The Table Hamburg

Abendessen
Besucht im Juli 2022
Bewertung: 3 Michelin Macarons

Obwohl eigentlich auch in Hamburg zuhause, habe ich es bisher nie geschafft, Hamburgs höchst bewertetes Restaurant zu besuchen. Dagegen sprach auch die schwierige Reservierungssituation hier. Mit einem Vorlauf von etwa 8 Monaten hat es nun geklappt. Über das “The Table” ist schon viel geschrieben worden. Hier nur eine kurze Zusammenfassung: Der im Industriechic ausstaffierte hohe Gastraum ist mit einem mäandernden Tisch für 20 Personen ausgestattet, der vor der Küche angeordnet ist, sodass man die Köche beim Anrichten der Speisen beobachten könnte.

Wir begannen den Abend mit Cocktails in der Puzzle-Bar und schlenderten dann herüber zum Restaurant, vor dem wir an der Tür persönlich von Herrn Fehling, dem Chef-Sommelier und dem Restaurantleiter begrüsst wurden.
Einmal Platz genommen, konnte es auch bald losgehen. Die Lichtverhältnisse sind gut. Die Sessel sind bequem. Eine Wahl der Speisen erübrigt sich, wird doch genau ein Menü unter dem Titel “Das Tor zur Welt” angeboten. Kleine Änderungen aufgrund von Unverträglichkeiten sind möglich.

Beim Wein entschieden wir uns dann für einige, aber nicht alle Gläser aus der Weinbegleitung.

Labskaus

Rote Beete Baiser, Gewürzgurke, Corned Beef, Matjes, Mayonnaise, Zwiebel. Hat mir sehr gut gefallen, gab es doch die Geschmackswelt von Labskaus wieder, auch wenn Matjes ja nicht unbedingt dazugehört.

Indischer Taco

Forellentatar, Reiscrème, Guavengelee, Karotte, Rettich, schwarzer Sesam

Ei, Aspik, Forellenkaviar

Tafelspitz in Aspik, Gurkenwürfelchen, pochiertes Wachtel-Ei, Dill-Hollandaise, Forellenkaviar

Bun Mexiko

Gedämpfter Bun gefüllt mit gezupftem Rinderschmorbraten, Avocado, Paprika-Crème. Ebenfalls sehr gut.

Mojo Espuma, Rindertatar gewürzt mit Tomaten und Kalamata-Oliven, Rosmarinblätter, Limettensegmente. Perfekt justiert in Bezug auf Geschmack und Portionierung der Zutaten.

Hamachi “LBE”
Erdbeere, Waldmeister, Rhabarber & Spargeleis
Weinbegleitung: 2018 Scheurebe Spätlese trocken, Heinrich Männle/Baden, Deutschland

Für mich ein perfekter Gang von absoluter Klarheit. So klar vom Arrangement, dass ich in der Lage war, diesen vollständig zu erklären, was für Amusement in unserem Tischbereich sorgte. Allerdings auch so klar im Geschmack, dass dieser Gang ohne Salz auskam und so die exzellente Qualität des Hauptprotagonisten Gelbschwanzmakrele in den Vordergrund gerückt wurde. Im Einzelnen hatten wir auf dem Hauptteller zwei Stücke vom japanischen Gelbschwanz, Spargel, Rhabarber eingelegt und rekonstruiert, Erdbeergel, Waldmeistersud mit etwas Vanille, roten Pfeffer, Mandelsplitter und Basilikum.
Auf einem zweiten Teller befanden sich mit kleinen Spargelstücken gemischtes Hamachi-Tatar, Spargeleiscrème und Erdbeerkrokant. “LBE” bedeutet übrigens “La Belle Epoque”, der Name der vorherigen Wirkungsstätte von Kevin Fehling.

