Restaurant Bareiss Baiersbronn

Besucht im Dezember 2022
Mittagessen
Bewertung: Drei Michelin Macarons

Ich plante einen Termin im Schwarzwald und dachte, es sei eine gute Idee, diesen mit einem anschliessenden Mittagessen zu verbinden. Eine Woche vorher sah ich mich also nach Optionen um. Meine erste Wahl hatte an diesem Samstag keinen Tisch frei, da dachte ich, warum nicht zum Jahresende nicht nochmal die höchste Kategorie besuchen. Tischanfragen in der Schwarzwaldstube und im Bareiss, beide in Baiersbronn, endeten mit einem Platz auf der Warteliste und einer Zusage in letzterem. Die Anfahrt gestaltete sich dann doch etwas mühsam, da aufgrund der Sperrung der Strasse von Freudenstadt nach Baiersbronn wegen Bauarbeiten teilweise riesige Umwege nach Mitteltal in Kauf genommen werden müssen. Dies soll wohl bis 2025 so sein.

Bei Ankunft begrüsste mich der Restaurantleiter, Herr Brandt, schon vor der Tür und geleitete mich an meinen Platz links vom Eingang um die Ecke. Zwei Tische blieben heute Mittag frei.

Ich hatte vorher das aktuelle Menü studiert und war hin- und hergerissen zwischen à la Carte und einem der Menüs. Herr Brandt bestätigte mir, dass die auf der Website publizierte Version aktuell sei. Das Adventsmenü wurde mir allerdings nicht präsentiert. Dies sei hauptsächlich für abends gedacht. Ich könnte es jedoch trotzdem wählen. Ich fragte also an, ob ich das grosse Degustationsmenü mit einigen Modifikationen haben könne. Und ich konnte: ohne Hauptgang, ohne Käse und ohne eigentlich vorgesehenes Dessert, dafür mit Jakobsmuschel aus dem Adventsmenü statt Kingfish und mit dem Valrhona-Schokoladendessert aus der à la Carte Auswahl.

Wein handelte ich wie üblich mit Herrn Mezda aus, eine Begleitung mit 4 Gläsern zu den 4 ersten Gängen sollte es sein.

Sogleich ging es los mit der Apéro Etagère.

Apéro Etagère von oben nach unten
Pastrami vom Wagyu mit BBQ-Sauce und Rotkohl Sushi-Reisrolle mit rotem Curry
Röstzwiebeltarte
Geräucherter Aal mit Sauerrahm und Limette

In allen Kleinigkeiten sind die Aromen der beteiligten Zutaten sehr schön herausgearbeitet. Nichts ist zu dominant und alles ergänzt sich sehr gut. Texturell ist es abwechslungsreich. Besucht man das Bareiss öfter, fällt auf, dass bei den Amuses nicht sehr stark variiert wird. In ähnlicher Form hatte ich dies schon im Mai.

Gleichzeitig mit den Apéros wurden gutes, warmes Brot und gesalzene und ungesalzene Butter serviert.

Nun kam recht zügig schon das kalte Amuse Bouche.

Variation von Rettich und Sauerrahm

Die grösste Komponente auf dem Teller war eine Mousse und kein Eis. Dieses vegetarische Amuse Bouche war ideal geeignet, um die Papillen auf das kommende vorzubereiten, so frisch und mit einigen säuerlichen Komponenten, wie es daherkam.

Kaltes Amuse Bouche: dazu Schaum vom grünen Apfel

Dazu gab es diesen herrlichen Schaum, unter dem sich noch eine Brunoise von eben dem Apfel versteckte.

Warmes Amuse Bouche

Kalbsbacke auf Perlgraupen mit Salat, Gemüse und Kalbsjus

Auf den Perlgraupen, die mit knackigem, grünen Gemüsewürfelchen vermischt waren, verbarg sich unter der Kalbsbacken-Tranche ein leicht säuerlicher kleiner Salat in fein Streifen. Das zarte, mürbe Fleisch war von einem sehr guten Jus umgeben.

