Die beiden Fischgänge gefielen mir besser als die Fleisch-basierten. Zeitmanagement war gut. Entgegen der Vorhersage am Anfang des Abends, reichte es noch für das Dessert. Besonders möchte ich die alkoholfreie Getränkebegleitung loben, die hier einfallsreicher war als das, was ich bisher in dieser Richtung in Restaurants bekommen hatte.

Website: Restaurant Bricole

Restaurant aqua Wolfsburg

Besucht: August 2022
Abendessen
Bewertung: Drei Michelin Macarons

Nach einem Jahr wieder aqua. Anreise durch die gesamte Republik mit der Bahn und (trotzdem) pünktlich zur reservierten Zeit im Restaurant. Gastgeber Marcel Runge empfing mich herzlich und geleitete mich zu meinem Tisch mit gutem Überblick auf den Speisesaal. Er konnte sich sogar noch erinnern, wo ich bei meinem ersten Besuch gesessen hatte.
Seit Wochen sind die gleichen Menüs auf der Homepage und das, was ich mir im Vorfeld ausgesucht hatte, war grösstenteils gar nicht erhältlich – ein Problem mit dem Dienstleister, der für die Homepage zuständig ist.
Heute stellte ich aus den beiden Menüs meine Hitliste zusammen: Dreimal Fisch, das Kalbskotelett statt Taube und das regionale anstatt des “alpinen” Desserts. Dies ist hier kein Problem. Auch die Weinbegleitung war schnell ausgehandelt. Es ergab sich eine rein weisse Begleitung mit einem gereiften Weisswein zum Hauptgang.

Einstimmungen

Sauerfleisch, Weißkohl & Remoulade
Karamellisierte Kalamata Olive

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Die Olive ist wohlbekannt. Diesmal habe ich etwas genauer “hingeschmeckt” als letztes Mal und konnte durchaus nachvollziehen, warum so viele von ihr begeistert sind. Das Mundgefühl changiert zwischen süss, bitter, würzig und cremig.
Beim Sauerfleisch handelte es sich um eine knusprige Gebäckscheibe, darauf eine Sauerfleischschicht, die eigentlich aus zwei Komponenten bestand, Fleisch und saures Gelee, Weisskohl-Salat, Speck-Remoulade und Röstzwiebel. Ein kleiner Snack, der alles bietet, was man von der “normalen” Speise mit diesen Zutaten erwartet. Sehr gut!

Kohlrabi, Meerrettich & Dill

Kohlrabi-Ragout und geflämmt obenauf, Meerrettichschaum, Dillöl und Rauchmandel offenbarte ein säuerlich knackiges Erlebnis. Besonders das Wechselspiel von Meerrettich und gerade noch knackigem Ragout machte daraus ein herrliches Amuse Bouche.

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Heilbutt „geräuchert & gebeizt“

Neben den in der Bildunterschrift genannten Komponenten bestand diese finale Einstimmung noch aus einer gebundenen Velouté darüber, Meeresspargel (auch Queller oder PassePierre genannt) und Pfeffer. War nicht so beeindruckend wie die vegetarische Zubereitung davor. Betrachtet man das Bild, hat man fast den Eindruck, dass etwas fehlt.

Brot

Warm: Hamburger Kruste, klassisches Sauerteigbrot und Tomate-Rosmarin-Brötchen Speziell die Brötchen waren Spitze.

Dazu gab es ungesalzene Butter, die mit Pfeffer aus der Mühle am Tisch in gesalzene verwandelt werden konnte.

Menü

Bretonische Makrele
Pumpernickel, Mairübchen & Gartenkresse
Weinbegleitung: 2020 Sauvignon Blanc Felsrand, Winzerhof Stahl, Franken, Deutschland

Makrele auf der Haut krossgebraten und dann durchziehen gelassen, asiatischer Zwiebelsud vom Pumpernickel, Mairübchenpürée und Gartenkressepesto

Makrele mit charakteristischem Geschmack, wirklich knusprige Haut, aber zartes Fleisch. Interessante Begleiter.

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Saibling aus der Lüneburger Heide & Kaviar “Imperial Auslese”
Rettich & Schnittlauch
Weinbegleitung: 2018 Albariño II Año Fefinandes Ruis Baixas, Spanien

Sehr zarter Saibling, Räucherfischvelouté, Blutorangen-Gel, Blutorangensegmente, roter Rettich, Schnittlauchöl, fein mit Rettich aromatisierte Mayonnaise zwischen Fisch und Rettich und natürlich eine Nocke Imperial-Kaviar. Gute Komposition, einwandfreie Zubereitung und auch gut zu essen.

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Flusszander
Lauch, Blutwurst & Brunnenkresse
Weinbegleitung: 2014 Crooked Vines Spot Branco Douro, Portugal

Blutwurstpürée oben und unter dem Zander, Brunnenkresse-Pesto, Lauchvariation und Lauch- Zitronen-Schaum

Eines der besten Fischgerichte, die ich dieses Jahr hatte. Surf & Turf ist eine Art Steckenpferd von Sven Elverfeld. Zutaten, die optimal zueinander passten. Zubereitung und Portionierung so, dass nichts den Fisch dominierte, aber schön ergänzte.