Ungestopfte Gänseleber
mit Brombeere, Shiso, Ponzu & Nori-Algen
Weinbegleitung: 2018 Riesling Pittermännchen Kabinett, Diel, Nahe, Deutschland, restsüss

Sehr leichte Leber-Mousse mit Litschi, zweierlei Terrine, eine mit Ponzu-Gel, Mangoschale und Rettich, eine mit getrockneten Nori-Algen und Yuzu-Gel, eine echte Brombeere mit Sushi- Reisessig-Gel. Toll, die beiden “Toppings” auf der Terrine geben dieser einen ganz neuen Twist – im Falle des Ponzu Umami, im Falle der Algen Jodigkeit.
Der restsüsse Riesling hatte ein interessantes Bouquet mit Petrolnoten, die sich im Geschmack nicht wiederfanden. Ähnliches hatte ich einmal bei einem gereiften Riesling “Sonnenuhr” von Prüm erlebt.

Kabeljau mit „AKI“ Kaviar
Korianderemulsion, Ponzuessig-Schaum & Miso-Vinaigrette – Ceviche mit Rettich & Apfel- Jalapeño-Eis
Weinbegleitung: 2020 Grüner Veltliner Hirschenreyn, Zillinger, Weinviertel, Österreich, Naturwein

Kabeljau, Kaviar vom Altonaer Kaviar Import, Ponzu-Hollandaise mit aufgepopptem Reis, Miso-Vinaigrette, für mich ohne Korianderemulsion.
Separat wurden eine Ceviche vom Kabeljau, grünes Apfel-Jalapeño-Eis, Apfelkrokant und einige Tupfer Ponzu-Hollandaise gereicht.
Hier hatte ich ausgehend von der Beschreibung in der Menükarte etwas anderes erwartet. Der Schaum entpuppte sich als Hollandaise von recht kompakter Konsistenz. Nichtsdestotrotz schmeckten beide Darbietungen des Gerichts sehr gut. Der Geschmack der verschiedenen Komponenten war bestens aufeinander abgestimmt. Der Kabeljau hatte eine Qualität, die man auf diesem Genussniveau erwartet. Den Kaviar konnte man sehr gut zum “Würzen” benutzen.
Der Wein war mit den sonst üblichen grünen Veltlinern, bei denen es durchaus sehr gute Qualitäten gibt, nicht vergleichbar. Allein fast untrinkbar passte er bedingt zum Essen.

Crépinette von der Wachtel & konfierte Keule
Mohnkuchen, Hagebutte, Zitrone & Estragon

Crépinette mit Mangoldmantel, konfierte Wachtelkeule, Mohnkuchen mit Zitronenzeste, Hagebutten-Crème, Zitronenschaum, Estragon-Sud.
Im Gegensatz zu den fein ausbalancierten Fischgängen wurde hier nun richtig Gas gegeben. Speziell der Estragon-Sud mit einer fast Sternanis-artigen Note setzte hier ein Ausrufezeichen.

Maibockrücken und geschmortes Ragout
Apfel, Spitzkohl-Maki, Sherryessig-Hollandaise & Pfefferjus
Weinbegleitung: 2015 Somni Rotwein, Portal de Priorat, Priorat, Spanien

Rehrücken mit Blutwurstkruste, Apfelsphäre und –rose, Sherryessig-Hollandaise, Spitzkohl- Maki mit Röstzwiebelringen.
Kartoffelschaum mit Croutons und Schnittlauch auf geschmortem Reh-Ragout à part.
Gutes Wildgericht mit Hauptzutat von hervorragender Qualität und Zubereitung und innovativer Spitzkohl-Beilage. Der Jus schmeckte gut. Ich habe hier, wie auch bei der Wachtel, etwas Baguette-Brot vermisst, um zu verhindern, dass von den Elixieren etwas zurück in die Küche geht. Hier stellt sich wie im IGNIV wieder die Pipettenfrage 🙂

Zitronen-Yuzu-Tarte
Fenchel, Sancho-Eis & Cantuccini

Zitronen-Yuzu-Tarte, Zitrusfrucht-Ragout, Cantuccini-Eiscrème auf Cantuccini-Crumble. Im kleinen Glas anbei: Sancho-Kokos-Eis mit geflämmten Eiweiss-Schaum.
Schönes, leichtes Dessert, speziell für Yuzu-Liebhaber, wenn auch etwas unspektakulär. Das Zitrusfrucht-“Chutney” links auf dem Hauptteller setzte einen bitteren Kontrapunkt. Das Cantuccini-Eis war eine Wucht.

