Abendessen
Besucht am 04.06.2021
Bewertung: Ein Michelin Macaron
Nun können wir wieder etwas tun, von dem wir vor 15 Monaten nie gedacht hätten, dass wir das längere Zeit nicht tun können – in ein Restaurant im Innenraum essen gehen. Die Schweiz war mit den Öffnungsschritten immer schon etwas weiter und deshalb ist es nun nach 6 Monaten soweit.
Ich habe die Zeit inzwischen genutzt, wenige Gerichte aus besternten Restaurant zu Hause fertigzukochen und meine Koch-Skills insgesamt zu erweitern/verbessern. Viele Gerichte habe ich in dieser langen Zeit in der Küche zum ersten Mal zubereitet und viele Handgriffe zum ersten Mal durchgeführt.
Anlässlich der Abholung von Kochbüchern habe ich also kurzfristig in der Osteria Tre reserviert.

Die Osteria Tre ist eines von drei Restaurants im Hotel Bad Bubendorf. Während der Pandemie- bedingten Schliessung hat im Restaurant ein Wechsel des Chefkochs stattgefunden. Das Restaurant ist nur Abends geöffnet.
Am Wochenende hat man nur die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Menüs: einem 5-Gang- und einem 7-Gang-Menü. Ich entschied mich für das 5-Gang-Menü und bat darum, den Käse auszulassen.
Aufgrund der An-/Abreise-Situation nahm ich ein Glas Weisswein zu den ersten beiden Gängen und ein Glas Rotwein zum Hauptgang.

Kleinigkeiten vorweg: Hausgemachte Grissini; Raumtemperatur: Carbonara-Crème mit krossgebratenem Guanciale, Blutampfer; kalt: Chip vom schwarzen Reis, Wolfsbarschtatar, Brunnenkresse-Crème

Amuse Bouche auf warmem Teller: Gebratene Jakobsmuscheln auf Crème von schwarzem Sesam, rohe, dünne Scheiben Blumenkohl, Saiblingsrogen, Olivenöl, Sesamkörner
Die Jakobsmuscheln waren tadellos von Produktqualität und Zubereitung.

Sehr gutes, warmes Sauerteigbrot, Olivenöl, Fleur de Sel

Tatar vom Gambero rosso, garniert mit Scheiben von Stangensellerie und Radieschen, Orangencrème, eine Art vom Geschmack nicht zu identifizierender Schnee, darauf Basilikumsorbet und eine Scheibe getrocknete Orange, Orangensauce
Wein auf Empfehlung des Restaurantchefs: Infatata Malvasia secca von der Insel Salina (vor Sizilien) 2019 Weingut: Caravaglio
Mit diesem Gericht wurde mir zum ersten Mal verständlich, warum der Autor der Seite troisetoiles.de oft seine Abneigung zu kalten Gerichten der Garnelen-artigen im Gegensatz der Hummer-artigen Krustentiere kundtut. Das Tatar hatte eine schleimige Textur. Die Kombination der Aromen war durchaus schlüssig und Qualität und Geschmack der Garnelen OK – aber die Textur. Dies ist kein Fehler der Küche sondern ganz simpel eine Eigenschaft der Zubereitung dieses Produktes. Vielleicht gibt es ja Gourmets, die dies so mögen.
Eine Entdeckung war der Wein, der mit seinen Aromen sehr gut zu den Orangenkomponenten des Gerichts passt. Ich liebe ja trockene Weine, die aus der Malvasia-Traube gekeltert sind. Dies ist ein weiterer für zu Hause.

Risotto mit Pilzen, Walnüssen und Sommertrüffel
Ein wunderbar vor Umami strotzender Gang, dem durch die Walnüsse noch eine knackige Komponente zugefügt wurde.

Hauptgang: Rindsentrecôte mit Karotten, Pilzen, Karotten-Orangen-Püree, mit Tonkabohne verfeinertes Selleriepüree und Kalbsjus
Wein: Brunello 2013 von Fanti
Das Fleisch war gut von Produktqualität und Zubereitung, die Beilagen etwas blass. Der Hit war der dichte, intensive Kalbsjus, von dem kein Tropfen aus der kleinen Karaffe in die Küche zurückging.

Im Stielglas serviert: Jasmin- und Verveine-Panna Cotta, Crumble, Aprikosen-Gel, Aprikosensorbet, Stücke von der getrockneten Aprikose, Sablé
Vom Jasmin und der Verveine war nicht viel zu schmecken, aber die Panna Cotta war gut. Etwas problematisch war das Aprikosen-Gel, das als fester Block unter der Panna Cotta im Glas sass. Hier wäre es besser gewesen, es vor dem Einfüllen ins Glas mit dem Pürierstab aufzulockern.

Aprés-Dessert: Tatar aus in Rum marinierter Ananas, Mango-Eiscrème, Limettenschaum
Diese stimmige Fruchtkombination gefiel mir besser als das eigentliche Dessert.

Friandises: Haus-gemachte Cantuccini, Pralinen von links nach rechts: Himbeere, Grand Marnier mit flüssigem Kern, Karamell
Die Praline waren alle gut.
Fazit
Ich bin dankbar, dass ich wieder Essen auf hohem Niveau geniessen kann.
Der Abend liess mich etwas ratlos zurück. Das Gesamterlebnis war OK. Es wurde eine Speisenfolge geboten, die sich durchaus eignet, eine Erwähnung im Guide Michelin zu finden. Ich habe einen neuen Wein entdeckt. Bis auf die schleimigen Garnelen hat alles geschmeckt. Am besten war eigentlich das Risotto. Ich habe keinen Vergleich, wie es unter dem ehemaligen Koch war. Man wird sehen, wie es hier weitergeht.