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Kalbskotelett & Sommertrüffel
Gefüllte Krokette, Kalbskopf & Zwiebeljus
Weinbegleitung: 1999 Chateau Musar weiss Bekaa Valley Libanon

Am Knochen kürzere Zeit trocken-gereiftes und dann auch gebratenes Kalbskotelett, getrüffelte Zwiebelschmelze und Zwiebeljus, Trüffelmayonnaise, Zwiebelpürée, mit Lardo gefüllte Krokette, Kalbskopfscheibe, 3 Jahre gereifter Mimolette-Käse
Ein vielleicht für solch ein Restaurant etwas unspektakulärer Hauptgang, der allerdings sehr gut schmeckte. Das Fleisch hatte eine recht feste Struktur. Herr Elverfeld betonte im Gespräch, dass nur begrenzte Zeit trocken-gereift wurde, um einen von machen nicht gemochten Dry-aged Geschmack zu verhindern.

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Rohmilchkäse vom Wagen

Ab 12 Uhr im Uhrzeigersinn
Brousse Autan, Schafsfrischkäse, bei dem die Schafe Tymian gefuttert haben. Das schmeckt man auch.
Le Verignon, kleiner Bruder des Munster statt mit Kirschwasser mit Marc vom Gewürztraminer eingerieben
A Casinca de Chevre, Rotschmierkäse aus Korsika in der Salzlake eingelegt, bekannt als “Ziegenmunster”
Trou du Cru aus dem Burgund, kleiner Bruder des Epoisse
Bleu de Causses, Blauschimmelkäse 6 Monate in Höhlenspalten gereift
Alkoholbegleitung: zweierlei Port weiss und rot, 10 Jahre weiss Quinta dos Camelas und 10 Jahre rot van Zellers & Co

Und wieder das hervorragende warme Früchtebrot.

Beim Käse vom Wagen, auf den man am Anfang des Abends immer am Eingang zuläuft, habe ich die Fachfrau Frau Weidner machen lassen unter der Prämisse: 5 Spezialitäten, die man nicht alle Tage bekommt. Hat sie hervorragend gelöst.

Champagner Cremesorbet „Edition Ruinart Rosé“

Wieder sehr gut. Geschichte dazu im ersten Bericht aus dem aqua.
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Weinbegleitung: 2018 Riesling Beerenauslese Bernkasteler Doktor, Thanisch Erben,Mosel, Deutschland

Reduktion aus Kirsche und Jägermeister aus der silbernen Flasche, Schokoküchlein, Ganache aus Banane und Schokolade, gepoppter Reis, Kirschsorbet, in Jägermeister marinierte Kirschen, Kirschcrème, Filoteigrolle.
Dies war ein tolles Dessert sowohl in der Zusammenstellung als auch im Geschmack. Fein ausbalanciert, nie zuviel Jägermeister, die Kräuter im Likör aufgegriffen in Form des Wildkräutersalats obendrauf.

Süsses Finale

Grüne Paprika, Eukalyptus und Melone

Grünes Paprikasorbet, Eukalyptus-Schaum, Salat aus dreierlei Melonen, rote Paprika- Gewürzmischung, Jalapeño-Pulver

Süsse nur durch die Melone, Spiel mit Texturen und Temperaturen, erfrischend mit ein wenig Schärfe. Ungewöhnlich und gut.

Nun wurde der Pralinenwagen hereingeschoben, den es wohl schon lange gibt, der letztes Jahr aufgrund behördlicher Anordnung aber nicht zum Einsatz kam.

Pralinen vom Wagen

Von links nach rechts
Lavendel weiss
Macaron mit Fenchel
Yuzu Praliné
Cassis

Fazit

Die Küchenleistung war tadellos. Nun ist es nicht so, dass ich hier bisher Erlebnisse hatte, wie etwa in der Schwarzwaldstube oder im Sonnora, bei denen einige bis mehrere Gänge vollends begeistern. Sven Elverfeld und sein Team haben aber einen Stil entwickelt, bei dem die Kompositionen maximalen Wohlgeschmack bieten und die sehr ausgewogen sind. Beispiele hierfür sind Zander und Saibling als nicht so Geschmacks-intensive Fische, welche Beilagen und Saucen benötigen, die die Hauptzutat nicht unterdrücken. Diese Balance war perfekt vorhanden. Dabei sind aber auch immer wieder überraschende Einfälle, die bekannte Alltagszutaten auf das Niveau der Hochküche heben, wie heute z.B. das Sauerfleisch und der Jägermeister.
Einen Besuch im aqua machen aber auch andere Aspekte zu einem Erlebnis.
Der Service ist sehr freundlich, herzlich und kompetent. Man fühlt sich auch dadurch hier sehr wohl.
Auch wenn die Weinkarte durchaus Potential für eine Weiterentwicklung hat, so konnte ich mich über die Weinbegleitung überhaupt nicht beschweren.

Webseite: Restaurant aqua