Petit Four

Kindercountry Guatemala

Mandarinen-Weisse-Schokoladenganache, Tomatenragout, Popcorn

Erdbeere „Raffaello“

Kokos-Mousse mit Erdbeerhaut, salzige Pfeffercrème

Blaubeere-Cheesecake Macaron

Marzipan-Baiser, Mohnmousse, Blaubeer-Viertel, Blaubeergel, kandierte Oliven

Dies waren drei abwechslungsreiche, wohlschmeckende Petit Fours, die doch sehr von dem abwichen, was man sonst zum Abschluss bekommt – eher kleine après-Desserts. Ich würde die auf kommerzielle Süssigkeiten hinweisenden Namen weglassen.

Fazit

Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Die Gerichte bestehen teilweise aus vielen Komponenten und sind mit höchster Genauigkeit angerichtet.
Positiv überrascht hat mich, dass die Präsenz von Perlen, Schäumen und weiteren mit Techniken aus der Molekularküche geschaffenen Zubereitungen weitgehend ausblieb. Ich hatte dies nach dem Studium des von Kevin Fehling herausgebrachten Kochbuchs nicht unbedingt erwartet. Hier könnte man sogar noch weiter reduzieren und auf die teilweise dekonstruierten Komponenten verzichten (Beispiele: Rhabarber, Apfel).
Das Essen hat mir sehr gefallen mit einer etwas stärkeren Leistung im ersten Teil bis und mit dem Kabeljau.
Der Service ist freundlich, humorvoll und äusserst aufmerksam.

Website des Restaurants: The Table Kevin Fehling

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Osteria Tre Bubendorf

Abendessen
Besucht am 04.06.2021

Bewertung: Ein Michelin Macaron

Nun können wir wieder etwas tun, von dem wir vor 15 Monaten nie gedacht hätten, dass wir das längere Zeit nicht tun können – in ein Restaurant im Innenraum essen gehen. Die Schweiz war mit den Öffnungsschritten immer schon etwas weiter und deshalb ist es nun nach 6 Monaten soweit.

Ich habe die Zeit inzwischen genutzt, wenige Gerichte aus besternten Restaurant zu Hause fertigzukochen und meine Koch-Skills insgesamt zu erweitern/verbessern. Viele Gerichte habe ich in dieser langen Zeit in der Küche zum ersten Mal zubereitet und viele Handgriffe zum ersten Mal durchgeführt.

Anlässlich der Abholung von Kochbüchern habe ich also kurzfristig in der Osteria Tre reserviert.

Die Osteria Tre ist eines von drei Restaurants im Hotel Bad Bubendorf. Während der Pandemie- bedingten Schliessung hat im Restaurant ein Wechsel des Chefkochs stattgefunden. Das Restaurant ist nur Abends geöffnet.

Am Wochenende hat man nur die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Menüs: einem 5-Gang- und einem 7-Gang-Menü. Ich entschied mich für das 5-Gang-Menü und bat darum, den Käse auszulassen.

Aufgrund der An-/Abreise-Situation nahm ich ein Glas Weisswein zu den ersten beiden Gängen und ein Glas Rotwein zum Hauptgang.