Variation von der Gänsestopfleber mit Feige, Glühwein und Spekulatius

Weinbegleitung: 2016 Domaine Bellegarde, Cuvée Thibault Moelleux, Frankreich

Gänseleber Panna Cotta im Glühweinsud

Diesmal wollte ich die Gänseleber einmal nehmen. Im Glas Glühwein zum dazu trinken.

Terrine mit Portweingelee und Salzkaramell, Feigeneis und –stücke, Spekulatiuscrème, – kuchenstücke und -crumble, Haselnuss und ein ungetoastetes Brioche. Die Terrine war von sehr guter Qualität. Die weihnachtlichen Begleiter passten dazu. Die Panna Cotta mit Glühwein und Feige war eine schöne Variation. Ich hatte ja gehofft, dass es das Gänselebereis dazu gäbe. Dass das Brioche ungetoastet war, fand ich vom Mundgefühl gewöhnungsbedürftig.

Als Weinbegleitung wurde ein Süsswein gereicht. Diesen trank ich zu dem Gericht nicht aus, da es im Gericht ja schon den Glühwein gab, der natürlich nichts mit dem zu tun hatte, was so auf Weihnachtsmärkten serviert wurde. Auch wenn klar ist, dass der Glühwein eine Komponente auf einem anderen Teller des Gangs aufgreift, hätte ich persönlich im Gericht etwas anderes flüssiges Saisonales gereicht, z.B. eine kleine Kürbis-Velouté mit etwas Foie Gras am Boden.

Sautierter Gamba Carabiniero mit Süßkartoffel und Sanddorn

Weinbegleitung: 2018 Hermes Diactoros II, Omina Romana, Latium, Italien

Neben dem sautierten Krustentierschwanz befanden sich auf dem Teller: Süsskartoffelragout, ein Chip von der violetten Kartoffel und vier Gels/Crèmes. Rosa: Kartoffelcrème von der violetten Kartoffel, orange Sanddorn, braun angedickter Krustentierjus und nicht sichtbar hinter dem Carabiniero ein farbloses Zitrusfruchtgel mit Yuzu-Anteil. Hauptprodukt in hervorragender Qualität mit reduzierter aber sehr passender Begleitung.

Der Wein dazu hat eine interessante Geschichte: Latium südlich von Rom ist das älteste Weinanbaugebiet in Italien. Die Griechen sollen den Wein dorthin gebracht haben. Dieses Gebiet wurde lange in der Neuzeit vernachlässigt. Als der Weinbau dort wieder an Fahrt aufnahm, wurden die ganzen alten Reben herausgerissen und durch moderne Europäische Rebsorten ersetzt. Es gab also kaum noch autochthone Rebsorten im Gebiet. Dieser Wein besteht allerdings aus diesen.

Geflämmte Jakobsmuschelrosette mit Imperial Kaviar, Sauerrahm und brauner Butter

Weinbegleitung: 2019 Old Vines White, Mullineux, Swartland, Südafrika

Ein Gang aus dem Adventsmenü und gleichzeitig ein Signaturgericht vom Chefkoch, Herrn Lumpp. Es hat sich absolut gelohnt, diesen Gang zu bestellen. Herr Lumpp sagte mir beim Gespräch am Tisch, dass Signaturgerichte ab und zu auch Mal wieder auf die Karte aufgenommen werden müssen. Das Gericht bestand im Einzelnen aus einem Kartoffelstampf mit viel Butter und etwas Schnittlauch, der geflämmten und leicht nachgegarten Jakobsmuschel-Rosette, einer Nocke Imperial-Kaviar und etwas aufgeschlagenem Sauerrahm. Abgerundet wird dies durch eine schaumige Beurre Blanc mit Sauerrahm und brauner Butter Ein absolutes Wohlfühlgericht und eines der besten des Jahres, die ich gegessen habe.

Brandade vom Steinbutt mit Staudensellerie und weißem Trüffel aus Alba

Weinbegleitung: 2017 grauer Burgunder Schlossberg Achkarren, Fritz Wassmer, Kaiserstuhl, Deutschland

Auf der à la Carte Karte findet man bei den Fischgerichten Steinbutt mit weissem Trüffel aus Alba in drei Gängen. Dieser Menügang hier ist eine Variation von einem der Gänge. Man könnte der Meinung sein, dies sei ein Steinbutt-Gang. Ist es aber nicht. Steinbutt bereitet hier teilweise die Bühne für den weissen Trüffel, der jetzt Saison hat.

Ich hatte mir zwischendurch die Hände gewaschen und als ich wieder in den Gastraum kam, erfüllte der charakteristische Duft von Trüffel den Raum. Die Knollen wurden auf einer Schale mit Glashaube auf der Anrichte links neben dem Eingang aufbewahrt. Jemand hatte wohl gerade einen Gang serviert bekommen, bei dem frischer Trüffel am Tisch über den Teller gerieben wurde.

Dies passierte auch auf meinem oben abgebildeten Teller. Basis für den Trüffel ist eine Brandade, eine Art Pürée aus Kartoffel und Fisch. Der Fischanteil war hier sehr hoch und bestand, wie mir Herr Lumpp sagte, aus frischem Kabeljau und frischem Steinbutt. Dies macht das Ganze etwas subtiler als die ursprüngliche Version mit Bacalhau (Stockfisch) und der Kabeljau gibt Struktur, die allein durch Steinbutt nicht zu erreichen wäre. Das Gericht schmeckte sehr gut, so richtig schlotzig, süffig, herzhaft. Mir kam noch der Gedanke, warum man einen Edelfisch wie Steinbutt für so etwas Profanes wie ein Pürée nutzen sollte, aber sei es drum. Es hat einfach sehr gut geschmeckt.

Fritz Wassmer ist übrigens der Bruder von dem etwas bekannteren Markus Wassmer. Beide Weingüter sollte man im Mai besuchen, dann hat man von allem etwas, was hier angeboten wird: Erdbeeren, Spargel und Wein.

Valrhona Schokolade

1. Zartbitterschokolade 58 mit schwarzen Johannisbeeren und Praliné

2. Dulcey Schokolade mit Butterkekscrème und Verveine

3. Weißes Schokoladentörtchen mit Blutorange, Mohn und Espressoeis

4. Jivara Chantilly mit Milchcrème, Balsamico und Kirschblütenhonig

Da ist es wieder – eins von diesen Superdesserts vom Patissier Herrn Leitner. Mir persölich gefiel die Variation auf dem Glasteller mit den Butterkeksvariationen am besten.

Friandises

Canele mit Rum und Vanille, Mandelküchlein mit Blaubeere, Marshmellow mit Aprikose und Mango, Kokosparfait mit flüssigem Kern, Himbeer-Pistazien-Nougat-Tarte

Alle sehr gut. Mein Favorit dieses Mal: das Kokosparfait.

Nun wieder die Herausforderung und die Qual der Wahl für jede/jeden, die/der noch etwas Platz für weitere Süssigkeiten hat – der Wagen mit der Confiserie und die Boxen mit den Pralinen.

Confiserie & Pralinen vom Wagen
Macaron Vanille-Nougat, Profiterole Passionsfrucht Praliné, runde Yuzu-Praline,

Passionsfrucht, Bareiss Marzipan-Kirsch, Milchschokolade Vanille-Nougat
Alle schmeckten hervorragend. Herausragend dabei: wie immer die Yuzu-Praline, danach Profiterole und Vanille Nougat.

Fazit

Dies war wohl das beste Mittagessen, was ich hier je hatte. Es gab so gut wie nichts daran auszusetzen und das wenige ist tatsächlich Jammern auf sehr hohem Niveau.
Der Restaurantleiter Herr Brandt, Sommelier Herr Mezda und auch alle anderen Servicemitarbeiter sorgen dafür, dass man sich wohlfühlt. Man ist flexibel bei der Menüauswahl und zu dem einen oder anderen Gespräch aufgelegt. Manchmal wünschte ich mir, dass beim Servieren etwas mehr zu dem Gericht erklärt wird, als sowieso auf der Menükarte zu lesen ist.