Kleinigkeiten vorweg: Hausgemachte Grissini; Raumtemperatur: Carbonara-Crème mit krossgebratenem Guanciale, Blutampfer; kalt: Chip vom schwarzen Reis, Wolfsbarschtatar, Brunnenkresse-Crème

Amuse Bouche auf warmem Teller: Gebratene Jakobsmuscheln auf Crème von schwarzem Sesam, rohe, dünne Scheiben Blumenkohl, Saiblingsrogen, Olivenöl, Sesamkörner

Die Jakobsmuscheln waren tadellos von Produktqualität und Zubereitung.

Sehr gutes, warmes Sauerteigbrot, Olivenöl, Fleur de Sel

Tatar vom Gambero rosso, garniert mit Scheiben von Stangensellerie und Radieschen, Orangencrème, eine Art vom Geschmack nicht zu identifizierender Schnee, darauf Basilikumsorbet und eine Scheibe getrocknete Orange, Orangensauce
Wein auf Empfehlung des Restaurantchefs: Infatata Malvasia secca von der Insel Salina (vor Sizilien) 2019 Weingut: Caravaglio

Mit diesem Gericht wurde mir zum ersten Mal verständlich, warum der Autor der Seite troisetoiles.de oft seine Abneigung zu kalten Gerichten der Garnelen-artigen im Gegensatz der Hummer-artigen Krustentiere kundtut. Das Tatar hatte eine schleimige Textur. Die Kombination der Aromen war durchaus schlüssig und Qualität und Geschmack der Garnelen OK – aber die Textur. Dies ist kein Fehler der Küche sondern ganz simpel eine Eigenschaft der Zubereitung dieses Produktes. Vielleicht gibt es ja Gourmets, die dies so mögen.

Eine Entdeckung war der Wein, der mit seinen Aromen sehr gut zu den Orangenkomponenten des Gerichts passt. Ich liebe ja trockene Weine, die aus der Malvasia-Traube gekeltert sind. Dies ist ein weiterer für zu Hause.

Risotto mit Pilzen, Walnüssen und Sommertrüffel

Ein wunderbar vor Umami strotzender Gang, dem durch die Walnüsse noch eine knackige Komponente zugefügt wurde.

Hauptgang: Rindsentrecôte mit Karotten, Pilzen, Karotten-Orangen-Püree, mit Tonkabohne verfeinertes Selleriepüree und Kalbsjus
Wein: Brunello 2013 von Fanti

Das Fleisch war gut von Produktqualität und Zubereitung, die Beilagen etwas blass. Der Hit war der dichte, intensive Kalbsjus, von dem kein Tropfen aus der kleinen Karaffe in die Küche zurückging.

Im Stielglas serviert: Jasmin- und Verveine-Panna Cotta, Crumble, Aprikosen-Gel, Aprikosensorbet, Stücke von der getrockneten Aprikose, Sablé

Vom Jasmin und der Verveine war nicht viel zu schmecken, aber die Panna Cotta war gut. Etwas problematisch war das Aprikosen-Gel, das als fester Block unter der Panna Cotta im Glas sass. Hier wäre es besser gewesen, es vor dem Einfüllen ins Glas mit dem Pürierstab aufzulockern.

Aprés-Dessert: Tatar aus in Rum marinierter Ananas, Mango-Eiscrème, Limettenschaum

Diese stimmige Fruchtkombination gefiel mir besser als das eigentliche Dessert.

Friandises: Haus-gemachte Cantuccini, Pralinen von links nach rechts: Himbeere, Grand Marnier mit flüssigem Kern, Karamell

Die Praline waren alle gut.

Fazit

Ich bin dankbar, dass ich wieder Essen auf hohem Niveau geniessen kann.

Der Abend liess mich etwas ratlos zurück. Das Gesamterlebnis war OK. Es wurde eine Speisenfolge geboten, die sich durchaus eignet, eine Erwähnung im Guide Michelin zu finden. Ich habe einen neuen Wein entdeckt. Bis auf die schleimigen Garnelen hat alles geschmeckt. Am besten war eigentlich das Risotto. Ich habe keinen Vergleich, wie es unter dem ehemaligen Koch war. Man wird sehen, wie es hier weitergeht.