Webseite: Restaurant Bareiss

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Schwarzwaldstube temporaire Baiersbronn

Abendessen
Besucht im August 2021
Bewertung: Drei Michelin Macarons

2008 war ich das erste und einzige Mal hier. Ich erinnere mich noch an Schachbrett-artiges Anrichten von Foie Gras, Rochenflügel und ein Ei, das nur vorgab, ein Ei zu sein – das Eigelb war Mangocrème. 13 Jahre später ist einiges passiert. Harald Wohlfarth ist nicht mehr hier und die Schwarzwaldstube ist abgebrannt. Man kann jetzt in einem – für die Gäste – sehr schönem Provisorium essen, in dem die Schwarzwaldstube und die Köhlerstube (mit einem Michelin-Macaron ausgezeichnet) untergebracht sind. Deshalb benutzt man den Zusatz “temporaire”. In 8 Monaten soll die Schwarzwaldstube auf der anderen Strassenseite aufgebaut sein und alles besser auch als vorher sein. Na denn.

Ich hatte eine relativ stressige Anreise über lange Distanz mit dem Auto und recht grosse Erwartungen an diesen Abend. Ich hoffte, die Gastgeber würden das Wort “Restaurant” (kommt von restaurieren) mit Bedeutung füllen und sollte nicht enttäuscht werden.

Das Restaurant mit seinen 8 Tischen war an diesem Abend ausgebucht. Die Stimmung würde ich als fröhlich und gelöst beschreiben. Der Service macht von Anfang an einen sehr guten Job.

Studium der verschiedenen Menüoptionen im Voraus brachte mich zu dem Entschluss, nach dem grossen Degustationsmenü mit Weglassen und Ersatz einiger Gänge zu fragen. Bis auf den Hummersalat von der à la Carte Auswahl, den ich gern gegessen hätte, wurde allen meinen Wünschen entsprochen. Auch die angefragte halbe Weinbegleitung war kein Problem.

Schon ging es mit Grüssen aus der Küche los.

Reiscracker mit Meeräsche, Planktonkaviar, Planktoncrème und Senfcrème
Kalbstatar mit Gurke, Eigelbcrème und Kresse
Ceviche von Gamba-Carabinero mit Olivenöl, Limette und Koriander
Spiess mit Apfelkugel und gebratenem Gamba-Carabinero in mit Jalapeño und Apfel aromatisiertem kalten Krustentierfond

Alle Amuses bouches zeichneten sich durch kräftige aber sehr ausgewogene Aromen aus. Zum Beispiel hatte die Eigelbcrème bei der Tatar-Löffeldegustation genau die richtige Portionsgrösse und fügte dem Ganzen im Mund einen schönen Schmelz hinzu. Die Koriandernote bei der Ceviche war sehr subtil, sodass sie auch für mich sehr gut erträglich war. Einzig beim Krustentierfond war dieser kaum schmeckbar, drängten sich doch die Säure des Apfels und der Jalapeño (ohne dominant scharf zu sein) in den Vordergrund. Alles in allem ein sehr guter Start!

Zweierlei von der Makrele: Tatar von der rohmarinierten Gelbschwanzmakrele, darauf eine Tomatengeleescheibe, darauf geflämmte Holzmakrele bedeckt mit Soja-Oktopus-Gelee, dazu Tomatenkompott, Oliventarpenade und Basilikumcrème

Als abschliessender Gruss aus der Küche wurde dieser “Makrelenhammer “serviert. Einfach toll was Herr Michel und Team aus den drei Hauptzutaten Makrele, Tomate und Basilikum hier geschaffen haben. Speziell vom Soja-Oktopus-Gelee auf der geflämmten Holzmakrele war ich begeistert. Aber auch die anderen Komponenten waren sehr wohlschmeckend und passten sehr gut zusammen.

Aus dem kleinen Degustationsmenu: Gebeizter Thunfischrücken und -bauch „Kishū“ mit Enten- und Stabmuscheln, junger Spitzkohl und krause Glucke, Shoyumarinade mit Shiitake
Weinbegleitung: Xarello Espenyalluchs Soler 2019, Girona, Spanien

Gleich als erster Gang des Menüs wurde das Highlight des Abends serviert. Ein absolutes Wohlfühlgericht, bei dem alles stimmte. Aus den Erläuterungen des Service erfuhr ich, dass dies ein neues Gericht der Schwarzwaldstube sei, das sich um Balfego Thunfisch in Referenzqualität dreht. So guten Thunfisch habe ich in Deutschland noch nie gegessen. Und erst noch die Zusammenstellung der verschiedenen Bestandteile dieses Gerichts. Reichlich Imperial Kaviar fügt Salzigkeit und Jodigkeit hinzu. Der Pilz krause Glucke aus der Region ist überraschend aber absolut passend. Dazu die verschiedenen Muscheln, Mayonnaisetupfen und in der Mitte ein Meerwasserschaum mit knusprigen Brotcroutons.

Die Kombination mit dem begleitenden Wein aus sehr nahe am Meer gewachsenen Trauben versetzte mich für die Dauer des Genusses ans Meer.

Jede Gabel ein Happen Glückseligkeit. Ich würde wiederkommen, allein schon nur um dieses eine Gericht zu essen.

Mosaik von Entenleber und gegrillter Taubenbrust in Geflügelgelée mit Muskat und Macis, eingelegte Früchte in Honigweincoulis, Eisenkraut
Weinbegleitung: 2017 Heimbourg Zind-Humbrecht Pinot Gris, Elsass, Frankreich

Die Gänseleber kam hier als mit Geflügelgelée überzogene Scheibe von mit gegrillter Taubenbrust gefüllter Ballotine. Fruchtigkeit und Säure wurden durch die eingelegten Früchte hinzugefügt. Im Einzelnen meine ich identifiziert zu haben: Pfirsich, Traube, Apfel, Khaki und Pflaume als Kompott. Als knackige Komponenten waren noch Walnuss- und Cashewnuss-Stücke auf dem Teller. Dazu wurde ein hervorragendes warmes Brioche gereicht.

Soweit so gut. Eigentlich habe ich soetwas schon zu oft gegessen und es ist nicht mehr so spannend den Dreiklang Foie Gras, Fruchtiges/Saures und Brioche serviert zu bekommen. Was den Teller besonders machte, waren das gegrillte Stück Taubenkeule und die gebratenen Würfel Gänseleber, die sich zwischen den Früchten versteckten. Ich gebe zu, dies ist Jammern auf sehr hohem Niveau…

Keine Frage, für das was es ist, ist dies von hochstehender Qualität. Meine kleine Enttäuschung tat ich der netten Dame vom Service auch Kund und erwähnte noch, dass ich die gebratene warme Foie Gras viel lieber mag. Das hatte Konsequenzen…

Aus dem kleinen Degustationsmenu: Wolfsbarschschnitte „Ike jime“ mit krosser Haut, Petersilienwurzeln in Sardellenbutter und Emulsion von Wolfsbarschleber und Basilikum
Weinbegleitung: Art Blanc Centenaires 2018, Rhone, Frankreich

Hier wurde ein Stück Loup de Mer bester Qualität, mit richtigem Gargrad und krosser Haut serviert. Dazu gab es in Anchovis-Butter sautierte Petersilienwurzeln, Baslikumcrème (grün) und Wolfsbarschlebercrème (braun). Am Tisch wurde eine mit Basilikum aromatisierte Beurre Blanc angegossen. Keine Frage war dies ein sehr gutes Gericht mit harmonischen Komponenten, allerdings vielleicht ein wenig langweilig.

Der Wein aus dem Languedoc passte gut dazu und offenbarte zusammen mit dem Fisch Aromen, die er allein getrunken vorher nicht gezeigt hatte.

Dreierlei vom Milchkalb mit feinen Erbsen, Zuckerschoten und geschwenkten Pfifferlingen, Kalbskopfjus mit schwarzen Trüffeln
Weinbegleitung: Romaneé Vosne Pinot Noir Dessus Maconsorts Remoriquet 2013, Frankreich

Als Hauptgericht gab es Kalb: Filet, Bries und Kalbsbacke. Dazu wurde ein sehr guter getrüffelter Jus aus Kalbskopf angegossen. Als Gemüse waren auf dem Teller noch sehr aromatische kleine Pfifferlinge und süsse Erbsen und Zuckerschoten zu finden. Wieder ein Wohlfühlgericht erster Güte mit sehr viel Umami. Filet tadellos, Bries genau wie ich es mag, homogen und weich innen, aussen knusprig kross, die Kalbsbacke zerfiel wie sehr gutes pulled beef.
Nach der Rückmeldung bei der Gänseleber von Gang 2 wurde das Kalbsfilet extra für mich als Rossini zubereitet. Auf einem Extrateller fand sich noch ein veritables Extrastück gebratene Fois Gras mit ein bisschen Erbsen und dekoriert mit Nüssen und Schnittlauch. Das nenne ich einen tollen Service!

A la carte Dessert: Schokoladensoufflé „Schwarzwälder Kirsche“, Sauerkirschsorbet auf Kirschkompott, Manjari-Schokoladenganache und Mousseline von Kirschwasser
“Weinbegleitung”: Merlet Soers Cerises Brandy

Das Kirsch-Schokoladen-Dessert aus dem Menü ersetzte ich durch dieses mit dem heissen fluffigen Schokoladenquarksoufflé. Die Kirschkomposition in separater Schale war folgendermassen aufgebaut:

Unten ein dünner Schokoladenbiskuit, darauf Kirschkompott, dann das Kirschsorbet, eine farblose Zuckerhippe und obendrauf ein mit Kirschwasser gefüllter Kirschbonbon, den man vor Genuss vorsichtig zertrümmern sollte. Daneben Kirschgel, 64% Manjari Schokoladen Ganache und zweierlei Schäume mit Kirschwasser aromatisiert. Ich fand sehr gut, dass das perfekte Soufflé separat ohne weiteres ChiChi kam. Alles hat sehr gut geschmeckt.

Interessant dazu war der Kirschbrandy auf Eis serviert. Hierzu kann ich mir auch sehr gut einen nicht zu süssen Recioto vorstellen.

Mangoeiscrème mit indischen Gewürzen auf Baba-Muscovado und salzigem Erdnusskaramell, geeister Espresso mit Kokosinfusion
Weinbegleitung: Heimbourg VT Pinot Gris Zind Humbrecht 2002, Elsass, Frankreich

Das zweite Dessert mit intensiveren Aromen war folgendermassen angerichtet: Unten im Teller harter Salzkaramell, darauf der Muscovado-Baba, auf dem sich die mit indischen Gewürzen aromatisierte und mit Zuckerhippen dekorierte Mangoeiscrème befand. Gefriergetrockneten Kokos-Espresso-Schnee gab es auch noch. Das Ganze wurde mit einem Espressoauszug angegossen. Auch dies war ein sehr gutes Dessert.

Pralinés
Café-Espresso-Törtchen, Canelé und Marzipanpraline

Es standen insgesamt 8 Sorten zur Auswahl. Mehr als die drei passten nicht mehr rein. Der Canelé war sehr dunkel und deshalb nur befriedigend.

Fazit

Nach vier Stunden verliess ich das Restaurant mit dem Gefühl einer sehr guten kulinarischen Erfahrung. Was mir auffiel, waren einige Unterschiede zu anderen Restaurants dieser Kategorie: Brotkrumen wurden auch zwischen den Gängen aufgenommen. Bevor die Gänge serviert wurden, zeigte man sie auf dem Tablett kurz vor. An den 8 Tischen im ausgebuchten Restaurant herrschte eine lockere gelöste fröhliche Stimmung. Der Service der Damen und des einen Herrn war sehr souverän und ich fühlte mich auch als Einzelgast sehr gut aufgehoben, war man doch immer auch zu einem Gespräch bereit.

Küchenchef Torsten Michel machte hinterher seine Runde und auch mit ihm hatte ich ein interessantes Gespräch. Er meinte, sein Kollegen würden ihm manchmal sagen, wenn sie mitbekommen, dass er auch Hauptgerichte Rossini-Style serviere, dass dies doch altbacken sei. Er hat mir meinen Wunsch aber gern erfüllt. Von ihm erfuhr ich auch, dass, so schön das “temporaire auch für die Gäste aussieht, die Situation für das Küchenteam alles andere als ideal sei. Die beengten Verhältnisse, der fehlende Lift für die Warenlogistik machen es leider unmöglich, Mittag- und Abendservice anzubieten. Alles dauert länger und die Zeit reicht einfach nicht für beides.
Mal sehen, ob in 8 Monaten pünktlich wieder eröffnet wird, und ich es schaffe, früher als in 13 Jahren wiederzukommen…